Stunde der Vergeltung (German Edition)
unterdrücken. »Sie alle scheinen mir mehr oder minder intakt zu sein. Daraus schließe ich, dass sie bislang brav waren?«
Tam nickte. »Pantoffelhelden, allesamt«, bestätigte sie mit kühler Befriedigung. »Und jetzt kommt ein Kind nach dem anderen. Ich bezweifle, dass sie momentan überhaupt die Energie hätten, sich danebenzubenehmen. Nicht dass das den Durchschnittsmann davon abhalten würde. Ihr räudigen Hunde schnüffelt doch jedem Rock hinterher.«
Val ließ ihre beißende Verbalattacke auf sein Geschlecht unkommentiert. Er drehte sich mit ihr im Kreis, dann lehnte er sie weit nach hinten. »Das verrät so viel über dich.«
Fast wäre Tam über seinen Fuß gestolpert, als er sie wieder nach oben zog. »Was verrät es? Wovon sprichst du?«
Janos grinste. »Du bist eine verkappte Romantikerin.«
Das entlockte ihr ein überraschtes Lachen. »Ich? Von wegen!«
»Ja, du.« Er beugte sich nah an ihr Ohr heran. »Deine Freunde müssen einander treu bleiben, damit du den lebenden Beweis dafür hast, dass wahre Liebe möglich ist«, raunte er. »Denn darauf hoffst du noch immer, nicht? Auch wenn du in den Tiefen deines Herzens überzeugt bist, dass dem nicht so ist, gibst du die Hoffnung nicht auf, dass du dich irren könntest. Es ist ein weiterer dieser sentimentalen Widersprüche, von denen so wahnsinnig viele in dir stecken, Tamara Steele.«
»Ich bin nicht … « Sie blinzelte ihn an. »Was für ein ausgemachter Blödsinn. Lass uns nicht wieder diese amateurhafte Psychoanalyse betreiben. Und versuch erst gar nicht, mir eine sanftere Seite anzudichten. Ich habe keine.«
»Behaupte, was du willst. Ich ziehe meine eigenen Schlüsse.«
»Tu, was du nicht lassen kannst«, fauchte sie. »Die Wahrheit lässt sich nicht verbiegen. Ich werde jetzt nach Rachel sehen, also nimm verdammt noch mal deine Pranken von mir.«
Sie wand sich aus seinen Armen und stolzierte mit klappernden Absätzen über den auf Hochglanz polierten Parkettboden in die Ecke, wo Sveti mit Rachel spielte. Ihre angespannte, schlanke Gestalt bebte vor Zorn.
Ihr Tisch war momentan verlassen, nachdem alle anderen Paare entweder tanzten oder sich um ihre Kinder kümmerten. Das war die Chance, auf die Val gewartet hatte. Er schlenderte zurück zu seinem Platz, zog sein Handy heraus und gab vor, eine SMS zu schreiben, während er die Vierteltablette des geschmack- und geruchlosen Beruhigungsmittels herauslöste, die er mit Klebeband in seiner Tasche befestigt hatte.
Er ließ sie unbemerkt in Steeles Weinglas fallen, als er die Hand nach seinem eigenen ausstreckte.
Erledigt. Er trank einen langen Zug und war versucht, den Rest der Tablette selbst zu schlucken, um seine unerträgliche Anspannung zu lösen. Aber er konnte es nicht. Der Anblick seiner Mutter auf dem Badezimmerboden hatte sich unauslöschlich in sein Gehirn gebrannt. Drogen konnten für ihn niemals eine Zuflucht sein. Zudem würde er es nicht riskieren, ausgerechnet heute Abend seine Konzentration zu verlieren.
Das Viertel einer Tablette war die kleinste Dosis, die Wirkung zeigen würde und die er Tamara in kompakter Form verabreichen konnte. Ihm war klar gewesen, dass er keine Gelegenheit bekommen würde, ihrem Glas in aller Öffentlichkeit Tropfen beizumischen. Dieses Präparat jedoch war von den Labortechnikern bei PSS genau für Situationen wie diese entwickelt worden. In höheren Dosen war es mit Ecstasy verglichen worden – nur war es subtiler, ohne Kater, Kopfweh oder Nachdurst. Eine Vierteltablette sollte Steele euphorisch, sanft und sexuell empfänglicher machen. Alkohol verstärkte die Wirkung, Essen schwächte sie ab. Aber Tamara aß so wenig. Wenn er sie dazu bringen könnte, noch etwas mehr Wein zu trinken … falls sie nicht merkte, dass sie manipuliert wurde … vielleicht .
Er nahm noch einen Schluck Wein, dann nickte er lächelnd, als Davy und Margot McCloud eng umschlungen vorbeischwebten. Davys Blick verharrte nachdenklich auf ihm, bis seine Frau etwas sagte, das seine Aufmerksamkeit zurück auf sie lenkte. Er lächelte und küsste sie. Der Kuss entzündete ein Feuer, gleich dort auf der Tanzfläche. Als sie die Lippen voneinander lösten, waren die Wangen der rothaarigen Frau rosig, ihre Augenlider schwer.
Reizend, dachte er niedergeschlagen. Wirklich schön für sie. Sex ohne Probleme, ohne Lügen, ohne Betrug. Wie angenehm.
Während seiner Suche nach einer geeigneten Methode, wie er Steele manipulieren könnte, hatte er auch eine Weile nach verwertbaren
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