Sturm der Herzen
ihr Heim ein paar Monate lang ganz für sich allein haben, ehe sie sich mit einer Schwiegermutter arrangieren muss, die sich ständig in alles einmischt.«
»Und ich bin sicher, dass ihr mich zum Teufel wünscht«, stimmte Jack ein. Er sah zu Garrett. »Sobald meine Tante in Brighton angekommen ist und sich eingelebt hat, sobald ich meine Geschäfte erledigt habe, komme ich zurück.« Er grinste Marcus an. »Du musst dir keine Sorgen machen, ich könnte stören; Garrett hat mich gebeten, ihm angesichts deiner Heirat auf Holcombe Gesellschaft zu leisten.«
Marcus schaute von Jacks arglosem zu Garretts ausdruckslosem Gesicht. Was, zum Teufel, führten die beiden im Schilde? Und wann waren sie so gute Freunde geworden? Es stimmte, er war in den letzten Tagen abgelenkt gewesen, aber was war mit dem Memorandum und Whitleys möglicher Verstrickung in den Diebstahl? War Jack zu der Überzeugung gelangt, dass Whitley unschuldig war? War das Dokument gefunden worden und daher nicht länger ein Problem? Aber hätte Jack ihm das dann nicht erzählt?
Garrett bemerkte ruhig: »Jack und ich dachten, du wärest mit deiner Gattin gerne eine Weile ungestört.«
»Ach ja?«, erkundigte sich Marcus. »Wie überaus umsichtig und freundlich von euch.« Er schaute in die Runde, ehe sein Blick an Isabels Gesicht hängen blieb. Mit einem reuigen Lächeln erklärte er: »Nun, meine Liebe, es sieht ganz so aus, als ob alle eifrig damit beschäftigt waren, Pläne für uns zu machen. Um nicht undankbar zu erscheinen, sollten wir sie annehmen.«
Isabel setzte ein so glückliches Lächeln auf, wie es ihr nur möglich war, und erwiderte: »Es ist so nett von euch allen - danke schön.« Ihr fiel etwas ein, und sie blickte zu Mrs Appleton, die ihr gegenüber am Tisch saß. »Werden Sie auch heimkehren?«
Mrs Appleton errötete wie ein junges Mädchen, und der Baron räusperte sich. Als Isabel ihn ansah, sagte er: »Damit kommen wir zum wichtigsten Hochruf heute Abend.« Ohne den Blick von Mrs Appleton zu wenden, verkündete er mit leiser Stimme: »Einen Toast auf meine zukünftige Gemahlin! Clara hat mir die Ehre erwiesen, meinen Antrag anzunehmen.«
Mehrere Glückwünsche folgten, auf die jedes Mal angestoßen wurde, und überall am Tisch unterhielt man sich angeregt. Als die erste Aufregung abgeebbt war, fragte Marcus: »Wann soll die Hochzeit stattfinden? Im Herbst?«
Lord Manning schüttelte den Kopf. Mit einem Grinsen erklärte er: »Clara und mir hat eure Hochzeit zu gut gefallen. Daher haben wir beschlossen, es ebenso zu machen. Ihr Bruder wird uns die Sondererlaubnis besorgen und uns morgen Vormittag vermählen.«
11
A n den Mienen aller am Tisch Sitzenden war deutlich abzulesen, dass Isabel und Marcus die Einzigen in der Runde waren, für die Lord Mannings Ankündigung und die Pläne von Marcus’ Mutter eine Überraschung waren. Sogar Jack und Garrett schienen zu wissen, was im Gange war. Jetzt, da er genauer darüber nachdachte, fiel Marcus auf, dass ungewöhnlich rege Geschäftigkeit den ganzen Tag über im und um das Haus geherrscht hatte, aber er hatte sich nichts dabei gedacht. Selbst an dem frühen Eintreffen seiner Mutter, das sich mit Bischof Latimers Ankunft überschnitten hatte, und ihrem vertraulichen Gespräch mit Lord Manning und Mrs Appleton vor dem Abendessen heute war ihm nichts bemerkenswert erschienen. Es war nun offenkundig, dass sie ihre Köpfe zusammengesteckt und die erstaunlichen Neuigkeiten ausgeheckt hatten. Aber es folgte noch mehr, und Edmund, der stolz und aufgeregt aussah, erklärte: »Ich werde mit Mrs Sherbrook nach Brighton gehen!« Sein Gesicht war vor Aufregung gerötet. »Sie sagt, sie sei meine neue Großmutter, und daher sei es ihre Pflicht, dafür zu sorgen, dass ich Stadtflair zu sehen bekäme.« Beinahe zitternd vor Spannung und mit glänzenden blauen Augen fügte er hinzu: »Oh, Mutter! Ist das nicht großartig? Sobald Großvater Mrs Appleton geheiratet hat, werde ich zwei Großmütter haben statt gar keiner!«
Nachdem ihr der Boden so elegant unter den Füßen entzogen worden war, konnte Isabel nur lächeln und nicken. Während sie sich mit den anderen Enthüllungen nur zögernd abfinden konnte, konnte sie uneingeschränkt auf Edmunds Entzücken reagieren. »Wunderbar, wirklich!«, rief sie und lächelte ihrem Sohn liebevoll zu. Nur sich selbst gegenüber konnte sie zugeben, dass sie den Umzug nach Sherbrook Hall und dem, was dann kommen würde, alles andere als erfreut
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