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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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als seine Geschwindigkeit den Sichtverhältnissen anzupassen und eventuellen Hindernissen auszuweichen, so gut es ging. Er zog seinen Kopf noch weiter ein, damit der eisige Fahrtwind die wunde Haut um seine Augen nicht ganz in Fetzen riss, und versuchte, nicht an seine schmerzenden Zehen zu denken und an die Möglichkeit, dass sie eventuell bereits schwarz sein könnten, wenn sie ihr Ziel erreichten.
    Ein Blick in den Seitenspiegel bestätigte ihm, dass die anderen hinterherhinkten. Sie fuhren direkt hintereinander, weshalb er nur den Scheinwerfer direkt hinter sich sehen konnte, und selbst der verschwand immer wieder in dem dichten Schneetreiben. Richard tippte mit dem Fuß ein paarmal aufs Bremspedal, um sie mit dem roten Blinken der Bremsleuchten ein bisschen anzutreiben, aber der Effekt, der sich einstellte, schien eher gegenteilig zu sein: Der Scheinwerfer hinter ihm verschwand endgültig in der Dunkelheit. Richard blieb stehen, um zu warten, bis sie ihn endlich einholten. Als er jedoch den Eindruck bekam, dass das nicht passieren würde, wendete er und fuhr seiner eigenen Spur folgend wieder zurück. Als die Scheinwerfer der Nachzügler endlich wieder in Sicht kamen, sah er an den dunklen Umrissen, dass die anderen mittlerweile abgestiegen waren und auf etwas zu warten schienen.
    »Was zum Teufel macht ihr da?«, brüllte Richard, sprang von seinem Motorschlitten und stampfte wütend auf sie zu.
    »Sie haben uns doch ein Signal zum Anhalten gegeben«, sagte einer der Männer mit eisigem Atem, der durch das Loch in seiner Skimaske drang.
    »Ich wollte, dass ihr mehr Gas gebt!«
    »Wir fahren jetzt schon seit Stunden, ohne eine einzige Pause. Meinen Sie nicht, dass wir uns mal kurz ausruhen sollten?«, sagte ein anderer und kippte sich einen Schluck Wodka in den Rachen. Dann reichte er die Flasche an Richard weiter, der ebenfalls einen Schluck nahm und kurz husten musste. Eigentlich hatte er die Männer zusammenstauchen wollen, weil sie kostbare Zeit verschwendeten, aber er wollte etwas von ihnen, etwas, für das er einige Überzeugungsarbeit würde leisten müssen.
    Er wollte, dass sie für ihn töteten.
    »Sie haben recht«, sagte er schließlich. »Ich habe Sie alle wohl ein bisschen zu hart rangenommen.«
    »Ein bisschen?«, fragte einer, und der Rest lachte.
    Richard biss sich so fest auf die Zunge, dass er spürte, wie sein Mund sich mit warmer Flüssigkeit füllte.
    »Ich muss nur ständig an Jake denken«, erwiderte er und zog den Riemen seines Gewehrs noch fester um die Brust. »Gott allein weiß, was sie dem armen Jungen gerade antun … oder ob er überhaupt noch lebt.«
    Das machte ihre Köpfe wieder klar, ihr Lachen verblasste augenblicklich zu einer lange zurückliegenden Erinnerung.
    »Wenn sie ihm nur ein einziges Haar gekrümmt haben, sind sie tot«, kam eine Stimme von außerhalb des Lichtkegels. Richard erkannte die Stimme. Sie gehörte dem Mann, der sie im Hotel zu diesem Kreuzzug angestachelt hatte. »Das schwöre ich.«
    »Sie sind ein guter Mann …«
    »Bruce.«
    »Sie sind ein guter Mann, Bruce.«
    »Das hat nichts mit gut zu tun. Der Junge erinnert mich an meinen Sohn. Zumindest sieht er ihm ähnlich. Als meine Alte mich verließ, nahm sie unseren Jungen mit, und der Typ, mit dem sie durchgebrannt ist, hat sie geschlagen, beide. Nur dass er es bei meinem Sohn übertrieben hat.«
    Alle schwiegen betroffen.
    »Das tut mir leid«, sagte Richard schließlich und versuchte, den Blick des Mannes zu interpretieren, aber seine Augen lagen in den Schatten verborgen.
    »Mir auch. Ich hatte nie die Gelegenheit, es dem Schwein heimzuzahlen … bis jetzt.« Er breitete seine Arme aus, als wolle er sie daran erinnern, an welchem Abgrund die Menschheit stand, dann ballte er die Hände zu Fäusten und ließ seine Arme wieder sinken. »Ich glaube, das Schicksal gibt mir auf diese Weise nochmal eine Chance, mich zu revanchieren.«
    Richard nickte und blickte in die Richtung, in der sie unterwegs waren. In etwa zehn Metern Entfernung verlief eine Linie quer zu den Spuren seines Motorschlittens. Neugierig ging er darauf zu, und mit jedem Schritt wurde die Linie immer breiter, aber erst, als er direkt davorstand, begriff er, was es war. Vorsichtig setzte er einen Stiefel darauf und hörte leises Plätschern von Wasser und das Knistern von brechendem Eis. Der flache Untergrund war keine Wiese und auch keine Salzsenke, sie waren bereits am Ufer des Sees, und der war mittlerweile zugefroren.
    »Nun, man weiß

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