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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Knochen. Sein Reiter schien einmal ein Mensch gewesen sein, doch die Macht, die er ausstrahlte, war regelrecht überirdisch. Er trug einen blutroten Panzer, und wie seinem Pferd, so schien auch ihm das Feuer nichts anhaben zu können. In der Hand hielt er einen abgetrennten Kopf.
    Der Reiter streckte seinen muskelbepackten Arm aus und deutete auf Richard.
    Endlich stürzten die Kreaturen sich auf ihn, aber anstatt ihn in Stücke zu reißen, packten sie ihn nur und drückten ihn auf den Boden, leckten mit ihren schleimigen, lilafarbenen Zungen über das offenliegende Fleisch, fauchten und ließen ihre Kehlsäcke zittern. Dann packte einer von ihnen seine Fußgelenke und rannte los, hinaus auf den See. Richards Kopf wurde durch den Schnee geschleift, die Arme schlaff hinterher.
    »Nein!«, brüllte er, während sie sich immer weiter vom Strand entfernten.
    Er konnte nicht zulassen, dass sie seine Pläne durchkreuzten. Er musste die anderen Überlebenden töten. Es durfte einfach nicht so enden.
    »Neeeiiiin …«, tobte er immer noch, bis er schließlich das Bewusstsein verlor.

LIX
     
    MORMON TEARS
     
    Evelyn zog Jake zu sich hoch. Er schlang seine Beine um ihre Hüfte und klammerte sich derart fest, dass Evelyn kaum noch atmen konnte. Dann vergrub er sein Gesicht an ihrem Hals, und sie spürte die Wärme seiner Tränen, während seine Schreie ihr fast das Trommelfell zerrissen. Das Letzte, was sie sah, bevor sie mit Jake auf dem Arm zum Deich lief und darüberkletterte, war eine Flut von schwarzen Wesen, die über den See auf sie zurannten. Sie würden es niemals schaffen, diesen Angriff abzuwehren. Diese Monster würden über sie herfallen und sie erbarmungslos abschlachten. Sie hatten nicht die geringste Chance. Trotz all ihrer Vorbereitungen waren sie von Anfang an dazu verdammt gewesen, hier zu sterben und für immer ausgelöscht zu werden.
    Evelyn rutschte auf der anderen Seite hinunter, blieb mit ihren Absätzen an dem Brett hängen, das sie auf die Enden der Speere genagelt hatten, und fiel mit Jake kopfüber in den Schnee. Als sie sich wieder hochrappelte, sah sie, wie sich oberhalb der Felswand etwas bewegte. Große, weiße Falken saßen dort nebeneinander aufgereiht, mindestens hundert Tiere. Unbeweglich wie Wasserspeier beobachteten sie den Strand. Wo kamen die nur alle her? Evelyn versuchte das Bild zu verdrängen, wie die Vögel herabstießen und sich auf ihren sterblichen Überresten niederließen, um das Fleisch von ihren Knochen zu picken. Aber so waren Tiere nun einmal, sie spürten instinktiv, wo es bald etwas zu fressen geben würde.
    Jetzt kamen auch die anderen über den Wall geklettert. Das Zischen hinter ihr wurde immer lauter.
    »Verteilt euch und macht euch bereit!«, brüllte Adam.
    »O Gott, o mein Gott«, stammelte Evelyn, als sie sich umdrehte und wieder hinaus auf den See schaute. Der Schwarm kam aus allen Richtungen gleichzeitig durch den Schneesturm auf sie zugerast. Golden schimmernde Augen durchbohrten sie mit ihren Blicken, und leuchtend bunte Hautsäcke flatterten an den Hälsen der schwarz geschuppten Monster.
    Evelyn legte beide Hände auf das Brett vor ihr, dann sah sie Adam, dessen Augen verstörend groß und hell aus seinem blutverschmierten Gesicht hervorstachen. Auch er machte sich bereit, das Brett mit den Speeren daran durch die Wand zu jagen.
    »Warte, bis sie ganz nahe dran sind!«, rief er ihr zu. »Sie wissen noch nicht, was ihnen blüht!«
    Evelyns Kehle schnürte sich zu, sie konnte nicht mehr sprechen, stattdessen nickte sie nur.
    Mare stand gleich neben Adam an einem weiteren Brett und fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen, während er beobachtete, wie der Schwarm viel zu schnell näher kam. Ein Stück weiter stand Jill, zu deren Füßen Ray zusammengekauert auf dem Boden lag. Beide Hände auf die leeren Augenhöhlen gepresst, kämpfte er gegen seine Schmerzen an und versuchte, nicht ohnmächtig zu werden.
    Auf der anderen Seite stand Darren und wartete. Er zitterte am ganzen Körper, und an der Art, wie er immer wieder hektisch auf den Eingang der Höhle blickte, merkte Evelyn, wie sehr er sich zusammenreißen musste, um nicht einfach davonzurennen, aber er blieb auf seiner Position. Darren drehte sich kurz zur Seite und rief April etwas zu, aber das Zischen war mittlerweile so laut, dass sie kein anderes Geräusch mehr wahrnahm, doch konnte sie Aprils Antwort an ihren Lippen ablesen:
    Ich liebe dich auch.
    Es tat ihr weh, diese rührende Szene mit

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