Sturm der Leidenschaft
gewesen.«
Whitney unterdrückte ein Lächeln. »Du findest das zwar amüsant, Liebes, aber Clayton keineswegs. Bald darauf verkündete Stephen, er hätte Kenntnis von einer Verschwörung unter den männlichen Trauzeugen, Clayton zu entführen und sein Eintreffen in der Kirche zu verzögern. Deshalb sitzen zwölf Trauzeugen seit Stunden in Claytons Haus und werden von ihm nicht aus den Augen gelassen.«
»Armer Clayton.«
»Armer Stephen«, korrigierte die Herzogin trocken. »Ich bin hierher geflohen, um nicht mitansehen zu müssen, wie mein älterer Sohn seinen Bruder ermordet. Denn genau das hat er allen Ernstes für den Fall angedroht, daß Stephen sich ihm auf Armeslänge nähern sollte.«
Die Zeit verging wie im Fluge, und dann trat Whitney in ihrem Hochzeitskleid aus dem Ankleidezimmer, um sich von ihrer Tante und ihrer künftigen Schwiegermutter bewundern zu lassen.
»O mein liebes, liebes Kind«, hauchte die Dowager Duchess. »Nie in meinem Leben habe ich so etwas Schönes wie dich gesehen!« Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete Whitneys cremefarbenes, perlenbesetztes Brautkleid, das der Robe einer mittelalterlichen Prinzessin nachempfunden war. Das tiefausgeschnittene Mieder umfing Whitneys volle Brüste und betonte ihre zierliche Taille. Um ihre schmalen Hüften lag eine schwere Kette mit Diamanten und Perlen. Die Ärmel waren unterhalb der Ellbogen sehr schmal geschnitten und liefen auf den Handrücken in langen Spitzen aus, während sie sich oberhalb der Ellbogen großzügig bauschten. Ein Satincape wehte von ihren Schultern, am Saum mit Perlen bestickt und auf den Schultern mit Juwelen und Perlen befestigt, die jenen um ihre Hüften glichen. Sie trug keinen Schleier. Statt dessen war ihr Haar aus der Stirn gebürstet und auf dem Kopf mit einer Spange aus Perlen und Diamanten befestigt. Es fiel ihr in langen Locken über den Rücken hinab. Clayton hatte einmal gesagt, daß es ihm so am besten gefiel.
»Du siehst genauso aus, wie es sich eine Prinzessin im Mittelalter erträumt hätte«, stellte Claytons Mutter bewundernd fest, während Tante Anne schweigend die schöne junge Frau betrachtete, die bald eine Herzogin werden würde. Vor ihrem inneren Auge sah die Lady das Mädchen in Reithosen, das mit nackten Füßen auf einem Pferd balancierte. Als sie endlich die Sprache wiederfand, machten Tränen der Freude und des Stolzes ihre Stimme heiser. »Wir sollten nicht zu spät zur Kirche aufbrechen. Wie dein Vater erzählte, hatten sich dort, als er vor Stunden vorbeikam, bereits viele Schaulustige eingefunden, und die Straßen waren voller Kutschen.«
Ihr Vater hatte nicht übertrieben. Schon eine halbe Meile vor der Kirche kam die Kutsche mit Whitney, ihrer Tante und ihrem Vater kaum mehr weiter. Whitney hatte das Gefühl, als wäre ganz London auf den Beinen, um an ihrer Hochzeit teilzunehmen.
In dem großen Vorraum der Kirche blickten zwölf Trauzeugen hoffnungsvoll auf, als Stephen durch eine Seitentür hereinkam. Er trat auf Clayton zu, der mit unheilverkündendem Gesicht an einem Tisch lehnte, da es von Minute zu Minute wahrscheinlicher zu werden schien, daß Whitney ihn allein zum Altar gehen lassen würde. Stephen hörte sich jedoch absolut unbeschwert an, als er verkündete: »Da draußen herrscht ein unvorstellbares Durcheinander. Die Straßen sind mit Fußgängern verstopft, und die Kutschen kommen nicht vorwärts.«
Clayton drückte sich abrupt von der Tischkante ab. »Such McRea, er muß irgendwo in der Kirche sein, und sag ihm, daß er die Kutsche vorfahren soll. Wenn sie in fünf Minuten nicht hier ist, hole ich sie.«
»Wenn deinen Pferden nicht inzwischen Flügel gewachsen sind, wird dir auch das nicht viel helfen. Vielleicht hast du die Güte, einen Blick vor die Tür zu werfen und dich selbst davon zu überzeugen, warum sich Whitney verspätet.«
Mit langen, verärgerten Schritten folgte Clayton der Aufforderung seines Bruders und blickte gleich darauf auf einen Vorplatz hinaus, auf dem es vor Menschen und Karossen nur so wimmelte. »Was zum Teufel ist nur los?« knurrte er wütend.
»Ein Herzog heiratet«, meinte Stephen grinsend. »Und zwar ein Mädchen, das weder über eine adlige Abstammung noch über besonders viel Geld verfügt. Offenbar feierst du die Märchenhochzeit des Jahrhunderts, und die will sich kein Londoner entgehen lassen.«
»Wer in Dreiteufelsnamen hat sie eigentlich eingeladen?« erkundigte sich Clayton höchst unlogisch.
»Da uns diese Kirche
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