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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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werden, in der Sicherheit und Zuversicht, die unser neues Zuhause verspricht. Sie wollten mehr, und ich … ich habe es nicht rechtzeitig erkannt. Meine Visionen mahnten mich zur Vorsicht, aber ich schlug die Warnungen aus. Ich hatte geglaubt, wir könnten uns als Individuen ein und derselben Spezies zusammenschließen und, von gemeinsamer Hoffnung getragen, den Weg in die Zukunft beschreiten. Ich ging fälschlicherweise davon aus, dass wir, die wir von dem Massenschlachten, dem fast unsere gesamte Rasse zum Opfer gefallen ist, verschont blieben, alle gute Menschen sind und dass wir uns gemeinsam den Mächten des Bösen, die unseren Untergang betreiben, entgegenstellen könnten. Ich hatte unrecht. Ich habe euer aller Vertrauen enttäuscht.«
    Richard senkte den Kopf und tat so, als würde er sich über die Nase fahren, stattdessen klemmte er jedoch zwischen Daumen und Zeigefinger ein paar Nasenhärchen ein und riss sie sich mit einem Ruck aus. Während um ihn herum das Gemurmel begann, ließ er seinem Publikum etwas Zeit, nicht nur, um sich zu fragen, was er denn so furchtbar falsch gemacht habe, sondern auch, damit sie mit ihm fühlten, da er doch alle Schuld allein auf sich nahm. Und als er seinen Kopf wieder hob, standen Tränen in seinen Augen.
    »Diese anderen, die beschlossen hatten, in ihrer Höhle zu bleiben, entsandten einen Spion in unsere Mitte, und wir nahmen ihn mit offenen Armen bei uns auf. Ich bin sicher, Sie alle haben ihn gesehen, er gab sich wie einer von uns, doch unter seiner Tarnung war er ein hinterhältiger Teufel, ausgesandt, um uns zu infiltrieren und uns ins Chaos zu stürzen. Sein Auftrag war es, mich zu töten, den Weg, den wir beschreiten, zu zerstören. Sergeant Peckham, unser gefallener Sicherheitschef, war es, der seinen ruchlosen Plan entdeckte. Dieser arme, mutige Mann. Er stellte sich dem Attentäter entgegen, direkt vor der Tür zu meinem Zimmer, wo ich gerade versuchte, einen Plan für die bevorstehende Schlacht auszuarbeiten, und es kam zu einem Handgemenge. Von dem Lärm aufgeschreckt, eilte eine junge Mutter namens Susan Peckham zu Hilfe und wurde von einer Kugel getroffen, als sich in dem Tumult ein Schuss löste. Als ich den Schuss hörte, stürzte ich aus meinem Zimmer und sah, wie der Sergeant von dem Gewehr abließ, um wenigstens Susans Leben zu retten. Ich eilte ihm zu Hilfe und mit mir mein zuverlässigster Vertrauter, Garrett. Durch unser plötzliches Erscheinen verunsichert, rannte der Attentäter in eins der Zimmer und kam wenige Augenblicke später mit Susans kleinem Sohn wieder heraus – er benutzte das unschuldige Kind als einen lebendigen Schutzschild.«
    Ein Raunen ging durch die Menge, auf ihren Gesichtern spiegelte sich Abscheu und Verachtung ob der geschilderten Ereignisse.
    »Keiner von uns wagte es, sich zu bewegen, denn was wären wir bloß für Menschen, das Leben eines kleinen Kindes aufs Spiel zu setzen? Damit hätten wir nichts anderes getan, als uns auf dieselbe Ebene zu begeben wie dieser Killer, hätten uns zu Monstren gemacht, wie er selbst eines ist. Also mussten wir tatenlos zusehen, wie er sich davonmachte, und die ganze Zeit über beschützte Garrett mich mit seinem eigenen Körper als Kugelfang. Als sich endlich eine Gelegenheit bot, war es Peckham, der sie als Erster ergriff und den Mann den Flur hinunter verfolgte, wofür er schließlich mit dem höchsten Preis bezahlte, den man einem Menschen für seinen Heldenmut nur abverlangen kann: mit seinem Leben. Uns Überlebenden blieb von da an gar keine andere Wahl, als den Dämon ziehen zu lassen. Er hatte nicht nur seine Entschlossenheit zu töten, unter Beweis gestellt, sondern eine nicht zu beherrschende Gewalttätigkeit, die geradezu danach verlangte. Und als der Feigling, der er ist, zerstörte er auf seiner Flucht auch noch das Eisentor, das unsere Zuflucht vor Eindringlingen schützt.«
    »Hey!«, rief jemand. »Ich hab den Kerl gesehen!«
    »Ich auch!«
    Lautes Gemurmel erhob sich, als seine Zuhörer untereinander ihre Versionen dessen, was sie von den Ereignissen mit eigenen Augen gesehen hatten, austauschten. Einige hatten gesehen, wie der Mann einen kleinen Jungen durch die Lobby zerrte, andere hatten beobachtet, wie er das Kind in einen Truck steckte, der draußen bereits mit laufendem Motor wartete. Genau wie Richard es erwartet hatte, wurden die Geschichten immer dramatischer, weil jeder versuchte, die Version des anderen noch zu übertreffen, bis schließlich die Ersten

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