Sturm der Leidenschaft (German Edition)
seine Nase sehen zu lassen.
Er brachte eine echte Krankenschwester mit und seinen Leibarzt. Und diese wiederum übernahmen sofort das Regiment im Krankenzimmer.
Die Laken wurden nunmehr täglich gewechselt. Die Krankenschwester verabreichte zahllose Medikamente nach dem Schlag der Uhr und der Arzt kam mindestens ein Mal am Tag, um die Fortschritte der Patientin zu kontrollieren und gegebenenfalls die Medikation zu ändern.
Mary ward so zwar beiseite gedrängt, doch es störte sie keineswegs, war ihr doch damit die gesamte Verantwortung für Annes Wohl und Wehe genommen.
Zumal seine Lordschaft sich sogar dazu herbeiließ, stundenlang bei Anne zu wachen, mit ihr zu sprechen und ihr den Schweiß abzuwischen.
Versuchte sie, sich aufzurichten, um das Fenster zu öffnen, so drückte er sanft ihre Hand herab und barg die Fiebernde in seinen Armen.
So verging Tag um Tag und es stellte sich bald eine gewisse Regelmäßigkeit im Tagesablauf ein: Lord Alderton kam gegen zehn, nachdem er seine Aufgaben im Herrenhaus sowe it erledigt hatte. Dann blieb er bis zum Abend und ritt dann nach Haversham House zurück.
Er nahm seine Mahlzeiten auf dem Hof ein und brachte sogar ab und zu Unterlagen mit, die er zu bearbeiten hatte.
Dennoch dauerte es mehr als eine Woche bis Anne die Krisis durchlebt und überstanden hatte. Bis sie zum ersten Mal die Augen zu öffnen und Lord Alderton dabei bewusst anzusehen vermochte.
Mary bemerkte es an jenem ungläubig staunenden Blick, den sie ihm schenkte.
Und hatte die Köchin nun erwartet, eine Spur von Glück, oder gar Zuneigung zu entdecken, so sah sie sich getäuscht.
Als jenes Staunen geschwunden war, blieb nur eine merkwürdige Leere in dem bleichen An tlitz.
Ja, es schien, als habe Anne jene Gefühle vergessen, oder in ihrem Fieberwahn verloren.
So sank sie also, sacht von ihm gestützt, in die Kissen zurück und schloss die Augen.
***
Die Tage vergingen und Anne kam während immer längerer Phasen zu vollständiger Klarheit.
Und je mehr sie von ihrer Situation begriff, desto unangenehmer wurde ihr Lord Aldertons Anwesenheit.
So sehr sie stets ihr Zimmer verabscheut hatte – war es doch zu eng mit den Übergriffen ihres Bruders verbunden – so sehr empfand sie ihn jetzt als Eindringling.
Ja, das Unwohlsein welches Anne empfand , steigerte sich förmlich zu körperlichen Schmerzen.
Umso mehr, als sie nicht wagte, ihn fortzuschicken, nach allem was er für sie getan hatte.
„Du musst ihm sagen, dass es nunmehr unschicklich ist für ihn, sich in meinem Zimmer aufzuhalten“, sagte sie Mary eines Tages, kurz bevor er seinen täglichen Aufenthalt antrat.
„Das kann ich ihm doch nicht sagen … Er ist ein Lord …“
„Natürlich kannst du. Wer sonst, wenn nicht du? Ich will ihn hier nicht haben.“
Mary presste die Lippen zu einem schmalen Schlitz zusammen.
„Denk dran“, sagte sie leise. „… er hält dir John vom Leib!“
„Das ist mir gleich. Ich will ihn nicht mehr hier haben!“, erwiderte Anne mit solcher Hefti gkeit, dass Mary zusammenzuckte.
Sie setzte sich sehr gerade hin und funkelte die Köchin wütend an.
„Weg soll er. Nur weg! Er will mich. Verstehst du? Wegen ihm habe ich doch das Fieber bekommen. Weggerannt bin ich vor ihm! Geflüchtet!“
Mary sagte keinen Ton.
„Ich weiß, was du denkst … Besser er als Declan oder John. Nicht wahr?“
Mary starrte auf ihre Finger.
Gerade, als sie Mary packen wollte, hob diese den Kopf.
„John denkt, seine Lordschaft wird dich heiraten wollen …“, sagte sie tonlos.
Anne ließ die Arme sinken.
„Er denkt … was?“
„Weil er doch jeden Tag hier war und sich so gekümmert hat. Und alle Rechnungen übernommen hat er außerdem.“
Anne bewegte langsam ungläubig den Kopf hin und her. Langsam drang die Erkenntnis wie durch einen dicken Nebel zu ihr durch. Nun passte alles zusammen.
John hatte Recht und sie steckte in der Falle.
Wenn ihr Bruder und Alderton sich zusammengetan hatten, um sie in diese Ehe zu zwingen, dann hatte sie keine Chance.
„Wo – ist - Declan?“, stieß sie hervor, jetzt da sich ihre Gedanken zu überschlagen schienen. Nur er konnte sie vor dieser Ehe retten.
Zu ihm wollte ihr Herz. Nur wegen ihm hatte sie den Tod besiegt.
Mary blickte noch immer nicht auf.
„Wo er ist, will ich wissen!“, herrschte sie die Köchin an.
Im gleichen Moment erhob Mary sich abrupt.
„Ich kann es dir nicht sagen.“
„Kannst du nicht, oder willst du nicht?“
Die Köchin
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