Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
einreißen!«
Algha versuchte es mit Hunderten von Geflechten, kam der Lösung auch jedes Mal ein wenig näher – bis sie dann jedoch aufwachte, ohne ihren Funken angerufen zu haben.
In dieser Nacht schlug die Nekromantin mit der schwarzen Lanze zu, sodass Alghas ganzer Körper von Schmerz gepeinigt wurde. Doch als sie bereits fürchtete, ihren letzten Atemzug zu tun, spürte sie mit einem Mal ihren Funken. Prompt wachte sie auf.
Durch das mit Raureif überzogene Fenster fiel fahles Morgenlicht herein. Im Hof kläfften die Hunde. Ihr Gebell klang unangenehm metallisch.
In Alghas Schläfen pochte Schmerz, ihr Kopf war so schwer, als hätte sie überhaupt nicht geschlafen. Sie setzte sich auf, wickelte sich in eine der Decken ein, erlitt jedoch gleich darauf einen Hustenanfall. Ihre Brust brannte schier, sodass sie die nächsten Minuten keinen klaren Gedanken mehr zu fassen vermochte. Sie hatte sich übel verkühlt. Doch wie sollte sie wieder gesund werden, wenn sie gehalten wurde wie ein Stück Vieh?
Sie erhob sich und ging zum Tisch, auf dem eine Schale mit Wasser stand. Erstaunlicherweise war es über Nacht nicht gefroren. Obwohl sie furchtbaren Durst hatte – anscheinend bekam sie Fieber –, konnte sie sich nicht dazu durchringen, das eiskalte Wasser zu trinken.
Das Gekläff der Köter dröhnte ihr weiter in den Ohren, während jemand mit einer stählernen Gerte auf ihren Nacken einzuschlagen schien. Gedankenverloren rieb sie sich die Stirn und lauschte auf das Gespräch der Männer draußen im Hof, konnte wegen der bellenden Hunde aber leider nicht jedes Wort verstehen. Ein Lachen und Schritte erklangen, anschließend hantierte jemand mit dem Schlüssel im Schloss herum. Sofort wich sie ein paar Schritte zurück.
Krächz trat ein.
»Bist du wach? Gut. Dann komm mit!«, sagte er, um dann, als er ihr Zögern bemerkte, hinzuzufügen: »Komm lieber freiwillig. Zwing mich nicht, dich an Armen und Beinen zu fesseln und aus der Scheune zu schleifen.«
Schweigend ging Algha neben ihm her und unterdrückte den heftigen Wunsch, ihm die Faust ins Gesicht zu rammen. Sie wusste, dass sie mit einem Schlag nichts ausrichten würde. Das hatte sie bereits versucht. Und nach wie vor staunte sie darüber, dass er ihr damals nicht auf der Stelle die Hand gebrochen hatte.
Die Sonne hatte sich kaum über den mächtigen Tannen erhoben, da war sie auch schon wieder von den tief hängenden Wolken geschluckt worden, sodass ein grauer und unfreundlicher Morgen Algha begrüßte.
Krächz stieß ihr mit harter Hand in den Rücken: »Schlaf nicht ein!«
Axt stand vor dem Haus und beobachtete sie. Seine Wangen verschwanden allmählich unter dem Bart, doch noch immer ließen sich darunter zahlreiche Kratzer erkennen, fast, als hätte ein Rudel wilder Katzen ihn angegriffen. In Wirklichkeit gab es nur eine Katze, und die hatte ihn attackiert, als Axt meinte, sie würde schlafen. Algha war ihm auf den Rücken gesprungen, hatte ihm die Fingernägel ins Gesicht getrieben und ihm ins Ohr gebissen, ehe er sie wieder von sich abschütteln konnte.
Ohne viel Federlesens hatte er ihr daraufhin fast die Seele aus dem Leib geprügelt. Doch selbst als sie schon auf dem Boden lag, hatte sie noch um sich geschlagen. Krächz hatte auf einem Hocker Platz genommen und das Schauspiel unter schallendem Gelächter verfolgt, ohne Anstalten zu machen, seinem Kumpan zu helfen. Der hatte schließlich zu einem Eimer gegriffen und Algha mit eiskaltem Wasser übergossen.
Das Gebell der Hunde riss Algha schließlich aus ihren Erinnerungen. Axt brüllte die Kläffer an und ging zum Pferdestall.
Krächz brachte Algha ins Haus, in dem es so warm und gemütlich war, dass sie einen erleichterten Ausruf kaum zu unterdrücken vermochte. Auf den Bänken spielten ein Junge und ein Mädchen, doch bei ihrem Eintreten verschwanden die beiden Kinder auf Befehl ihrer Mutter, einer schlampigen, schon älteren Frau mit Haube auf dem Kopf, im Nebenzimmer. Die Hausfrau zog einen blumengemusterten Vorhang vor, der als Tür diente, und bedeutete Algha, auf der Bank Platz zu nehmen: »Setz dich!«
Als Krächz bemerkte, dass Alghas Blick von einem Messer auf dem Tisch angezogen wurde, stieß er sie zur Seite, schnappte sich die Klinge und sah die Schreitende herausfordernd an. Algha senkte bloß den Blick, rührte sich aber nicht von der Stelle. Daraufhin packte Krächz sie am Kragen und stieß sie auf die Bank.
»Gleich kriegst du was zu futtern«, knurrte er.
Grinsend
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