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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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körperliche Schmerzen bereitete. Es lag eine solche Erhabenheit in der Art, wie sie gemeinsam in den Tod gegangen waren, dass er sich nichts vorstellen konnte, das ihn mehr berührt hätte. So stand er auf halbem Weg zum Eingang der Höhle und beobachtete, wie ein Teil seiner Freunde sich durch den Tunnel vorübergehend in Sicherheit brachte. Zumindest würden sie nicht direkt vor seinen Augen sterben. Es gab nichts, was er hätte tun können. Alles war viel zu schnell gegangen.
    Draußen auf dem Eis leuchtete, aufgefächert in einer Lache aus ihrem eigenen Blut, Lindsays blondes Haar, und eine rote Schleifspur führte von der Stelle, wo die Echsenmonster Richard gepackt und weggeschleppt hatten, hinaus in die stürmische Nacht. Unterdessen verteilte sich zwischen den blutigen Überresten von Menschen und Monstern der Schwarm über den Strand.
    So viele seiner Freunde waren bereits gefallen …
    Da spürte Adam, wie eine Art neues Bewusstsein sich in ihm entfaltete. Er konnte Evelyns Angst fühlen, wie sie mit Jake auf ihren Armen dastand. Während seine Schreie in ihren Ohren hallten, hielt sie ihre Augen fest auf den Ausgang des Tunnels gerichtet und hoffte, Adam würde jeden Moment daraus hervorkommen. Er sah, wie Jill neben Ray kniete, seinen Puls fühlte und dann ihre Wange über seinen Mund hielt, um zu sehen, ob er noch atmete. Missy rannte durch den Tunnel und kämpfte gegen das Verlangen an, umzukehren und Phoenix einfach mit sich zu zerren, auch wenn er sich mit Händen und Füßen dagegen wehren mochte. Doch sie rannte weiter und ging hinter ihrem improvisierten Streitwagen in Deckung, mit dem sie bald ihren letzten verzweifelten Angriff unternehmen würden.
    All diese Bilder sah Adam im Bruchteil einer einzigen Sekunde, dann verblassten sie und wurden verdrängt von einer Angst, die jedes auch noch so kleine Haar an seinem Körper senkrecht in die Höhe stehen ließ. Er drehte sich um und schaute wieder zum Eingang der Höhle, wo Phoenix und Mare unbeweglich nebeneinanderstanden, und ihre Gesichter sagten ihm, dass sie das Gleiche fühlten wie er … Auch sie spürten diese gespenstische Ruhe, bevor der Sturm mit all seiner Gewalt über sie hereinbrechen würde, diese unheimliche Stille in dem letzten Sekundenbruchteil, bevor die erste kleine Kernspaltung des Zünders den Uranmantel der Bombe sprengt.
    Selbst der Schnee peitschte nicht mehr waagrecht durch die Luft, sondern rieselte geradezu friedlich von oben auf sie herab. Die Echsenarmee stand regungslos da und musterte sie mit ihren Blicken, dann verdrehten sie erwartungsvoll die Köpfe und schauten über ihre Schultern hinaus auf den See. Über ihnen blitzte zwischen den Abertausenden von Schneeflocken immer wieder das weiße Gefieder der Falken auf, um schon in der nächsten Sekunde wieder von der Dunkelheit der Nacht verschluckt zu werden. Und zum ersten Mal seit einer schieren Ewigkeit hörte Adam das Geräusch von Wellen draußen auf dem See. Es war, als halte der ganze Kosmos seinen Atem an in Erwartung dessen, was unweigerlich kommen würde.
    Eine große Stille senkte sich über alles, selbst über die noch im Todeskampf zappelnden aufgespießten Reptilienmonster, deren weißliches Blut aus ihren Körpern strömte, während sie mit glasigen Augen ehrfürchtig nach Osten blickten.
    Der Blizzard schien einen Korridor freizugeben, und ein erstickter Lichtschein erhellte den Horizont, dann sah Adam Flammen, die sich deutlich vom Nachthimmel abhoben. Sie loderten in einem übernatürlichen Feuer, das keinen Rauch entwickelte, nur Hitze, die Hitze der Hölle, und sie verbreiteten den stechenden Gestank von Schwefel. Inmitten dieser Flammen zeichnete sich eine Kontur ab, die sich mit langen, mächtigen Schritten über das Eis auf sie zubewegte. Der Kopf eines großen Pferdes wurde erkennbar, darunter ein massiver Körper mit dicken, knochigen Beinen. Nein, das ganze Tier bestand aus nichts als Knochen, und es kam stetig näher. Es war eindeutig der Ursprung des Feuers, denn Flammen schlugen aus seinen Hufen und den weiß glühenden Augenhöhlen.
    Sein Reiter war ein wahrer Gigant, breitschultrig und mindestens um einen Kopf größer als jeder Mensch, den Adam jemals zu Gesicht bekommen hatte. Ein ehrfurchtgebietender Berg von einem Mann. Er trug eine eng anliegende Rüstung, deren verschiebbare Segmente an den Panzer eines Gürteltieres erinnerten. Eine glatte Maske mit zwei gezackten Sehschlitzen darin verdeckte das Gesicht. Lange, spitze Stacheln

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