Sturm der Seelen: Roman
Armaturenbrett bekriegten sich ständig um das bisschen Raum. Erschwerend kam hinzu, dass Garrett ständig aufpassen musste, mit seinem Knie nicht gegen den Schalthebel zu stoßen, und seine schmerzenden, breiten Schultern so weit wie möglich nach vorne schob, um den anderen auch etwas Platz zu lassen. Carrie saß zwischen ihm und ihrem Mann eingepfercht, die Beine an die Brust gezogen und die Füße auf dem Sitz, damit Gray problemlos den Schaltknüppel erreichen konnte.
Straßenschilder, dick mit Eis überzogen, zogen an ihnen vorüber. Man konnte sie kaum noch lesen, nur ein paar Buchstaben hier und da. Sie wussten jedoch, dass sie in die richtige Richtung fuhren und so oder so irgendwann in Salt Lake City ankommen würden, es war nur eine Frage der Zeit.
Richard blickte in den Innenspiegel. Der Bus der Jugendgruppe fuhr etwa fünfzig Meter hinter ihnen, auf jedem Sitz saßen drei Leute, und der Mittelgang war ebenfalls bis oben hin voll mit Passagieren. Fast alle hatten hineingepasst, die wenigen Übrigen, die mit ihren Kleinbussen und Pick-ups die Nachhut bildeten, transportierten die Motorräder, mit deren Sprit sie die Tanks der Vierrädrigen befüllt hatten. Sie fuhren in einer geraden Linie hintereinander her, der Hintere immer in der Spur des Vordermanns. Da sie weder Scheinwerfer noch Rücklichter eingeschaltet hatten, war es wahrscheinlich nicht allzu leicht, das vorausfahrende Fahrzeug durch das dichte Schneetreiben hindurch im Blick zu behalten, dachte Richard, aber das war nicht sein Problem. Er war voll und ganz damit beschäftigt, abwechselnd die Landschaft zu beiden Seiten und den Horizont vor ihnen nach Anzeichen für einen geeigneten Haltepunkt abzusuchen.
Sie brauchten ein Gebäude, in das alle neunundsechzig hineinpassen würden, das aber gleichzeitig noch klein genug war, um es leicht zu beheizen. Was kam also in Frage? Ein kleines Apartmenthaus vielleicht? Es durfte nicht zu hoch sein, weil sie es vom Dach aus verteidigen können mussten. Drei Stockwerke waren in etwa das Maximum, wenn ein ungeübter Schütze ein Ziel auf der Straße treffen sollte. Es durfte auch nicht völlig alleine stehen. Es ringsherum in alle vier Himmelsrichtungen zu verteidigen war praktisch unmöglich. Sie mussten ein Gebäude finden, von dem aus man die Umgebung möglichst uneingeschränkt überblicken konnte, das aber selbst nur aus möglichst wenigen Richtungen angegriffen werden konnte. Damit fielen die Vorstädte und die dicht bebauten Bereiche der City schon mal aus. Zwischen den vielen Gebäuden dort würden sie eine anrückende Armee erst entdecken, wenn sie praktisch schon vor der Tür stand. Was blieb also noch? Ihre Festung musste in der Nähe eines großen Lebensmittel- oder zumindest Supermarkts mit einem gut gefüllten Lager liegen. Außerdem brauchten sie einen Baumarkt in der Umgebung, am besten einen dieser Megastores wie Home Depot oder etwas Ähnliches. Damit hätten sie fürs Erste alles, was sie brauchten, außer Wasser. Sie könnten zwar Schnee schmelzen und ihn abkochen, aber das wäre zeitaufwendig und arbeitsintensiv. Es wäre machbar, zweifellos, aber einfacher wäre es, wenn sie etwas fänden, wo es bereits größere Trinkwasservorräte gab, am besten in Kombination mit einer noch funktionierenden Aufbereitungsanlage. Gab es ein derartiges Gebäude überhaupt?
»Schon rausgefunden, wo wir hinmüssen, Boss?«, fragte Gray. Links und rechts des Highways tauchten immer mehr Häuser und Rastplätze auf, weshalb Gray sich dachte, dass es nicht mehr weit sein konnte, außerdem hatte Richard noch kein einziges Wort von sich gegeben, seit sie aufgebrochen waren.
Richards Auftreten durfte nichts anderes ausstrahlen als nur dies eine: Entschlossenheit. Er konnte es sich nicht leisten, dass irgendjemand seine Autorität in Frage stellte. Niemals. Unentschlossenheit war ein Zeichen von Schwäche, die unweigerlich zu Debatten führen würde. Es durften keine neuen Untergruppen entstehen, das würde ihr Vorankommen nur verlangsamen. Also musste er antworten, und die Antwort musste gut sein.
Ein Wegweiser rauschte an ihnen vorbei, unter der Eisschicht darauf war gerade noch das Hinterteil eines Flugzeugs zu erkennen.
»Folgen Sie den Wegweisern zum Flughafen.«
Gray musterte Richard aus dem Augenwinkel.
»Wir können doch nicht im Flughafen wohnen«, sagte er. »Wie stellen Sie sich das vor? Sollen wir uns alle in einem Terminal einquartieren und auf dem Boden schlafen?«
»Es ist unmöglich,
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