Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
vielversprechend, hielt bei ihm doch jede Linie einer kritischen Prüfung stand. Und auch die Dreiecke der Stabilität, die das aufwendige Muster fest zusammenschmiedeten, fanden Alghas Billigung.
»He! Was tust du da?«, erklang mit einem Mal eine verärgerte Stimme neben ihr.
»Sachte, Axt«, mischte sich Krächz ein. »Sie malt doch nur ein bisschen rum.«
»Wo hast du eigentlich dein Hirn verloren?!«, polterte Axt und deutete auf das Mehl. »Das sind die üblichen Späße von Schreitenden! Das sind Zeichnungen von Zaubern!«
»Und wenn schon! Sie ist von ihrem Funken abgetrennt, falls du das vergessen haben solltest. Lass sie also pinseln, dann tut sie wenigstens niemandem was. Oder wär’s dir lieber, wenn sie dir wieder die Visage aufkratzt?«
Die beiden verhandelten in einer Weise über Algha, als sei diese gar nicht anwesend oder könne ihre Sprache nicht verstehen.
»Mathen hat diese Brut von Zauberinnen auch unterschätzt«, zischte Axt. »Und wo ist er jetzt?! Unter der Erde.«
Nach diesen Worten verwischte er sorgsam die Zeichnung im Mehl. »Dass du mir ja nie wieder was zeichnest!«, fuhr er Algha an.
Als die Dämmerung hereinbrach, fingen die Hunde mit einem Mal zu bellen an, während das Pferd losschnaubte.
Sofort eilte Axt zum Fenster.
»Er ist da«, teilte er Krächz mit.
»Dann nimm ihn in Empfang.«
Das tat Axt.
»Ich hoffe, du bist zur Vernunft gekommen«, wandte sich Krächz an Algha. »Wenn nicht, bleibt dir jetzt keine Zeit mehr, es dir anders zu überlegen.«
Obwohl sich in ihrem Magen ein eisiger Klumpen bildete und ihr Herz für eine Sekunde aussetzte, tat sie alles, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen.
Als Dawy das Zimmer betrat, hatte er für die Gefangene nur einen flüchtigen Blick, für Krächz nur ein Nicken übrig. Er bewegte sich wesentlich schneller als bisher.
»Warum hat das so lange gedauert?«, fragte Krächz, während er dem Nekromanten den Mantel abnahm.
»Du wirst dir doch wohl nicht etwa Sorgen gemacht haben?«, erwiderte dieser grinsend. »Und jetzt würde ich dich bitten, dir zusammen mit Axt ein wenig die Füße zu vertreten.«
»Das Essen steht im Ofen«, sagte Krächz, bevor er die Küche verließ.
»Sei gegrüßt, Schreitende«, wandte sich der Nekromant an Algha und setzte sich ihr gegenüber an den Tisch.
Diese sah ihn bloß verächtlich an.
»Bedauerlicherweise konnte ich dich nicht eher besuchen. Aber ich vermute, dieser Umstand dürfte dich nicht allzu sehr betrübt haben«, säuselte er und brach in schallendes Gelächter aus.
»Ich spüre deinen Funken nicht. Genau wie damals, auf der Straße nach Burg Donnerhauer.«
»Ich stecke eben voller Überraschungen«, erklärte er leichthin. »Bist du jetzt bereit, mit mir zu reden?«
»Das kommt ganz darauf an, worüber«, antwortete sie, wobei sie hoffte, ruhig und gelassen zu wirken. »Ich würde zum Beispiel zu gern erfahren, warum du in Burg Donnerhauer eingedrungen bist. Schließlich hättest du mich mühelos auf der Straße in deine Gewalt bringen können.«
Seine kalten Augen verfinsterten sich.
»Jedem unterläuft mal ein Fehler«, räumte er dennoch ein. »Auf der Straße habe ich deinen Funken nicht wahrgenommen. Als ich ihn dann bemerkte, war es leider zu spät, da hattest du die Burg bereits erreicht. Sag mir also, wo der Heiler ist, und wir können einen Schlusspunkt unter diese Angelegenheit setzen.«
»Unter diese Angelegenheit? Oder unter mein Leben? Schließlich brauchst du mich dann ja nicht mehr. Nur habe ich noch nicht die Absicht zu sterben.«
»Der Wunsch zu leben ist der Jugend stets zu eigen. Deshalb schlage ich dir einen Ausweg vor, der dich wie mich zufriedenstellt. Antworte, dann lasse ich dich laufen.«
»Du verlangst ja wohl nicht etwa, dass ich einem Nekromanten glaube?!«, fragte Algha, indem sie all ihre Verachtung und ihren Hass in diese Worte legte.
»Das wirst du wohl müssen.«
»Damit es mir so ergeht wie Rayl?«
»Tut er dir etwa leid?«
»Kein bisschen.«
»Mir auch nicht«, gestand er offen. »Also, sag mir, wo der Heiler und die Verdammte stecken, bring mich zu ihnen, und ich lasse dich frei.«
»Ich habe schon gehört, dass einige Sdisser wahnsinnig sind«, behauptete sie lachend. »Aber ich hätte nicht gedacht, dass sie
derart
wahnsinnig sind. Ein Heiler und eine Verdammte? Ein solches Paar triffst du höchstens im Reich der Tiefe. Das wäre allerdings genau der Ort, an den man dich schicken sollte.«
»Nur fürchte ich, dass du es
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