Sturm der Barbaren
dem Gesicht des kleinen Mädchens. Schließlich fällt der kopflose barbarische Leichnam zur Seite.
Das plötzlich befreite Mädchen taumelt auf den reglosen Körper zu, der mit dem Rücken an der Lehmziegelwand des Hauses lehnt.
»… Hauptmann … hat es wieder getan …«
»… schschhhhh …«
Lorns Augen wandern über den Hof innerhalb der Erdwälle. Eine dunkelhaarige, etwas beleibte junge Frau – über die sich das kleine Mädchen nun schluchzend beugt – ist brutal gegen den Keramikwandschirm vor der Vordertür geworfen worden. Sie lässt den Kopf tief hängen, was darauf schließen lässt, dass ihr Genick gebrochen ist. Das kleine Mädchen, kaum zehn Jahre alt, weint laut und klammert sich an die tote Frau, die vielleicht ihre ältere Schwester ist.
Außer den Lanzenkämpfern der Fünften Kompanie bewegt sich nichts.
Weint da nicht jemand im Haus?
»Dubrez … jemand soll auf das kleine Mädchen aufpassen … und seht euch die anderen an. Keine Dummheiten mit ihr! Und auch nicht mit den anderen. Mit niemandem!« Lorns Stimme durchschneidet die Stille wie ein Säbel und er zeigt auf die vier erstbesten Lanzenkämpfer. »Ihr vier! Ihr kommt mit mir!«
Er lenkt sein Pferd hinaus aus dem Hof und nach Westen, um den Barbaren zu folgen, die die Straße mittlerweile verlassen haben und zu den nächsten Hügeln reiten.
Etwa zweihundert Ellen hinter dem Erdwall wirft Lorn einen Blick auf die Lanzenreiter hinter ihm. Der erste Reiter, der auch der jüngste ist, wirkt etwas blass um die Nase.
Lorn lächelt und wendet sich wieder der schwachen Chaos-Spur zu, die er durch das hohe, braune Gras verfolgt. Der Schweiß rinnt ihm unter der leichten Sommerkappe hervor und Lorn wischt ihn weg, während er weiterreitet.
Die Lanzenreiter legen eine Meile durch das bräunliche Spätsommergras zurück, dann noch eine Meile. Als sie einen flachen Hang erreichen, der zu einem von jungen Weiden verdeckten, kleinen Bach führt, spürt Lorn, dass die Barbaren nicht mehr weit entfernt sind, und zügelt die Stute.
Ungefähr zehn Barbaren haben ihre Pferde getränkt und beobachten Lorn und die vier Lanzenreiter, die auf sie zukommen.
»Fertig machen zum Kampf«, befiehlt Lorn ganz ruhig. Er weiß, dass die Feuerlanzen seiner vier Begleiter ohne Chaos sind. Seine Finger berühren die eigene Lanze, aber er nimmt sie nicht aus der Halterung.
»Du wirst sterben, Weißer Dämon«, verkündet der breitschultrige Riese, der in der Mitte der zehnköpfigen Gruppe steht. Der Mann ist zweifellos zwei Köpfe größer als Lorn und mindestens vier Stein schwerer, außerdem scheint kein einziges Gramm Fett seinen Körper zu belasten.
»Warum tötet ihr die Siedler? Sie tun euch nichts.« Lorn spricht mit ruhiger Stimme und lenkt die Stute langsam zu den Barbaren.
»Dieses Land gehörte schon den Großvätern unserer Großväter. Und es wird wieder unseres werden.« Der Barbar spricht eine kehlige Sprache, die nur entfernt an Cyadorisch oder Anglorat erinnert, aus denen sie sich entwickelt hat.
»Warum habt ihr das Mädchen umgebracht?«, fragt der Hauptmann.
»Frauen haben den Männern zu dienen. Sie wollte uns nicht dienen. Außerdem war sie Jungfrau.« Der Mann lacht spöttisch.
Lorn hebt langsam die Lichtlanze, ohne scheinbar auf jemanden im Besonderen zu zielen, dann konzentriert er sich und schwenkt sie zur Seite. Die dünne Chaos-Linie schneidet sechs Barbaren mitsamt ihrer Pferde in der Mitte durch, einen nach dem anderen. Selbst als sein Oberkörper ins hohe Gras stürzt, umklammert der Hüne noch immer seine lange Klinge.
»… verflucht …«, haucht ein Lanzenkämpfer hinter Lorn.
Die vier übrigen Barbaren können nur noch mit großen Augen zusehen, wie Pferde wiehern und Reiter fallen. Ohne innezuhalten, richtet Lorn die Lanze auf die zwei nächsten Feinde.
Mit zwei geradezu zarten Chaos-Blitzen stürzen zwei weitere Barbaren zu Tode.
Lorn steckt die Feuerlanze zurück in den Köcher und wendet sich an die letzten beiden Überlebenden. »Geht!«, schleudert er ihnen entgegen, während ihn Schwindel und Kopfschmerz überfallen, die seinen Schädel zu spalten drohen. »Berichtet eurem Volk, was mit denen geschieht, die unschuldige Mädchen und Frauen töten.«
Die zwei Barbaren starren auf den schlanken Hauptmann und die vier Lanzenkämpfer in seiner Begleitung.
»Sagt es ihnen!« Lorn zwingt sich zu einem kalten Lachen. »Ihr mutigen Krieger.«
»Niemals!« Der Jüngere der beiden Krieger erhebt seine Klinge aus
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