Sturm der Barbaren

nicht um die Antwort eines Schülers gebeten, Unteroffizier.«
    »Von Lanzenkämpfern und Magi’i wird unbedingter Gehorsam gefordert, Ser. Jeder Lanzenkämpfer, der Magier werden will, und jeder Magierschüler, der Lanzenkämpfer werden will, kommt von außen und muss seine Fähigkeiten und unbedingten Gehorsam beweisen.«
    »Ihr stellt meine Geduld auf die Probe.«
    Lorn unterdrückt ein Seufzen. »Ser, es klingt nicht sonderlich gut, was mir bevorsteht. Kann es auch gar nicht, Ihr wisst das und ich weiß es auch. Ser … was wollt Ihr von mir?«
    Brevyl setzt ein schiefes Lächeln auf. »Genau das. Die Gründe sind nicht wichtig. Die Politik spielt keine Rolle. Euer Elternhaus und Eure bisherige Erziehung sind unerheblich. Ihr müsst nur wissen, dass Ihr höchst schwierige, ja kaum noch zu bewältigende Aufträge bekommen werdet. Eure Fähigkeiten wird der Dienst allerdings nicht übersteigen, denn das würde nur Lanzenkämpfer verschwenden und andere Offiziere gefährden. Seid Ihr dem gewachsen, Unteroffizier?«
    »Ich weiß nicht, Ser. Ich glaube schon, aber es zählt ohnehin nur das, was ich tue.«
    »Ihr seid ehrlich, Unteroffizier Lorn. Hoffen wir nur, dass Ihr wirklich so gut seid, wie Ihr selbst glaubt zu sein. Ihr werdet in den ersten vier Wochen mit Zandrey Patrouille reiten. Er ist Euer direkter Vorgesetzter, das bedeutet, dass Ihr genau das tun werdet, was er sagt – es sei denn, die Barbaren töten ihn. Ihr solltet jedoch darauf achten, dass das nicht passiert, denn Ihr wisst nichts über dieses Volk und seine Gewohnheiten.«
    »Ja, Ser.«
    »Hört ihm gut zu und stellt Fragen, aber leise und nur wenn keine rangniedrigeren Lanzenkämpfer in der Nähe sind. Ihr werdet Zandreys Befehle ausführen und lernen, was Ihr nur könnt. Alles werdet Ihr in der kurzen Zeit ohnehin nicht aufnehmen können, aber es sollte ausreichen, wenn Ihr hart arbeitet und schnell lernt. Verstanden?«
    »Ja, Ser.«
    »Nein, das habt Ihr nicht.« Brevyl schüttelt den Kopf. »Alle Unteroffiziere glauben, sie hätten verstanden. Bittet Kielt darum, Euch die Offiziersräume in der Kaserne zu zeigen, und dann geht und sucht Zandrey. Er ist heute nicht auf Patrouille. Ihr werdet ihn irgendwo auf dem Gelände finden.«
    »Ja, Ser.«
    »Die Formalitäten gehören dazu, Unteroffizier. Aber Fähigkeiten und Glück zählen mehr.«
    Lorn wartet, er verzichtet auf eine weitere Höflichkeitsfloskel.
    »Zumindest hört Ihr zu.« Brevyl schnaubt. »Geht und richtet Euch ein. Zandreys nächste Patrouille beginnt übermorgen.«
    »Ja, Ser. Wenn Ihr erlaubt, Ser.«
    Brevyl nickt abweisend, worauf sich Lorn kurz und zackig verbeugt und beim Hinausgehen die Tür hinter sich schließt.
    Draußen wartet Kielt bereits auf ihn.
    »Der Sub-Major meint, du könntest mir die Offiziersräume der Kaserne zeigen.«
    »Sehr wohl, Ser.« Kielt klingelt mit der Handglocke, die auf dem Tisch steht, und dreht sich um, als ein weiterer Lanzenkämpfer erscheint. »Kannst du übernehmen, Rueggr?«
    Rueggr nickt.
    Lorn folgt Kielt aus dem gemauerten Turm hinaus. Jetzt, da die Sonne hinter dem Hügel verschwunden ist, fegt ein kalter Nordwind durch den Hof und Lorn ist froh über seine Winterjacke.

 
XXIII
     
    D as Arbeitszimmer der Offiziere verfügt über einige Tische, die auch als Schreibtische dienen, sowie über zehn alte, einfache Eichenstühle. Der glatte Steinboden ist größtenteils mit alten grünen Wollteppichen ausgelegt, die die Kälte des Steins und das Geräusch der schweren Stiefel dämmen sollen. Die großen Südfenster sind hoch über dem Fußboden angebracht und auf einem langen Tisch an der Nordwand befinden sich acht große Stahlkassetten, jede mit einem Cupridiumschloss versehen. Auf jeder Kassette prangt eine Bronzeplatte mit dem Namen der jeweiligen Kompanie darauf. Lorns Kompanie ist die Fünfte und den Bronzeschlüssel für das Schloss bewahrt er in seinem grünen Offiziersgürtel auf.
    Er sitzt Hauptmann Zandrey am Tisch gegenüber. Zandrey ist schwarzhaarig, braunäugig und stämmig. Wie die meisten Lanzenkämpferoffiziere hat er sein Gesicht glatt rasiert, aber im Nachmittagslicht zeigen sich bereits die ersten dunklen Bartstoppeln. »Sub-Major Brevyl hat angeordnet, dass Nytral Euer Kompanietruppenführer wird. Jede Einheit besteht aus zwanzig Mann und wird von einem Truppenführer angeführt.«
    Lorn nickt und fragt sich, ob wohl eine Beförderung notwendig gewesen war, um Nytral dazu zu bewegen, unter Lorn zu dienen. Er hätte