Stupid Crazy Love Story
Jake zu, als ich nach Hause komme. Jake sitzt auf dem kastanienbraunen Sessel neben dem Sofa, eine Schüssel mit Karotten auf dem SchoÃ, und wartet auf mich. Ich hänge meinen Rucksack an die Garderobe und steige über einen riesigen Haufen Wäsche vor der Treppe. Keine Ahnung, ob die gewaschen ist oder dreckig.
Jake lächelt mich an, als hätten wir uns seit zehn Jahren nicht gesehen. Irgendwie ist es schon nett, jeden Tag so enthusiastisch begrüÃt zu werden. Auch wenn Jakes Gehirn durch das Asperger-Syndrom irgendwie anders funktioniert, ist es schön, von jemandem so gemocht zu werden. Es gibt nicht gerade besonders viele Menschen, von denen ich das behaupten könnte.
»Hurrikan Dimitri«, ruft er triumphierend. »In Galvaston in Texas sind sieben Menschen gestorben und innerhalb von zwei Tagen fielen dreiÃig Zentimeter Niederschlag.« Jakes Augen leuchten vor Aufregung.
»Okay ⦠Dezember 1956.«
»Hurrikan Meredith. Jamaika hatte sechs Tage lang keinen Strom. Windgeschwindigkeiten von bis zu 235 Kilometern pro Stunde.« Jake springt auf und die Möhrchen fallen auf den Boden. Mit dreizehn ist Jake schon genauso groà wie ich, und er steht immer unter Strom. Nach diesem unglaublich miesen Schultag geht er mir damit gehörig auf die Nerven, aber ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen.
»Jakie, heb die Möhren wieder auf«, sage ich.
Jake guckt mich mürrisch an. »Nein.«
Ich schlage einen sanfteren Ton an. »Bitte heb die Möhren auf. Und dann spielen wir weiter.« Ich schlinge die Arme um ihn. »Hattest du einen schönen Tag?«
»Ja. Wir haben heute über Plastikmüll in den Ozeanen gesprochen«, antwortet Jake, begierig, mir mehr zu erzählen. Ich lächle. Egal, wie ätzend mein Tag war, Jake bringt mich immer zum Lächeln. Seine Leidenschaft für Details aller Art ist ansteckend. Bis sie nervt.
»Hattest du auch einen schönen Tag, Kylie?«, fragt Jake. Er lernt in der Schule auch Umgangsformen und wie man sich in andere hineinversetzt â etwas, was ihm nicht gerade zufliegt. Aber so langsam scheint der Unterricht Wirkung zu zeigen. Sonst ist Jake meistens so mit seiner eigenen Welt beschäftigt, dass er vergisst zu fragen, wie es mir geht. Nicht dass mir das etwas ausmachen würde. Es ist ganz erholsam, mal einige Zeit in einer anderen Realität zu verbringen.
»Mein Tag war groÃartig«, lüge ich. Die Wahrheit würde ihn bloà verwirren und deprimieren, genau wie mich. Jake hat nur ein begrenztes Verständnis von komplizierten sozialen Beziehungen, wovon mein Leben leider randvoll ist.
»Meiner auch.« Jake lächelt und freut sich. »Ich mag es, wenn wir beide einen schönen Tag hatten.«
Ich zeige auf die Möhren auf dem Boden. »Was ist mit den Möhrchen?«
Jake geht widerwillig auf alle viere und sammelt ein paar Karotten auf. Zum Spaà schnipst er eine unters Sofa und dann beobachtet er mich, um zu sehen, wie ich reagiere. Aber ich tue so, als hätte ich nichts bemerkt. Ich bin einfach viel zu fertig.
Jake steht auf und sieht mich erwartungsvoll an.
»Okay, der Nächste geht andersrum. Hurrikan Dana«, sage ich.
»Ah. Das weià ich!« Vor Aufregung fängt Jake an zu zittern.
Jake ist schlau. Erschreckend schlau. Die Leute halten ihn für dumm, weil er eine Behinderung hat, aber da täuschen sie sich. Wenn überhaupt ist er durch sein Superhirn behindert. Die Möhren liegen schon wieder auf dem Boden.
Da kommt Mom die Treppe heruntergelaufen, ihr Schwesternkittel steht offen, die viel zu vollgestopfte Handtasche baumelt an ihrem Arm. »Kannst du heute das Abendessen machen?«
Sie kniet sich hin und fängt an, die Möhren aufzusammeln.
»Mom, bitte lass das. Jake kann das allein. Nicht wahr, Jake?«
Jake sagt nichts.
Mom sammelt weiter die Karotten auf, während sie sich mit nur einer Hand den Kittel zuknöpft. »Ach Kylie. Es sind doch nur ein paar Möhrchen. Sei nicht so streng mit ihm.«
Jake sieht mich an und wir denken wahrscheinlich gerade das Gleiche: Er ist mal wieder davongekommen, wie immer.
»Hier, SüÃe.« Mom reicht mir einen Zettel mit einem komplizierten Schaubild darauf. »Er muss davon drei Ãbungen mit je fünfzehn Wiederholungen machen, okay? Und auÃerdem diese Hüpfübung mit ausgestreckten Armen, die uns die Ãrztin neulich gezeigt hat. Um
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