Stunde der Wahrheit
Einzelzimmer betraten, lag James angelehnt an einem Kissen im Bett und lächelte ihnen zu. Es war kraftlos und sein Gesicht noch etwas blass, dennoch schien es ihm wieder einigermaßen gut zu gehen. Er war an eine Blutkonserve angeschlossen und hatte einen Gummiball in der Hand, den er zwischenzeitlich drückte, damit das Blut gut zirkulierte.
»Dornröschen ist endlich aufgewacht«, begrüßte Eric seinen Bruder. Emma war zuerst im Zimmer, wusste aber nicht, wie sie James begegnen sollte, also ließ sie Eric an sich vorbei. Dieser trat ans Krankenbett und klopfte seinem Bruder fest auf die Schulter.
»Ist dein Leben neuerdings so langweilig, dass du Schlägereien anzettelst und dich abstechen lässt?«, fragte er und setzte sich ungebeten auf die Bettkante. James ignorierte ihn und sah zu Emma. Sie kam unschlüssig näher und fragte:
»Wie geht es dir?«
»Gut … dank dir.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Du hast mich vor diesen Typen gerettet, ich schätze also, wir sind quitt.« An Eric gewandt, sagte sie:
»Vielleicht kannst du mir jetzt verraten, was du auf der Party verloren hast und warum du James beinahe umgebracht hast?« Eric maß sie mit einem gespielt empörten Blick.
»Ich?
Er
hat mich gegen das Geländer gedrückt, schon vergessen?«
»Eric! Ich meine es ernst. Was ist hier los?«, fragte Emma und verschränkte ungeduldig die Arme vor der Brust. Allmählich war es Zeit für die Wahrheit – und zwar die
ganze
Wahrheit! »Eigentlich hatte ich James nur warnen wollen«, erklärte er mit einem Blick auf seinen Bruder.
»Warnen wovor?«
»Ich habe aufgeschnappt, dass Liam plant, seine Forderung einzuziehen und da wollte ich mein Bruderherz warnen«, antwortete er. Als er keine Anstalten machte, fortzufahren, fragte Emma:
»Und darf ich vielleicht auch erfahren, um was für eine Forderung es sich handelt?«
»Nein«, antwortete Eric knapp, woraufhin sie ihm einen wütenden Blick zuwarf. Hilfesuchend sah sie zu James, doch auch der machte nicht den Eindruck, als habe er vor, sie einzuweihen. Emma musste sich sehr zusammennehmen, um ruhig zu bleiben. Sie wollte nicht herumschreien,
während sich James noch in der Erholungsphase befand.
»Da ich ja wohl irgendwie in die Sache verwickelt bin, habe ich auch das Recht, zu erfahren …«
»Alles, was du wissen musst, ist, dass du in Gefahr bist«, unterbrach Eric sie. »Und dass James und ich versuchen, die Sache ein für alle Mal zu klären.« Er sah zu seinem Bruder und stupste ihn augenzwinkernd an.
»Jetzt hast du ja einen Anreiz, nicht wahr?« James Gesichtszüge wurden hart, so dass sich Emma fragte, was er wohl damit meinte. Doch sie machte sich erst gar nicht die Mühe, danach zu fragen. Man würde ihr sowieso nicht antworten. Schließlich fuhr Eric mit seiner Erklärung fort:
»Ich wollte dich also warnen, als ich plötzlich einem von Liams Männern über den Weg lief.«
»Moment mal. Vorhin hast du gesagt, du wüsstest nicht, ob Liams Männer unter den Gästen wären. Was stimmt nun?«, unterbrach Emma ihn.
»Eine kleine Notlüge, um dich nicht weiter zu beunruhigen. Du warst so schon ganz aus dem Häuschen«, antwortete Eric mit einem neckischen Grinsen.
»Warum beunruhigen? Was hab ich denn mit Liams Männern zu tun?«, fragte Emma verständnislos.
»Gar nichts«, antwortete Eric sofort, warf seinem Bruder aber einen eindringlichen Blick zu. Da dämmerte es Emma.
»Oh mein Gott«, sagte sie. Eric hatte gesagt, dass Liam plante, etwas von James einzufordern und als er James‘ Männer auf der Party gesehen hatte, hatte er sie entführt, um sie von dort fortzuschaffen. Das bedeutete, was auch immer Liam von James wollte, er wollte
sie
als Druckmittel benutzen. Das hieß aber auch … Sie warf James einen ungläubigen Blick zu und als hätte er ihre Gedanken gelesen, wanderten seine Augen zu ihr.
Ja
, schien sein Blick zu sagen.
Ich wollte dich nur beschützen
.
»Als ich Liams Spitzel also begegnete, musste ich meinen Plan ändern«, fuhr Eric fort. Doch Emma hatte Mühe, seinen Worten zu folgen, denn die Erkenntnis, dass James sie von Anfang an hatte beschützen wollen, traf sie hart. Sie versuchte ihre Gedanken und Gefühle allerdings zu verdrängen und sich auf Erics Worte zu konzentrieren. Später konnte sie sich noch genügend Gedanken machen.
»Liam denkt, dass ich dich hasse«, sagte Eric an James gewandt.
»Also erwartet er dir gegenüber eine feindliche Haltung. Sein Spitzel wäre daher mehr als misstrauisch
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