Sturm der Herzen
Thema vorsichtig zu nähern, deutete Marcus auf Garrett und fragte: »Dann ist Garrett also eingeweiht?«
Jack nickte. »Ich war völlig von den Socken, als er mir am Tag nach deiner Hochzeit mit Isabel den Brief von Roxbury gab.«
Mit beinahe verlegener Miene erklärte Garrett Marcus: »Ich entschuldige mich, es nicht von Anfang an gesagt zu haben, aber Roxbury war sehr vage in seinen Aussagen, wer eingeweiht ist. Man hat mir nur mitgeteilt, dass ich zu Jack gehen und ihm das Empfehlungsschreiben geben solle, das ich von Roxbury erhalten hatte. Jack und ich hatten nur kurz miteinander gesprochen, bevor ich nach Manning Court kam, er hatte Sie damals nicht weiter erwähnt. Als Jack und ich uns dann später getroffen haben, hat er mir alles berichtet, aber es gab nie einen passenden Augenblick, Sie auf den aktuellen Stand zu bringen.«
»Genau genommen«, bemerkte Jack, »war es sogar gut so. Da du in Manning Court festsaßest, war mir Garretts Hilfe überaus willkommen. Zusammen waren wir in der Lage, Whitley fast lückenlos zu überwachen.«
»Auch wenn es uns nicht viel genützt hat«, stellte Garrett erbittert fest. Mit einem Blick zu Marcus fügte er hinzu: »Ich habe eindeutig zu viele Nächte mit dem Mann gezecht. Man hält mich gemeinhin für durchaus trinkfest, aber ich finde es abstoßend, welche Mengen Alkohol der Mann konsumieren und immer noch in zusammenhängenden Sätzen sprechen kann.« Nachdenklich fuhr er fort: »Der Alkohol lockert ihm zwar die Zunge, aber bislang hat er nichts gesagt, was uns weiterhelfen würde.«
Marcus musste an Thompsons Sorge denken und erkundigte sich: »Waren Sie letzte Nacht bei ihm?«
Garrett nickte, und in seine Augen trat ein neugieriger Ausdruck. »Wie die meisten Nächte. Warum?«
»Ach, Thompson hat mich davon unterrichtet, dass jemand versucht hat, ins Haus einzudringen. Wenn man meinen Lakaien Glauben schenken kann, gab es letzte Nacht einen weiteren Einbruchsversuch. Whitley scheint der wahrscheinlichste Verdächtige.«
Garrett verzog das Gesicht. »Nun, ich gehe nicht mit ihm zu Bett, daher weiß ich nicht, was er tut, wenn wir uns getrennt haben.« Er wirkte gedankenversunken. »Jetzt, da ich darüber nachdenke, hat es ein paar Nächte gegeben, in denen Whitley sich auffällig früh für die Nacht zurückgezogen hat, also vor Mitternacht. Es ist möglich, dass er sich später noch einmal davongeschlichen hat.« Garrett runzelte die Stirn. »Wenn ich mich nicht täusche, war das auch gestern der Fall.«
Jacks Stirn zeigte ebenfalls Falten. »Ich frage mich, weshalb Thompson davon mir gegenüber nichts erwähnt hat.«
Marcus grinste. »Du gehst vielleicht in meinem Haus ein und aus, und das mit meinem Segen, aber meine Diener - dem Himmel sei Dank dafür - haben nicht vergessen, dass ich hier Herr im Hause bin. Es ist Thompson vermutlich gar nicht in den Sinn gekommen, dir etwas davon zu sagen. Er würde einen Gast vermutlich nicht mit einem unwesentlichen Ärgernis belasten wollen. Er ahnt ja nicht, worum es geht.«
Jack nickte bedächtig. »Da hast du natürlich recht.« Er schaute Marcus an. »Welchen Reim machst du dir darauf?«
Marcus zuckte die Achseln. »Bestenfalls ist es nur Whitleys Versuch, mir eins auszuwischen. Schlimmstenfalls …« Zwischen Marcus’ Brauen bildete sich eine steile Falte. »Schlimmstenfalls plant er etwas Übles und will mir einen Schlag versetzen, um sich an mir wegen meinem vermeintlichen Überfall auf ihn zu rächen.«
»Das wird es sein«, warf Garrett ein. »Er sagt nicht viel, aber wenn er trinkt, wird offensichtlich, dass er ernsthaften Groll gegen Sie hegt. Er würde Ihnen auf jede Art schaden, die ihm nur möglich ist.«
Marcus zuckte wieder nur mit den Achseln. »Dann soll er es doch versuchen«, erwiderte er mit einem Unterton in seiner Stimme, der die beiden anderen dazu veranlasste, ihn schärfer anzuschauen. Er lächelte nur und sagte zu Jack: »Es scheint, als ob wir trotz all unserer Bemühungen noch nichts entdecken konnten, was darauf hindeutet, dass Whitley das Memorandum hat.«
»Nein, und das ist der Grund, weshalb ich nach London zurückkehre«, räumte Jack ein. »Ich muss mit Roxbury sprechen und herausfinden, ob noch irgendetwas aufgetaucht ist.« Jack wirkte niedergeschlagen. »Ich fürchte, wir haben unsere Zeit verschwendet und das Dokument hat jemand anderer genommen oder es ist tatsächlich einfach bei den Horse Guards verloren gegangen.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Dieses
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