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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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ziehen. Richards Blut kochte. Die Frau, die da nach Adams Hand griff, war diese Lindsay, deren wunde Füße sie auf ihrer Flucht mehrere Stunden gekostet hatten und deren endloses Gejammer ihn fast um den Verstand gebracht hätte. Gleich würde sie wirklich einen Grund haben, vor Schmerzen zu schreien …
    Er zielte ein kleines Stück weiter nach links und feuerte. Eine rote Blume explodierte auf ihrer Brust, dann wurde sie nach hinten gerissen und zog den Anführer mit sich. Richard hatte sich nur für den Bruchteil einer Sekunde an der Angst in ihrem Gesicht weiden können, der Rest geschah so schnell, dass er kaum Zeit hatte, den Anblick zu genießen. Er drückte noch einmal ab, verfehlte den Mann aber und traf stattdessen Lindsays Gesicht.
    Richard brüllte vor Wut, warf die leere Patronenhülse aus und versuchte nachzuladen, aber das Magazin war leer. Mit seinem blutverschmierten Handschuh griff Richard in seine Anoraktasche, riss die Munitionsschachtel auf und zog eine Hand voll Patronen heraus. Die Hälfte davon rutschte ihm zwischen den Fingern durch und versank im Schnee, aber es blieben noch genug, um nachzuladen. Als endlich die erste Patrone im Lauf war, hatte seine Beute schon fast den Strand erreicht. Die anderen standen da und glotzten ihn mit weit aufgerissenen Augen an, erstarrt wie Hasen vor der Schlange.
    Das war zu leicht! Sie konnten doch wohl wenigstens versuchen wegzulaufen und die Sache so ein bisschen spannender machen. Was zum Teufel sollte das? Wollten sie etwa erschossen werden?
    Richard rannte los. Das Gewehr im Anschlag versuchte er, den Rücken von diesem verdammten Adam ins Visier zu bekommen.
    Warum nur starrten sie ihn so an, anstatt irgendetwas zu unternehmen? Es war, als würden sie …
    Richard blieb stehen und drehte sich um. Er kam nicht mehr dazu, auch nur einen einzigen weiteren Schuss abzufeuern. Die Echsenwesen überrannten ihn einfach, Klauen zerfetzten seine Kleidung und bohrten sich in sein Fleisch. Kurz sah er etwas unterhalb ihrer Kiefer aufleuchten, das die Farbe eines Sonnenuntergangs hatte, dann sah er nur noch Zähne. Sie gruben sich in seine Haut und rissen ganze Stücke heraus, legten die zuckenden Muskeln darunter frei. Seine Nase wurde abgerissen und verschwand in einem gierigen Schlund. Ein paar der Kreaturen stritten sich um etwas, das Richards Hand zu sein schien, was auch erklärte, warum er sein Gewehr nicht mehr abfeuern konnte. Kiefer schnappten nach seiner Schulter und zuckten wie in Raserei hin und her, bis Muskeln und Sehnen rissen und die blanken Nervenenden freilagen.
    Richard schrie. Er spürte Schmerzen, die er nie für möglich gehalten hätte, höllische Schmerzen, und das in Körperregionen, von denen er gar nicht gewusst hatte, dass dort Nerven waren, doch gleichzeitig hielten ihn genau diese Schmerzen, noch verstärkt durch seine Raserei, bei Bewusstsein. Er konnte nicht zulassen, dass er um seine Rache betrogen wurde. Diejenigen, die sich ihm widersetzt und seinen Machtanspruch in Frage gestellt hatten, mussten bestraft werden. Schmerz war lediglich eine körperliche Empfindung, Entschlossenheit hingegen war eine unerschöpfliche Kraftquelle.
    Richard riss seinen blutigen Armstumpf hoch, rammte ihn einer der Kreaturen ins Gesicht und versuchte aufzustehen, fiel aber sofort wieder hin. Er rollte sich auf die Seite und schaffte es irgendwie, sich hinzuknien, dann streckte er seine Beine, bis er aufrecht dastand. Der halb abgetrennte Arm hing schlaff an seiner Schulter, aus der zersplitterte Knochen ragten, den anderen hielt er immer noch auf die Stichwunde in seinem Bauch gepresst. Schwankend stand er da und kämpfte gegen das Schwindelgefühl, das in seinem halb ausgebluteten Körper wütete.
    »Wo ist mein Gewehr?!«, brüllte er höhnisch, während das Blut aus seinem Mund sprudelte und von seinem Kinn troff.
    Der Schwarm umkreiste ihn. Sie beobachteten Richard und blieben auf Abstand, als wären sie damit beschäftigt, sich die besten Fleischstücke herauszusuchen.
    »Soll das …?«, schäumte er, dann rollten seine Augäpfel nach oben, aber Richard zwang sich, wieder zu fokussieren. »Soll das schon alles gewesen sein?!«
    Dann sah er einen blendenden Lichtschein, vor dem selbst seine Angreifer zurückwichen. Schließlich erkannte er, dass es sich um Feuer handeln musste, und inmitten der Flammen stand ein Pferd, so riesig, wie er noch nie zuvor eines gesehen hatte. Es war vollkommen skelettiert, hatte weder Haut noch Fleisch auf seinen

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