Sturm der Herzen
von Whitleys Verschwinden, als Garrett zu einem Besuch kam. Marcus und Isabel hatten einen angenehmen Vormittag mit einem Spaziergang und einem Gang durch die Ställe und zu den Scheunen verbracht. Isabel hatte Marcus dabei die Veränderungen erläutert, die sie durchführen lassen wollte, und da er ihre Ideen für ausgezeichnet hielt, nickte Marcus zustimmend. Sie lächelten und lachten oft, ihre Hände streiften einander, und ihre Körper berührten sich immer wieder, wenn sie nebeneinander gingen. Jeder, der sie sah, konnte auf den ersten Blick erkennen, dass sie rettungslos ineinander verliebt, kurz ein Liebespaar waren. Als Thompson Garrett ankündigte, befand sich Marcus in seinem Arbeitszimmer, wo er damit beschäftigt war, die Buchführung seiner Besitzungen auf den neusten Stand zu bringen, und Isabel hatte eine Unterredung mit der Haushälterin, um sich mit der Routine des Haushaltes vertraut zu machen und mit ihr ein paar Änderungen zu besprechen, die nötig wurden, wenn ein lebhafter Zwölfjähriger im Haus wohnte. Bei Garretts Eintreten warf Marcus erleichtert das Blatt Papier hin, das ihm mit vielen anderen heute Morgen pflichtschuldigst von seinem Verwalter vorgelegt worden war, und erhob sich mit ausgestreckten Händen, um seinen Gast zu begrüßen.
Nachdem die beiden Männer sich herzlich die Hände geschüttelt hatten, nahmen sie in den weich gepolsterten Sesseln Platz, die auf der anderen Seite des Zimmers standen.
»Ich entschuldige mich, dass ich dich so überfalle«, erklärte Garrett bedauernd, »aber ich hatte das Gefühl, es sei wichtig, dass du weißt, dass Whitley von der Bildfläche verschwunden ist.«
Marcus sah ihn erstaunt an. »Verschwunden? Was meinst du damit? Er hat sein Zimmer im Stag Horn Inn verlassen?«
»Ich meine genau das, was ich gesagt habe. Verschwunden. Whitley ist Mittwochnacht, es war schon recht spät, vom Gasthof weggeritten, und seitdem hat ihn niemand mehr gesehen. Keating sagt, Whitley sei bei seinem Aufbruch betrunken gewesen, aber nicht zu betrunken, um sich auf sein Pferd zu schwingen und wegzureiten. Am übelsten ist, dass sein Pferd am Morgen, als der Stallbursche aufwachte, wieder im Stall in seiner Box stand, seitdem hat es kein Lebenszeichen von Whitley gegeben.«
Mit zusammengezogenen Brauen sagte Marcus: »Ich nehme an, dass niemand ihn mit gebrochenem Hals in irgendeinem Straßengraben entdeckt hat?«
Garrett schüttelte den Kopf. »Das war das Erste, was Keating am Donnerstagnachmittag unternommen hat, nachdem er entdeckt hatte, dass Whitley nicht in seinem Zimmer war. Er war überzeugt, dass sie ihn genauso vorfinden würden, aber die Suche verlief ergebnislos. Keine Leiche. Keine Spuren, dass irgendetwas nicht in Ordnung war entlang der Straße, ein paar Meilen in alle Richtungen. Natürlich ist es möglich, dass das, was auch immer geschehen ist, noch etwas weiter weg geschehen ist, aber es scheint nicht wahrscheinlich. Keating war sich ziemlich sicher, dass Whitley Mrs Halley besuchen wollte, als er ging, und als sie seine Leiche nirgends entdecken konnten, hat Keating bei Mrs Halley nachgesehen, ob Whitley dort vielleicht einfach nur länger, als ursprünglich geplant, geblieben ist.«
Bei der Erwähnung von Mrs Halley lächelten sie beide.
Mrs Halley war eine sehr entgegenkommende Witwe unbestimmbaren Alters, die in einem ordentlichen kleinen Häuschen ein paar Meilen außerhalb des Dorfes lebte. Als sie vor fünf Jahren in die Gegend gezogen war, hatte es Mutmaßungen gegeben, inwieweit die Bezeichnung »Witwe« ein Ehrentitel war, aber da sie eine liebenswerte Person mit angenehmen Manieren war und ihrem Geschäft sehr diskret nachging, war sie im Dorf allgemein akzeptiert - höchstens von den prüdesten Bewohnern geschmäht. Während Marcus die Witwe nie aufgesucht hatte, so erstaunte es ihn nicht, dass Whitley ihr Kunde gewesen war.
»Ich nehme an, er war nicht da?«
»Nein. Und Mrs Halley sagte, sie habe ihn seit letztem Sonntag nicht gesehen.«
Marcus rieb sich das Kinn. »Das Pferd im Stall macht mir Sorgen. Jemand hat das Tier zurückgebracht.«
»Genau.« Garrett beugte sich vor. »Mir gefällt das gar nicht, Marcus. Als ich letzte Nacht im Gasthof war, um mich nach Whitley zu erkundigen, und dabei erfahren habe, was ich dir eben erzählt habe, habe ich darauf bestanden, dass Keating mir Whitleys Zimmer zeigt. Das hat er getan. Der Raum sah genau so aus, wie man es erwarten würde. Alles war noch da, als sei er nur kurz
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