Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
Vom Netzwerk:
hinterlassen, und das Pueblo sah aus, als könnte schon ein kräftiger Windstoß es zum Einsturz bringen, aber vielleicht würde es ihnen ja tatsächlich gelingen, es zu ihrem neuen Zuhause zu machen.
    Evelyn sah sich weiter um, bis sie schließlich die Felsentreppe entdeckte, dann ging sie hinunter. Unten angekommen schlug die Kreidezeichnung an der Wand sie sofort in ihren Bann – abrupt blieb sie stehen und konnte nur noch staunen. Die darauf abgebildeten Menschen waren keine Strichmännchen oder anderweitig vereinfachte Darstellungen, wie sie sie von anderen Höhlenmalereien kannte, sondern fast fotorealistische Porträts. Ihre Kunstfertigkeit war beeindruckend.
    Zwischen den Stalagmiten hindurch ging sie zunächst zur Feuerstelle, um ihre Hände etwas zu wärmen, bevor sie die anderen fragen würde, wo sie helfen sollte.
    »Wir haben uns schon gefragt, ob du abgehauen bist«, sagte April, während sie mit einem übergroßen Kochlöffel den wunderbar duftenden Eintopf umrührte.
    »Ich habe nur etwas nachgesehen.«
    »Und was?«
    »Nichts Besonderes. Ich hab draußen am Strand so ein paar …«
    »Ach ja, genau. Dann bist du also die Pflanzen-Lady«, sagte April mit einem Lächeln.
    »Wie bitte … das versteh ich nicht ganz.«
    »Hast du dich noch gar nicht in dem Wandgemälde entdeckt?«
    Evelyn schüttelte den Kopf.
    »Dann komm mal mit«, sagte April und lehnte ihren Löffel vorsichtig gegen den Rand des Topfes. Sie wischte sich noch schnell die Hände an der Hose ab, dann nahm sie Evelyn an der Hand und zog sie mit sich.
    Fasziniert starrte Evelyn auf die Kreidezeichnung, während sie darauf zugingen. Das Gemälde war unglaublich groß. Es war immer noch in großen Teilen von flackernden Schatten verhüllt, aber je näher sie kamen, desto mehr Details konnte sie erkennen. Von oben hatte es ausgesehen, als wäre der Hintergrund des Bildes vollkommen schwarz, aber jetzt traten gelbe Augen, durchzogen von dunklen Schlieren, aus dieser Dunkelheit hervor. Evelyn hatte solche Augen noch nie zuvor gesehen, aber der Anblick jagte ihr eiskalte Schauer über den Rücken.
    »Siehst du?«, sagte April und blieb direkt vor der Malerei stehen. »Du bist die Pflanzenfrau.«
    »O mein Gott«, keuchte Evelyn. Es war, als blickte sie in einen Spiegel. Auf dem Arm trug sie einen Korb, über dessen Rand Seetangblätter hingen, auch wenn die Blätter eigentlich viel zu breit waren und eher aussahen wie Salat. Sie fuhr mit den Fingern durch den Staub auf dem Bild, aber die Kreide löste sich sofort von der Wand und blieb an ihren Fingern kleben.
    »Hey, seht euch das mal an!« Das war Mares Stimme. Als sie sich umsahen, entdeckten sie ihn, wie er gerade den Kopf aus der Dachluke einer der Kammern des Pueblos streckte. Er hielt etwas in die Höhe, das aussah wie ein faustgroßer, schwarzer Stein.
    »Was hast du da?«, fragte Adam und legte zwei Arme voll von den angespitzten Holzstäben auf den Boden. Er nahm Mare den Stein ab und half ihm, durch die Luke ins Freie zu klettern. Dann legte er den Stein weg und inspizierte seine Hand. Sie war bedeckt von einem staubigen, schwarzen Puder.
    »Na … wie würden Sie das denn nennen?«, fragte Mare in freudiger Erwartung, aber Adam zuckte nur mit den Achseln. »Wissen Sie denn nicht, was das ist?«
    »Anscheinend nicht. Aber du kannst mich gerne aufklären.«
    »Das ist Kohle. Sie wissen schon, leicht brennbar, erzeugt Hitze, brennt ziemlich lange.«
    »Wie viel davon hast du entdeckt?«, fragte Adam, während er den Brocken in seinen Händen hin und her drehte.
    »Der Raum ist fast bis oben hin voll damit.«
    »Im Ernst?«
    Mare grinste. »Es dürfte mehr als genug sein, um über den Winter zu kommen.«
    Zu Mares großer Überraschung begann Adam lediglich, auf seiner Unterlippe herumzukauen.
    »Ich hätte gedacht, Sie wären ein wenig mehr erfreut über diese Nachricht«, sagte Mare schließlich.
    »Ich begreife es nur noch nicht ganz.«
    »Nun, wir zünden sie an und …«
    »Darum geht es nicht«, unterbrach Adam und gab Mare das Stück Kohle zurück. Er drehte sich um und blickte hinaus in die Höhle. »Findest du nicht, dass das alles ein bisschen zu gelegen kommt?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Das Pueblo. Die Wandmalerei. Die Kohle. Alles. Woher sollte jemand vor Hunderten von Jahren gewusst haben, dass wir eines Tages hierherkommen würden, und weshalb haben sie sich all diese Mühe gemacht und alles bis ins Detail perfekt vorbereitet?«
    »Nun ja, einem geschenkten Gaul

Weitere Kostenlose Bücher