Stunde der Wahrheit
wollte seine Begleitung sie mit ihrem vollbusigen und kurvenreichen Körper verhöhnen. Als wollte sie Emma zeigen, was
sie
niemals haben würde und was nun James gehörte. Nachdem James mit seiner Rede fertig war und tosender Beifall folgte, verbeugte er sich anerkennend und rief seine Gäste zum Eröffnungstanz auf. Als daraufhin ein Walzer einsetzte und sich die Menge zur Tanzmitte bewegte, stahl sich Emma auf die Dachterrasse davon, um sich eine Auszeit zu gönnen. Es war kühl draußen und ihre Haare wurden von einer Seite zur anderen gepeitscht, dennoch genoss sie die Erfrischung. Sie hatte die Terrasse für sich alleine und lief zur Brüstung hinüber, als sie ihren Körper dagegen lehnte und ein beunruhigendes Quietschen vernahm.
Na, stabil klang das aber nicht, dachte sie kopfschüttelnd und nahm ihr Gewicht von dem Gerüst. Und das auf einem Hochhaus! Emma ließ ihren Blick über das hektische Nachtleben gleiten und betrachtete die bunten Lichter unter sich. Sie hörte, wie die Terrassentür aufgemacht wurde, weil die Musiklautstärke kurz zunahm, dann war es wieder still. Noch einen Blick auf die Lichter werfend, wandte sie sich zum Gehen, als James plötzlich vor ihr stand. Emma prallte erschrocken zurück und sah mit großen Augen zu ihm auf.
»Gott, James!«, keuchte sie und wollte zur Seite ausweichen – einerseits, weil er viel zu dicht stand und andererseits, weil ihr die wackelige Brüstung im Rücken nicht behagte – doch er ließ sie nicht.
»Als ich dich von drinnen gesehen habe, dachte ich schon, du willst dich umbringen«, sagte er und meinte es offenbar todernst. Das entlockte Emma ein freudloses Lachen.
»Glaub mir, das bist du nicht wert.« Er antwortete nicht, sondern starrte sie einfach nur an, was sie nervös machte. Plötzlich wurde sich Emma seiner Nähe bewusst und musste unwillkürlich schaudern. Sie verachtete ihre körperlichen Gefühle für ihn, denn nach allem, was er ihr angetan hatte, verzerrte sich ihr Körper nach diesem Mann. Es war beinahe unerträglich, ihm so nahe zu sein, ohne ihn berühren zu können. Sie seufzte und musste sich plötzlich am Geländer festhalten, um aufrecht zu bleiben.
»Was willst du hier, James? Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?« Ihre Stimme klang erschöpft und so fühlte sie sich auch. Wie oft wollte das Schicksal sie denn noch auf abstruse Weise zusammenführen? Hieß es nicht, man solle sein Schicksal akzeptieren? Ihr kam es aber so vor, als wollte das Schicksal selbst nicht einsehen, dass es für sie keine Zukunft gab. »Ich kann nicht. Glaub mir, ich habe es versucht, aber ich kann nicht. Und dafür hasse ich mich.« Emmas Herz machte einen Satz, ehe seine Worte ganz zu ihr durchgedrungen waren. Doch sie musste ihn missverstanden haben. Er meinte wohl eher, er
wollte
sie nicht in Ruhe lassen. Wahrscheinlich, weil es ihm Spaß machte, sie zu peinigen. Sie sah verärgert zu ihm auf und wollte etwas Bissiges erwidern, als Erics Stimme plötzlich erklang:
»Weißt du, Bruder: Ich frage mich, ob du in Sachen Egoismus eigentlich noch zu übertreffen bist? Ich meine, dass du sie wirklich so bereitwillig in Gefahr bringst, grenzt schon sehr an Hartherzigkeit, findest du nicht?« Emma blinzelte und sah verwirrt an James vorbei. Wann war Eric denn aufgetaucht und wovon zum Teufel sprach er? James schloss kurz die Augen und sah aus, als würde er um Selbstbeherrschung ringen, dann sagte er:
»Verschwinde, Eric.« Ließ seinen Blick aber auf Emma gerichtet. Doch Eric ignorierte ihn und trat stattdessen an James‘ Seite, um Emma zu begrüßen:
»Hallo Schätzchen. Lange nicht gesehen.« James sah seinen Bruder immer noch nicht an, dafür mahlten seine Kiefer angespannt.
»Was meinst du mit
in Gefahr begeben
? Bin
ich
etwa in Gefahr?«, fragte Emma von dunkler Vorahnung gepackt und musste unwillkürlich an Liam denken. Denn dieser hatte ihr vor nicht allzu langer Zeit Konsequenzen angedroht, sollte sie sich weiterhin auf James einlassen. Anfangs hatte sie geglaubt, dass auch James bedroht worden wäre und er sie nur hat schützen wollen. Doch nachdem er ihr reinen Wein einschenkte, hatte sie der Wahrheit ins Augen sehen müssen. Nun kam Emma der leise Verdacht, dass James sie vorsätzlich aufgesucht haben könnte, um Liam einen Vorwand zu liefern. Würde er so etwas tun? Damals schien es ihn jedenfalls nicht sonderlich zu interessieren, dass Liam sie bedroht. Warum sollte das nun anders sein? Eric schenkte ihr ein verwegenes
Weitere Kostenlose Bücher