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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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ein. Tam hatte ihn im Terminal gesehen, wo er mit ausgestreckten Beinen und offenem Mund in einem der Sitze geschlafen hatte. Die Augen waren hinter einer getönten John-Lennon-Brille verborgen.
    Er fläzte sich auf einen Sitz und schlief wieder ein. Der Geruch von Patschuli und Marihuana erfüllte den Shuttlebus. Er reiste wahrscheinlich irgendwo nach Asien, um dort gigantische Mengen Gras zu rauchen, in seine Tage im Himalaja hineinzuträumen oder an einem sonnigen Strand auf Phuket zu liegen. Der Glückspilz.
    »Wann fährt dieser Bus ab?« Tam konnte die Anspannung in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
    »In zwei Minuten«, antwortete der Mann.
    Zwei Minuten waren eine gottverdammte Ewigkeit. Der nächste Passagier, der zustieg, war ein großer, korpulenter Kerl mit einem kantigen Kiefer, einem dicken Hals und einem verquollenen, geröteten Gesicht, das Steroide schrie. Ende dreißig. Langes, stufig geschnittenes Haar. Große, weiße Zähne. Breite Schultern. Kein Koffer, nur ein Rucksack. Er ließ sich in den Sitz ihr gegenüber sinken. Seine dicken Oberschenkelmuskeln drohten seine enge Jeans zu sprengen.
    Tam stellten sich die Nackenhärchen auf. Sie hatte keine Pistole, kein Messer. Beides kam nicht in Betracht für jemanden, der eine Flugreise antreten wollte. Sie trug nichts zur Verteidigung bei sich, außer einer mit Topasen besetzten und mit einem Tiefschlafspray bestückten Haarspange, die nur über ein sehr kleines Reservoir verfügte. Ein Sprühstoß vielleicht, maximal zwei, sofern sie Glück hatte.
    Rachel begann, an Tams Mantel zu zupfen und sie mit Fragen zu bombardieren, für deren Beantwortung Tam nicht die nötige Konzentration aufbrachte. Zwei weitere Männer stiegen ein, beide verdächtig jung, fit und kofferlos. Der eine war schlaksig, er trug ein Kapuzensweatshirt und einen Seesack über der Schulter. Der andere war ein Sportlertyp mit einem Bürstenhaarschnitt und einem Fleecepulli. Beide hatten kalte, harte Gesichter. Keiner beachtete sie.
    Das allein war, selbst bei Morgengrauen an einem Flughafen, seltsam genug, um bei Tam sämtliche Alarmglocken schrillen zu lassen. In einem normalen Universum sah jeder heterosexuelle Mann, der Tam bemerkte, sie auch an und konnte den Blick kaum mehr losreißen. Es war keine Eitelkeit, sondern schlicht eine Tatsache des Lebens. Der Umstand, dass drei Männer in Folge dies nicht getan hatten, war ein sehr schlechtes Omen.
    Genau in der Sekunde, in der Tam entschied, dass sie sich lieber der Gnade des Flughafensicherheitspersonals ausliefern wollte als den unheilvollen Möglichkeiten, die diese fremden Männer verhießen, scherte der Bus abrupt auf die Fahrbahn ein.
    Sie sprang auf. »Stopp! Warten Sie! Ich steige hier aus!«
    Der Fahrer beschleunigte und passierte das Ende des Terminals, dann lenkte er den Bus auf die Rampe, die in eine Ausfahrt mündete. Es gab kein Entkommen.
    »Zu spät«, sagte er, seine Stimme leicht triumphal. »Sie können am nächsten Terminal aussteigen, oder Sie fahren einfach die Schleife.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen sank Tam zurück auf ihren Platz und kämpfte gegen die einsetzende Panik an. Sie murmelte etwas Sinnloses, aber Beschwichtigendes als Antwort auf Rachels wissbegieriges Gebrabbel, dann kramte sie in der Wickeltasche nach ihrem Schmuckkasten. Ihre Hände waren kalt und fahrig.
    Was war sie nur für eine Idiotin, dass sie Rachel in diese Situation gebracht hatte. Warum nur hatte sie nicht früher eine Lösung gefunden und den unvermeidbaren harten Kurs eingeschlagen, bevor es hierzu kommen konnte? In ihrer Handtasche befanden sich einige Optionen, doch es widerstrebte ihr, mit Rachel in der Nähe, giftige Substanzen in einem geschlossenen Raum zu versprühen. Sie betastete die Stücke, um sie zu identifizieren, und verwarf eins nach dem anderen als zu riskant. Die Haarnadel, die sie im Moment trug, war ihr bestes Geschütz. Es befand sich nur eine geringe Dosis darin, außerdem war es lediglich ein Schlafmittel und kein Gift oder eine Säure, sollte Rachel versehentlich etwas abbekommen. Tam zog sie aus ihrem Haar und hielt sie zwischen den Fingern.
    Vielleicht wurde sie allmählich wirklich paranoid, überlegte sie. Diese Männer konnten einfach nur Söldner sein, auf dem Weg in den Irak oder nach Afghanistan. Solche Männer verströmten oft diese harte, verdächtige Aura. Sie blieben für sich, reisten mit leichtem Gepäck.
    Ja, genau. Ihr drehte sich der Magen um. Rachel, die Tams Besorgnis spürte, wurde

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