Sturm der Herzen
reich genug; er brauchte weder Lord Mannings Land, noch sein Vermögen. Und während Garrett gegen einen Titel wohl nichts einzuwenden hätte, so war es ihm, wie Marcus den Mann inzwischen kannte, vermutlich doch im Grunde egal.
Er trank von seinem Brandy. Es gab keine große Entscheidung zu fällen, erkannte er. Er hatte sich bereits entschieden, als er alle Spuren von Isabels Jungfernschaft beseitigt hatte. Er lächelte ironisch. Außerdem würde er sich nicht beschweren, dass seine Frau eine Jungfrau gewesen war.
Ihr Blick war schmerzlich intensiv auf sein Gesicht gerichtet, als sie wissen wollte: »Was wirst du tun?«
Er lächelte milde. »Nichts. Absolut nichts. Was die Welt angeht - und mich auch -, so ist Edmund dein Sohn.«
Isabel brach in Tränen aus. »Oh, Marcus! Danke. Du ahnst nicht, wie sehr ich fürchtete …« Ihre Stimme versagte von Tränen erstickt, sie konnte ihn nur anstarren, erleichtert, befreit von der entsetzlichen Angst, entdeckt zu werden, mit der sie all die Jahre gelebt hatte. Das alles war mit einem Mal einfach zu viel.
Marcus verkniff sich einen Fluch und stellte sein Glas ab, er riss sie in seine Arme. »Pst, ruhig«, murmelte er dicht an ihrem Ohr. »Sch, es ist ja alles gut.« Er schüttelte sie ganz leicht. »Kleines Gänschen. Wie konntest du nur glauben, dass ich je etwas tun könnte, was dir oder Edmund schaden würde?« Er fing eine Träne mit dem Zeigefinger auf. »Ich liebe ihn auch. Ich möchte nicht, dass er unter dem Stigma leiden muss, Hughs Bastard zu sein, oder zusehen zu müssen, wie die Freude in den Augen Lord Mannings erlischt.«
Isabel schluckte ihre Schluchzer herunter, barg ihr Gesicht an seiner Brust. Mit erstickter Stimme erklärte sie: »Ich vertraue dir ja, das weißt du. Es ist nur, dass es jetzt schon so lange mein Geheimnis ist, dass ich einfach nicht wusste, was ich tun soll. Alle anderen waren tot, es gab niemanden, mit dem ich darüber reden konnte.« Mit tränenfeuchten Augen schaute sie ihn an: »Ich hatte es doch Hugh und Roseanne versprochen«, erklärte sie mit belegter Stimme. »An dem Tag, als Roseanne gestorben ist, haben wir uns alle geschworen, dass niemand sonst die Wahrheit erfahren sollte. Und Hugh und ich haben uns fest versprochen, dass Edmund für alle Welt als unser gemeinsames Kind gelten soll.«
Marcus küsste sie auf die Stirn und setzte sich mit ihr auf seinem Schoß auf einen der Sessel vor dem Feuer, leise fragte er: »Roseanne ist also im Kindbett gestorben?«
Er spürte wie sie nickte. »Es war eine sehr, sehr schwere Geburt.« Sie zitterte, und seine Arme schlossen sich fester um sie. »Da war so viel Blut, und sie hatte solche Schmerzen, solche Angst. Wir hatten einen Arzt geholt, Mr Evans, aber er konnte nichts für sie tun. Die Wehen haben so lange gedauert, waren so schmerzhaft, dass sie völlig erschöpft war, als Edmund schließlich geboren war. Wir haben ihn ihr in die Arme gelegt, und sie hat ihn geküsst, mich angefleht, dass ich nie die Wahrheit enthüllen dürfte, und dann ist sie uns einfach unter den Händen gestorben.«
»Wie ist es dir gelungen zu verbergen, was vor sich ging? Sicher hast du doch Hughs Freunde und Kollegen kennen gelernt, zum Beispiel auch unseren Freund Major Whitley.«
Isabel schüttelte den Kopf. »Nein, nicht vor Edmunds Geburt. Sobald wir uns alle einig waren, dass Edmund mein Sohn sein sollte, hat Hugh uns innerhalb weniger Tage nach unserer Ankunft in Bombay ins Hochland gebracht, wo wir ungestörter waren und uns nicht wegen der Briten in der Stadt sorgen mussten. Während dieser ersten Monate hat Hugh keine Besucher erlaubt unter dem Vorwand, ich sei kränklich und könne niemanden empfangen, dass ich aber, sobald das Kind geboren sei, wieder nach Bombay zurückkehren könne und mich schon darauf freue, alle kennen zu lernen.« Die erste Tränenflut war inzwischen versiegt, und sie legte ihren Kopf an seine Schulter, dann erzählte sie weiter: »Roseannes Tod hat Hugh furchtbar getroffen. Wir haben sie rasch beerdigt, in der Nähe des Hauses, wo wir lebten. Hugh gehörten mehrere hundert Morgen Land da. Nach ihrem Tod hat Hugh alle in Bombay davon unterrichtet, dass meine Gesellschafterin, die mich auf der Reise von England nach Indien begleitet hatte, einem Fieber erlegen war. Es war schrecklich für ihn. Er hatte die Liebe seines Lebens verloren, aber er musste dennoch so tun, als ob alles in bester Ordnung sei und er voller Vorfreude die Geburt seines ersten Kindes
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