Sturm der Leidenschaft
hastig einen Schritt zurück, wechselte die Richtung und öffnete die Tür zu seiner Suite.
Ein Blick in Whitneys Gesicht sagte ihm, wie sehr es ihr widerstrebte, den Raum zu betreten, in dem er ihr das Kleid heruntergerissen hatte. »Komm, Kleine«, sagte er leise, »du hast hier wirklich nichts zu befürchten.«
Sie schüttelte kurz den Kopf, als wollte sie die Erinnerungen los werden und trat ein. Mit einem Seufzer der Erleichterung schloß Clayton die Tür und führte sie zu dem grünen Sofa vor dem Kamin. Er setzte sich neben sie, warf einen Blick auf ihr atemberaubendes Profil und entschied, daß es sehr viel klüger wäre, wenn er ihr gegenüber auf dem Sessel Platz nahm.
Er sah sie an. Ihr Kopf war dem Kaminfeuer zugewandt, als könne sie den Blick auf das breite Bett unter seinem Baldachin nicht ertragen. Vermutlich fragte sie sich, warum er sie hierhergebracht hatte, wenn er sein Versprechen wirklich halten wollte. »Du wirst hier schlafen müssen, Kleine . . . Sonst beginnen die Diener zu klatschen. Ich werde mich auf das Sofa legen.«
Sie lächelte ihn an, als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders gewesen.
Nach einem Augenblick verlegenen Schweigens fragte er: »Möchtest du dich vielleicht ein bißchen unterhalten?«
»Ja«, stimmte sie bereitwillig zu.
»Und worüber?«
»Oh, über irgend etwas.«
Clayton zermarterte sich das Hirn nach einem interessanten Gesprächsthema, aber ihre aufreizende Anwesenheit in seinem Schlafzimmer schien seinen Verstand gelähmt zu haben. »Das Wetter war heute ausnehmend gut«, stellte er schließlich fest. Er hätte schwören können, daß ein leises Lächeln über ihr Gesicht huschte, oder war das nur der Widerschein des Kaminfeuers gewesen? »Es hat nicht geregnet«, fügte er unsinnigerweise hinzu und kam sich überaus töricht vor.
»Auch wenn es geregnet hätte, wäre es immer noch ein wundervoller Tag gewesen.«
Wenn sie ihn doch nur nicht so ansehen würde. Nicht heute nacht! Es klopfte leise. »Wer zum Teufel. ..?«
»Wahrscheinlich ist es Clarissa«, sagte Whitney, stand auf und sah sich nach einer Verbindungstür um, die zu ihrer Suite führte. Clayton öffnete die Tür zum Korridor und starrte verblüfft auf seinen Kammerdiener. »Guten Abend, Euer Gnaden«, sagte der und machte alle Anstalten, den Raum zu betreten. Verdammt! Er hatte seinen Kammerdiener ebenso vergessen wie Whitneys Zofe. Innerlich alle Diener dieser Welt verfluchend, zeigte Clayton Whitney die Verbindungstür, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in seinem Arbeitszimmer.
Hinter ihm betrat Armstrong geräuschlos den Raum. »Darf ich Ihnen beim Auskleiden behilflich sein, Euer Gnaden?« Claytons Kopf zuckte herum. »Wenn ich etwas brauche, werde ich läuten!« fuhr er den unglückseligen Diener an. »Das wäre alles, Armstrong. Gute Nacht«, fügte er hinzu, geleitete seinen verblüfften Kammerdiener höchstpersönlich zur Tür, schob ihn auf den Korridor hinaus und verriegelte die Tür hinter ihm.
Clayton schlenderte in sein Arbeitszimmer zurück, streifte seinen Rock ab, lockerte das Halstuch, goß sich ein großzügiges Glas Brandy ein, nahm ein Buch aus dem Schrank, setzte sich und streckte die langen Beine aus. Er nippte an seinem Glas und las denselben Absatz mindestens sechsmal, bis er endlich aufgab und das Buch zuschlug.
Er ärgerte sich aufrichtig über sich selbst und machte sich ein wenig überrascht bewußt, wie zermürbt er nach acht kurzen Wochen der Enthaltsamkeit doch war. Konnte eine einzige weitere Nacht da so viel ausmachen? Sie machte, erkannte er resigniert, weil eine Hochzeitsnacht traditionsgemäß und unwiderruflich mit körperlicher Liebe verbunden war.
Er ließ Whitney sehr lange Zeit, bis er sich endlich erhob und wieder sein Schlafzimmer betrat. Sie war nicht da. Die Verbindungstür stand offen, und er lief durch ihr Ankleidezimmer in ihren Schlafraum. Auch dort war sie nicht. Sein Herz begann zu hämmern, obwohl er sich immer wieder sagte, daß sie unmöglich vor ihm geflohen sein konnte . . .
Mit schnelleren Schritten eilte er zurück und blieb erleichtert stehen, als er sie neben seinem Bett stehen sah. Im Kerzenlicht sah er deutlich die Furcht auf ihren Zügen und lief auf sie zu.
Whitney blickte zu ihm auf, und Clayton bemerkte, daß sie ihre Angst hastig hinter einem Lächeln verbarg. »Wer sind Sie nun wirklich?« wiederholte sie die Frage, die sie vor so langer Zeit auf dem Maskenball der Armands an ihn gestellt hatte.
»Ein
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