Sturm der Leidenschaft
war der Tag, an dem ihn Whitney zum Narren gehalten und bewiesen hatte, was für eine erbärmliche Lügnerin sie doch war.
Er stürmte auf die Tür zu, riß sie auf und trat genau in dem Moment hinter Whitney auf die Terrasse, als einer ihrer leicht berauschten Bewunderer vor ihr auf die Knie sank.
»Miss Stone«, scherzte er mit leicht verwaschener Stimme, »Ihr Anblick raubt mir die Sinne. Darf ich Sie um die Ehre bitten, mir Ihren Arm . . . nein, Ihre Hand . . .« Unvermittelt hielt er inne, schluckte hart und starrte wie gebannt über Whitneys Schulter.
Lachend drehte sich Whitney halb um . .. Ein wildes Glücksgefühl durchströmte sie, und sie lächelte Clayton strahlend an, doch dessen Aufmerksamkeit richtete sich auf den armen Carlisle.
»Stehen Sie auf!« schnarrte Clayton und fügte mit ächzendem Sarkasmus hinzu: »Falls Sie die Absicht haben, Miss Stone um ihre Hand zu bitten, müssen Sie unglückseligerweise warten, bis ihr eine nachgewachsen ist. Im Augenblick besitzt sie nur zwei, und die hat sie bereits vergeben.« Damit umklammerte er Whitneys Handgelenk mit eisernem Griff und zog sie mit sich fort - über die Terrasse, über den Rasen, um das Haus herum und auf seine Kutsche zu.
»Lassen Sie mich los! Sie tun mir weh!« keuchte sie, stolperte über den Saum ihrer Robe und fiel fast auf die Knie. Aber Clayton riß sie so brutal wieder hoch, daß ihr ein scharfer Schmerz vom Handgelenk bis in die Schulter fuhr. Dann rief er dem Kutscher einen Befehl zu, riß den Schlag auf und schleuderte sie ins Kutscheninnere.
»Wie können Sie es wagen!« fauchte Whitney, tief empört über die Peinlichkeit, vor Emilys Haus wie ein Gepäckstück in eine Kutsche geworfen zu werden. »Was glauben Sie denn, wer Sie sind?« Die Pferde galoppierten los, und Whitney wurde heftig gegen die Rückenpolster geschleudert.
»Für wen ich mich halte?« höhnte Clayton. »Nun, ich bin Ihr Besitzer. Ich wiederhole nur Ihre Worte. Ihr Vater hat sie verkauft, und ich habe Sie erworben.«
Verwirrt starrte ihn Whitney an. Sie vermochte nicht zu glauben, daß Clayton über Carlisles harmlosen Scherz derart in Wut geraten war. Sie hatte geglaubt, heute abend könnte es zu einer Versöhnung zwischen ihnen kommen, doch nun sah sie sich verblüffenderweise seinem eiskalten Zorn gegenüber.
Dennoch war sie fast unsinnig glücklich darüber, daß er ihre Einladung nicht ignoriert hatte, und sie konnte ihm wirklich keine Vorwürfe machen, daß er seine Beherrschung verlor, wenn er dazu kam, wie ein anderer ihr einen Heiratsantrag machte - wie scherzhaft auch immer. »Mister Carlisle war ziemlich betrunken, müssen Sie wissen«, begann sie sanft, »und sein Antrag war lediglich ein Scherz. Er. ..«
»Halten Sie den Mund!« fuhr er sie an. Er drehte sich zu ihr um, und zum erstenmal sah Whitney im flackernden Schein der Kutschenlampe den wilden, erbarmungslosen Zorn, der von dem Mann neben ihr ausging. Sein gutgeschnittenes Kinn war wutverzerrt, sein Mund nur noch ein schmaler Strich und der Blick voller kalter Verachtung. Sofort wandte er sich wieder ab, als könne er ihren Anblick nicht ertragen.
Nie zuvor in ihrem Leben war Whitney von jemandem so angesehen worden - nicht einmal von ihrem Vater. Aus ihrem Schock wurde zunächst Verletztheit, dann bohrende Angst. Schweigend sah sie aus dem Fenster, bis die Lichter der Stadt seltener wurden und schließlich ganz verschwanden. »Wohin bringen Sie mich?« fragte sie unsicher. Er antwortete nicht. »Clayton?« wiederholte sie flehend. »Wohin fahren wir?«
Clayton sah ihr in das schöne, furchtsame Gesicht. Am liebsten hätte er ihr die Hände um den schlanken weißen Hals gelegt und zugedrückt - weil sie ihren Körper von anderen Männern hatte besudeln lassen, weil sie seine Liebe und sein Vertrauen verraten hatte und weil sie ihn endlich Clayton nannte - jetzt, wo er wußte, daß sie nichts anderes war als eine verlogene kleine Hure, die ihren üppigen, reizvollen Körper jedem zur Verfügung stellte, den es nach ihm verlangte. Er verdrängte seine Vision, wie sie mit anderen Männern schlief, und blickte, ohne sie einer Antwort zu würdigen, zum anderen Fenster hinaus.
Whitney versuchte, ihre Angst damit zu verdrängen, daß sie zu erkunden bemüht war, in welche Richtung sie fuhren. Nach Norden, erkannte sie. Jetzt geriet sie in Panik. Sie holte tief Luft, schluckte auch den letzten Rest ihres Stolzes hinunter und sagte: »Ich wollte Ihnen heute eigentlich sagen, daß ich
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