Sturm der Barbaren
einem Ohr Nytral zu, während sie eine weitere Patrouille reiten, und studiert die Straße und das Westende des Tals, das sie im Begriff sind zu verlassen. Die Straße macht eine Biegung nach Norden und steuert den niedrigsten Punkt zwischen zwei Hügeln an. Rechts neben Lorn verläuft ein Schafspfad, der nach Osten abbiegt und in zwei Serpentinen den Hügel hinaufführt, wahrscheinlich in das nächste Tal und weiter durch die endlosen Hügel und die damit verbundenen Täler. Der kalte Wind bringt es nur auf eine leichte Brise, aber trotzdem bekommt Lorn kalte Ohren davon, und das, obwohl er die Wintermütze mit den Ohrenklappen trägt.
»… man kann es nie wissen, Ser … sie können jetzt angreifen … oder auch erst im nächsten Achttag«, erklärt Nytral, der neben Lorn durch den kalten, grauen und sonnenlosen Nachmittag reitet. Mit dem letzten Wort zuckt er die Achseln.
Lorn nickt lediglich als Antwort auf diese Ausführungen, die er mehr als einmal in den letzten drei Achttagen gehört hat, dann blickt er nach Norden, denn von dort dringt das Geräusch von Hufschlag auf der gefrorenen Lehmstraße zu ihnen. Ein Lanzenkämpfer aus der Dritten Kompanie galoppiert auf Lorn und Nytral zu, Dampf steigt aus den Nüstern des Pferdes.
»Man kann nie wissen, Ser, aber das sieht nach einem Angriff aus, den die Späher ausgemacht haben.«
Lorn will seinem Haupttruppenführer nicht vorgreifen und reitet einfach weiter, bis der Lanzenkämpfer angekommen ist.
»Ser … Barbaren … dort hinter dem Hügel, sie zerstören gerade das Haus eines Viehhirten. Auf Hauptmann Zandreys Befehl soll Eure Kompanie den Pfad dort entlang reiten, dann den Kamm hinauf und von dort oben angreifen. Ihr sollt sie mit großem Gebrüll über die Straße jagen; dort wird Zandrey sie dann erwarten.«
»Sag Hauptmann Zandrey, dass wir seinen Befehl befolgen werden.«
»Ja, Ser.« Der Lanzenkämpfer neigt den Kopf und macht kehrt.
Lorn wirft einen Blick zu Nytral, der seinen Mund zu einem Lächeln verzieht.
»Fünfte Kompanie! Wir nehmen diesen Pfad hier – in Zweierreihen aufstellen!«, befiehlt Lorn.
»Ja, Ser!«, antwortet Dubrez, der Truppenführer, der gleich hinter Lorn reitet.
»Ich gebe Shofirg Bescheid, Ser«, meint Nytral nur knapp.
Lorn rückt und schlägt den Weg über das braune Gras zu dem Pfad ein, der etwa eine halbe Meile nördlich der Straße beginnt. Das gefrorene braune Gras knistert unter den Hufen der Stute und durch den kalten Wind kommen Lorn auch ein paar Beschwerden zu Ohren.
»… sie nehmen die Straße … und wir können wieder mal über einen Ziegenpfad klettern …«
»… zumindest reitet ein Unteroffizier vor uns …«
»… wo er hingehört …«
Der Pfad ist steiler und schmäler, als man von unten vermutet, sodass die Lanzenkämpfer einzeln hintereinander reiten müssen. Das Geräusch der Hufe auf gefrorenem Lehm vermischt sich mit dem leisen Gemurmel der Soldaten, es ist so undeutlich, dass Lorn nichts mehr heraushören kann, außer einer allgemeinen Unzufriedenheit. Der Unteroffizier wirft einen Blick zurück, aber die Dritte Kompanie ist schon auf dem Pass zwischen den zwei Hügeln verschwunden.
Der Wind frischt in der Nähe der Hügelspitze auf, und als Lorn schließlich den Gipfel erreicht und gerade hinunter ins nächste Tal spähen will, nimmt ihm der kalte Windstoß beinahe den Atem. Unter ihm schlängelt sich der Tierpfad über mehrere Serpentinen hinunter in das kleine längliche Tal, das an der breitesten Stelle nicht mehr als zwei Meilen misst und weniger als vier Meilen in der Länge von Ost nach West. Eine Gruppe von wenigen Häusern neben einem ovalen Weiher scheint die einzige Besiedlung zu sein. Außerdem stehen etwa ein Dutzend Reiter vor dem größten Gebäude, während andere um einen langen, schmalen Schweinestall laufen.
Lorn lässt seine Stute in eine schnellere Gangart fallen, so schnell wie er es wagen kann auf dem steilen, harten Pfad. Sein Blick wandert vom Pfad zum Anwesen und dann zu den hinter ihm folgenden Lanzenreitern.
Nytral und Lorn haben die zweite Serpentine auf dem Weg nach unten erreicht, als sie Schreie hören, die der Wind ihnen zuträgt. Lorn blickt nach Westen, dorthin, wo die Straße ins Tal mündet, aber der Unteroffizier kann Zandreys Kompanie nicht entdecken. Er fragt sich, wo die Dritte wohl sein mag, denn über die Straße gelangt man zweifelsohne rascher ins Tal als über das gefrorene Gras des steilen Hügels.
Einer der Barbaren fuchtelt wild
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