Sturm der Leidenschaft
ab.
»Erinnere dich, Liebling«, meinte Anne Gilbert leise. »Wir wollten den Maskenball gerade verlassen, da hast du dich nach einem anderen Gast erkundigt. Damals habe ich dir den Namen nicht genannt. Aber es war der Herzog von Claymore . ..«
»Allerdings ohne Lorgnon ...«, fügte Clayton hinzu.
Die Heiterkeit, die Whitney seiner Bemerkung zu entnehmen glaubte, war mehr als sie ertragen konnte. Sie ballte die Hände zu Fäusten, bis die Knöchel schneeweiß hervorstanden. »Dafür werde ich Sie bis zu meinem Todestag hassen!« flüsterte sie erstickt.
»Ich halte es für besser, wenn Sie jetzt zu Bett gehen«, meinte er unbeeindruckt von ihrer Drohung. »Morgen nachmittag komme ich wieder. Es sind viele Dinge zu erklären, und ich werde sie erklären - wenn Sie in einer besseren Verfassung sind.«
Whitney ließ sich keine Sekunde lang von seiner geheuchelten Fürsorge täuschen. Sobald er geendet hatte, machte sie auf dem Absatz kehrt und lief zur Tür.
Als sie zum Knauf griff, fügte er autoritär hinzu. »Ich erwarte, daß Sie morgen nachmittag hier sind, wenn ich komme!«
Kapitel acht
Zögernd öffnete Whitney die Augen und blinzelte verwirrt in die helle Sonne, die durch die Vorhänge fiel. Ihr Kopf schmerzte, sie fühlte sich eigenartig deprimiert. Stirnrunzelnd suchte sie nach Gründen für ihre tiefe Niedergeschlagenheit, die sie sich nicht erklären konnte, und plötzlich drangen die Ereignisse im Arbeitszimmer ihres Vaters in ihr schläfriges Bewußtsein.
In panischer Angst schloß Whitney ihre Augen wieder und versuchte verzweifelt, die perfide Kampagne zu verdrängen, die da in Szene gesetzt worden war, aber es gelang ihr nicht.
Sie setzte sich halb auf und stopfte sich das Kopfkissen in den Nacken. Jetzt mußte sie anhand der Ereignisse zunächst einmal gründlich nachdenken, um dann ihre weiteren Schritte zu planen. Der Mann, der das Anwesen der Hodges’ gemietet hatte, war also Clayton Westmoreland, der »verschwundene« Herzog von Claymore. Und das, dachte sie mißmutig, erklärte schließlich auch seine teure Kleidung und die Hochnäsigkeit seiner Diener.
Er war auch der Mann, dem sie auf dem Maskenball der Armands begegnet war, derselbe arrogante, lüsterne ... Nur mit Mühe beherrschte Whitney ihren Widerwillen und wandte sich wieder den Tatsachen zu. Danach mußte Clayton direkt zu ihrem Vater gegangen sein, um ihm Geld dafür zu bieten, daß sie seine Frau wurde. Es sei alles abgemacht und unwiderruflich, hatte ihr Vater gestern nacht betont, und das bedeutete zweifellos, daß ein vorläufiger Ehevertrag bereits unterschrieben war.
»Unglaublich!« flüsterte Whitney halblaut vor sich hin. Mehr als das. Es war absolut lächerlich, total absurd! Doch ganz gleich, wie sie es fand: Sie war unwissentlich, gegen ihren Willen und obszönerweise mit dem Duke of Claymore verlobt - einem berüchtigten Lebemann, einem lasterhaften Verführer!
Er war genauso abscheulich wie ihr Vater! Ihr Vater. . . Die Erinnerung an den herzlosen Verrat ihres Vaters war mehr, als Whitney ertragen konnte. Sie zog die Knie an und umschlang sie mit den Armen, als könne sie sich auf diese Weise schützen. »O Papa«, flüsterte sie hilflos, »wie konntest du mir das nur antun?« Brennende Tränen stiegen in ihre Augen, sie konnte kaum noch atmen, aber sie beherrschte sich, brach nicht zusammen.
Sie mußte stark sein. Sie sah sich zwei Gegnern gegenüber - sogar dreien, wenn auch Tante Anne an diesem schändlichen Komplott beteiligt war. Die Vorstellung, daß selbst ihre geliebte Tante sie verraten haben könnte, ließ sie die Beherrschung fast verlieren. Krampfhaft schluckend starrte sie zum Fenster hinüber. Sie mochte sich jetzt vielleicht einer Übermacht gegenüber sehen, aber wenn Paul erst wieder da war, hätte sie einen starken Verbündeten.
In der Zwischenzeit mußte sie sich eben auf ihren Mut und ihre Entschlossenheit verlassen. Von beidem besaß sie nicht gerade wenig, und dazu einen unbeugsamen Willen, von dem Clayton Westmoreland bisher kaum etwas gemerkt hatte! Ja, sagte sie sich, bis Pauls Rückkehr werde ich sehr gut allein zurechtkommen.
Fast lustvoll begann Whitney darüber nachzudenken, wie sie die widerwärtigen Pläne des Herzogs durchkreuzen konnte. Ihm mußte drastisch vor Augen geführt werden, daß sie nicht die richtige Frau für ihn war, wenn er den Rest seines Lebens in Frieden und Freude verbringen wollte! Und wenn sie es schlau genug anstellte, konnte sie ihn möglicherweise
Weitere Kostenlose Bücher