Sturm der Leidenschaft
liebkosen.
»Wo zum Teufel habt ihr denn nur gesteckt?« rief Paul ihnen entgegen, als sie wenig später am vereinbarten Treffpunkt anlangten, absaßen und dem herbeieilenden Reitburschen die Pferde übergaben.
»Es gab ein paar Schwierigkeiten mit dem Hengst«, entgegnete Clayton gelassen.
Paul blickte skeptisch von dem friedfertigen schwarzen Hengst in Whitneys errötendes Gesicht. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
»In der Tat? Nun, das war unnötig«, murmelte Whitney und bemühte sich, nicht so schuldig auszusehen wie sie sich fühlte.
Er führte sie zu einer hellblauen Decke, auf der Emily und Michael Archibald Platz genommen hatten, um sich dann neben sie zu setzen - gegenüber von Elizabeth und Peter.
Clayton nahm von einem Diener ein Glas Wein entgegen und schlenderte zu einer anderen Decke, auf der Margaret Merryton in der Gesellschaft eines jungen Paares saß. Margarets Augen leuchteten auf, als er sich neben sie setzte. Wenn sie ihre Augen nicht ständig maliziös zusammenkneifen würde, dachte Whitney, wäre Margaret eigentlich ein sehr hübsches Mädchen. Doch als sie sich nun Whitney zuwandte, war es mit dem Strahlen auch schon wieder vorbei. »Wenn ihr um die Wette geritten wäret, hättest du mit Sicherheit verloren«, mutmaßte sie boshaft.
»Wir sind und sie hat«, bestätigte Clayton prompt lachend.
»Auf dem Hengst hätte ich auch gesiegt.«
»Wenn Sie diesen Hengst geritten hätten, junge Lady, hätten wir ihre Angehörigen an Ihr Krankenbett rufen müssen«, widersprach Clayton grinsend.
»Mister Westland«, verkündete Whitney würdevoll, »ich werde mit dem Hengst weit besser fertig als Sie.«
»Wenn Sie davon so überzeugt sind, können wir Ihre Fähigkeiten jederzeit auf die Probe stellen. Sie bestimmen Zeit und Strecke, ich reite dann eins meiner Pferde.«
Verführt vom spöttischen Glanz in seinen Augen nahm Whitney den Fehdehandschuh auf. »Über eine ebene Strecke«, überlegte sie laut. »Keine Sprünge. Der Hengst kann noch nicht springen.«
»Heute ist er ziemlich sicher über ein paar Zäune hinweggesetzt, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht«, meinte Clayton trocken. »Aber ich richte mich ganz nach Ihnen. Sie bestimmen die Strecke.«
»Traust du dir da nicht ein wenig zuviel zu?« erkundigte sich Paul und runzelte besorgt die Stirn.
Whitney warf Clayton einen mürrischen Blick zu und sagte mit mehr Überzeugung als sie verspürte: »Keineswegs. Ich siege mit Leichtigkeit.«
»Hast du vor, dich in Breeches rittlings aufs Pferd zu setzen oder bevorzugst du, barfüßig auf seinem Rücken zu balancieren?« höhnte Margaret.
Wie auf Befehl begannen alle auf einmal zu reden, um Margarets Stimme zu übertönen, aber Whitney fing doch einige Fetzen von dem auf, was sie zu Clayton und dem anderen Paar sagte: »... ihrem Vater Schande bereitet. . . Der ganze Ort war außer sich . . .«
Die Diener begannen die Körbe mit kaltem Hühnchen, Schinken, Käse, Äpfel und Birnen auszupacken. Resolut nahm sich Whitney vor, Margarets giftige Bemerkungen ganz einfach zu vergessen und aus diesem Ausflug das Beste zu machen. »Als Mädchen haben Whitney und ich ein Abkommen geschlossen«, erzählte Emily gerade lachend ihrem Mann. »Diejenige, die als erste heiratete, sollte der anderen eine Buße von fünfundzwanzig Pfund zahlen.«
»Das stimmt!« lächelte Whitney. »Ich hatte es ganz vergessen.«
»Da ich es war, der sie dazu überredet hat, mich zu heiraten«, sagte Michael Archibald augenzwinkernd zu Whitney, »wäre es nur gerecht, wenn ich diese Buße zahle.«
»Das wäre tatsächlich nicht mehr als gerecht.« Whitney lachte auf. »Und ich hoffe, es war nicht das letzte Mal, daß sich Emily Ihrem Einfluß beugt, Mylord.«
»Ich auch!« seufzte Baron Archibald gespielt verzweifelt auf.
In diesem Augenblick neigte sich Paul zu ihr. »Wirst du dich auch meinem Einfluß beugen?« fragte er leise.
Das kam einer Erklärung seiner Absichten so nahe, daß sich Whitney unwillkürlich fragte, ob sie ihn richtig verstanden hatte. »Das kommt darauf an«, flüsterte sie zurück und konnte den Blick nicht von seinen faszinierend blauen Augen wenden. Ein plötzlicher Windstoß trieb ihr die Haare in die Stirn, und unbewußt griff sich Whitney an den Hinterkopf, wo eigentlich der gelbe Schal ihre Haare Zusammenhalten sollte.
»Suchen Sie vielleicht das hier?« erkundigte sich Clayton lässig, zog ihren Schal aus der Tasche und hielt ihn ihr hin.
Paul kniff die Lippen
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