Sturm der Barbaren
intensiver, sogar so früh am Tag, vielleicht weil es keine Bäume in Syadtar gibt. Zumindest kann Lorn keine entdecken.
»Vielleicht werden sie das, verehrter Ser, aber von den Feldern im Norden von Fyrad gelangen so gut wie keine Kaffeebohnenladungen mehr hierher und aus Geliendra kommt nur noch die Hälfte im Vergleich zum letzten Jahr.«
»Unterschätzt die Magi’i nicht, Händler«, warnt der Bezirkswachkommandant. »Die meisten, die das taten, sind inzwischen Asche.«
»Äh … ja, Euer Ehren.« Der Schnurrbart des Händlers bewegt sich heftig auf und ab, während er schluckt.
»Pah … als Bezirkswache steht mir nicht so viel Ehre zu. Den Lanzenkämpfern gebührt die Ehre.« Die Augen des älteren Mannes funkeln, als er Lorn zuzwinkert.
Lorn verkneift sich ein Lächeln und sagt: »Aber ohne die Wachen wären die Lanzenkämpfer viel dünner gesät.«
Der Händler sieht etwas verwirrt von einem Soldaten zum anderen und dann wieder zum Fenster hinaus. »Wir sind da, meine Herren.«
»Gut.« Der Kommandant zwinkert Lorn noch einmal zu.
Der Feuerwagen hält unter einem großen Säulengang aus Sonnenstein.
Dann öffnen die grün uniformierten Fahrer die Tür des vorderen Abteils. »Syadtar, Offiziere, meine Herren.«
Lorn blickt den Bezirkskommandanten an.
»Nach Euch, Unteroffizier. Ein alter Kommandant braucht seine Zeit. Ihr habt einen längeren Weg vor Euch als ich.«
»Danke, Ser.« Lorn greift unter den Sitz und zieht sein Gepäck hervor; damit tritt er hinaus ins Sonnenlicht, denn es ist noch viel zu früh, um sich unter dem Ziegeldach vor der Sonne schützen zu müssen. Lorn zieht die weiße Garnisonskappe aus dem Gürtel und setzt sie auf, dann geht er zu einem der Fahrer des Feuerwagens, der neben der offenen Glaskabine steht. »Könnt Ihr mir sagen, wie ich zum Hauptquartier der Lanzenkämpfer gelange?«
»Geht einen Block weiter nach Osten, dort kommt Ihr zur Hauptplatzallee, dann haltet auf die Hügel zu. Das Hauptquartier liegt etwa eine Meile weiter nördlich.«
»Danke.«
Mit dem Gepäck in der linken Hand macht sich Lorn auf den Weg Richtung Osten. Unter der Garnisonskappe bildet sich langsam der Schweiß.
»Armer Hund …«
Lorn zuckt zusammen bei dem Mitleid, das in der Stimme des Fahrers mitschwingt. Er hat bisher geglaubt, er wüsste, was auf ihn zukäme, aber mehr als nur eine Hand voll Menschen scheint zu denken, dass sein Auftrag einem Todesurteil gleichkommt.
Zwei Jungen in verblichenen blauen Untertuniken streunen auf der Straße herum. Als sie Lorn erblicken, nehmen sie über eine Seitengasse Reißaus. Ein alter Mann mit einer braunen Tunika, die so ausgebleicht ist, dass sie schon fast hellbraun ist, stützt sich auf einen Gehstock und schlurft langsam auf der anderen Seite der weiß gepflasterten Straße entlang, seine Augen sind ausschließlich auf die Pflastersteine gerichtet. Das Knarren von Wagenrädern hallt irgendwo aus einer Seitengasse, aber Lorn kann weder Wagen noch Pferd oder Esel sehen.
Einen Häuserblock weiter befindet sich, wie der Fahrer gesagt hat, ein kleiner Platz. In der Mitte steht eine Statue, die anscheinend Keif’elth’alt darstellen soll, den ersten Kaiser des Lichts. Lorn bezweifelt, dass der echte Kaiser einen solch hünenhaften Körperbau besaß. Auf der südlichen Seite des Platzes befindet sich eine Schenke, die Seitenveranda wird von einem grünweißen Sonnendach geschützt. Der Duft von gegrilltem Geflügel drängt sich in Lorns Nase und er bleibt stehen, dann schüttelt er den Kopf und geht auf der schattigen Ostseite der Straße weiter nach Norden. Er kommt an einem Kupferschmied vorbei, dann an einem Küfer, aber die Türen zu beiden Werkstätten sind geschlossen. Der Eingang zum Krämer einen Block weiter steht jedoch offen. Lorn hält inne und beschließt hineinzugehen. Seine Augen müssen sich erst an die Dunkelheit gewöhnen, aber dann hält er zielstrebig auf den Ladentisch zu und versucht dabei, mit Tasche und Säbel nicht gegen den Tisch zu stoßen, auf dem verschiedene Lederwaren ausgestellt sind. Er bleibt vor dem Ladentisch stehen, um den feilgebotenen Reiseproviant zu betrachten; es gibt so viele verschiedene Sachen und alles ist in Wachs verpackt.
»Das wird wahrscheinlich nicht ganz das Richtige für Euch sein, Ser«, ruft eine fröhliche Stimme. Eine Frau steht hinter einem weiteren Ladentisch auf der linken Seite des Raumes. Sie zeigt auf das Tablett vor sich. »Frische Honigtaschen … na ja … nicht ganz so
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