Sturm der Seelen: Roman
Lächeln.
Nach und nach nahm Jill auch ihre weitere Umgebung wieder wahr und sah, dass fast alle um sie herumstanden.
»Hattest du wieder eine Vision?«, fragte April.
Jill konnte nur nicken.
»Was hast du gesehen?«, fragte Darren.
»Dasselbe wie beim letzten Mal. Nur …« Jill sah sich um, bis ihr Blick an Rays Augen hängen blieb. Blut strömte aus den schwarzen Höhlen, doch als Jill blinzelte, war das Bild wieder verschwunden.
»Nur was ?«, fragte Ray, der kein gutes Gefühl hatte bei der Art, wie sie ihn anstarrte.
Jill hatte so viel Angst, dass sie nicht mehr sprechen konnte.
»Sie wollen mich«, sagte Jake und trat hinter Gray hervor. Die beiden waren herbeigeeilt, als Mare um Hilfe gerufen hatte. »Sie werden euch alle umbringen, um mich zurückzuholen.«
»Niemand wird getötet«, sagte Gray. »Und niemand wird dich irgendwohin bringen.«
Jake lächelte traurig. »Sie werden nicht aufhören, bis sie mich ganz für sich allein haben. Der böse Mann braucht mich, damit er über die anderen herrschen kann. Ohne ihn sind sie verlorene Seelen.«
»Wer ist dieser böse Mann?«, fragte Adam.
»Der Mann, der meine Mama getötet hat und auch die anderen in den Tod führen wird.«
»Richard?«
Jake nickte. »Er würde sie alle opfern, nur um mich zurückzubekommen.«
XXXI
SALT LAKE CITY
Richard starrte auf sein Spiegelbild. Das flackernde Licht der Laternen betonte die klaffenden Wunden auf seinen Wangen nur noch mehr. Er befühlte die Schnitte mit seinen Fingerspitzen, und sein Zorn steigerte sich zur Raserei. Das würde Narben geben, daran konnte kein Zweifel bestehen. Die verschorften Wunden waren an den Rändern wieder aufgeplatzt, und die dadurch entstandenen dunklen Risse ließen ihn aussehen wie ein wahres Monster.
Richard brüllte vor Wut, dann zerschlug er mit seiner Faust den Spiegel. Glassplitter regneten auf die Ankleidekommode.
»Alles okay?«, fragte Garrett, der vom Flur hereingeplatzt kam.
Richard drehte sich um, Blut tropfte von seiner Hand, und ein Kranz von roten Spritzern umgab den Spiegel. Er schüttelte seine schmerzende Hand, sodass das Blut bis in Garretts Gesicht spritzte, doch der zuckte mit keiner Wimper.
»Sind alle so weit?«, fragte Richard.
»Was ist mit Ihrer Hand … ist alles in Ordnung?«
»Ich sagte, sind alle so weit?«, brüllte Richard, und Speichel spritzte von seinen Lippen.
»Ja«, antwortete Garrett gekränkt. »Sie sind unten in der Lobby und warten auf Sie.«
Richard lächelte. Er legte Garrett beide Hände auf die Schultern und drückte sie freundschaftlich, und Garrett konnte spüren, wie Richards Blut durch seine Jacke drang, bis auf seine Haut.
»Ich zähle auf Sie, Garrett«, sagte Richard mit rasselnden Atemzügen. »Sie wissen ja, Sie sind meine Nummer eins.«
Garrett nickte nur, unfähig, seinen Blick von Richards Gesicht loszureißen.
»Wenn ich zurückkomme, erwarte ich, dass dieses Hotel eine einzige Festung ist, die selbst einem Nuklearangriff standhalten würde.«
»Sie wissen, dass Sie sich auf mich verlassen können.«
»Natürlich«, erwiderte Richard, und seine Gesichtszüge glätteten sich etwas. »Nicht eine einzige Sekunde lang würde ich an Ihnen zweifeln.«
Dann nahm er seine Hände von Garretts Schultern und klopfte ihm auf den Rücken.
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht Ihre Hand verbinden wollen, bevor Sie aufbrechen?«
»Ich sagte, mir fehlt nichts!«, brüllte Richard los, senkte seine Stimme aber sofort wieder. »Wir müssen dieses Kind zurückholen, bevor der Angriff beginnt. Wir haben keine Zeit zu verlieren, schon gleich gar nicht wegen dieser bescheuerten Hand.«
Garrett nickte und ging hinaus auf den Flur. Richard war wieder allein und sah auf seine Hand, wie das Blut aus seinen aufgeschnittenen Knöcheln quoll. Dann tauchte er den Zeigefinger seiner linken Hand in die Flüssigkeit und malte damit einen Streifen unter jedes Auge.
»Kriegsbemalung.« Kichernd ging er über den Flur und lief die Treppe hinab zur Lobby.
Acht Männer warteten dort auf ihn, dick in mehrere Lagen Kleidung gehüllt, und jeder von ihnen mit einem Schal über dem Gesicht, sodass kaum mehr als die Augen zu sehen war. Jeder von ihnen hatte ein Gewehr über der Schulter, und durch die Taschen ihrer Jacken zeichneten sich die Umrisse von reichlich vielen Schachteln Munition ab.
»Wir kommen mit dem Kind zurück oder gar nicht«, sagte Richard.
Die Männer nickten ernst. Die Schwere von Richards Worten war ihnen voll
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