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Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)

Titel: Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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nicht besonders schwer. Sag mal«, brummte ich, während ich die Karte hin und her drehte, »die Jungfrau … Wenn ich sie damals gefunden hätte … Ich meine, wenn ich sie erkannt hätte, hätte das etwas geändert? Wäre Lahen dann am Leben geblieben?«
    »Das werden wir wohl nie erfahren«, antwortete er nach kurzem Zögern. »Was grinst du?«
    »Warum besuchst eigentlich immer du mich, Dieb? Im wirklichen Leben sind wir uns nur zweimal begegnet, da habe ich mit hundert anderen Leuten mehr zu tun. Jeder von ihnen könnte in meinen Träumen auftauchen. Aber jedes Mal bist du es.«
    »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Früher oder später werde ich dich in Ruhe lassen.«
    Yola stöhnte leise, öffnete die Augen aber nicht, sondern drehte sich nur auf die andere Seite.
    »Sieh mal«, forderte mich Garrett auf und zeigte hinaus.
    Ich folgte seiner Aufforderung und sah zu meiner Verwunderung, dass am Hang des Berges eine alte Kastanie wuchs. Sie hatte einen knorrigen Stamm, die oberen Äste waren vertrocknet. Fast all ihre eisig-feurigen Blätter waren abgefallen, die übrigen klirrten ganz leise.
    »Es bleibt kaum noch Zeit«, bemerkte Garrett nebulös.
    »Zeit wofür?«
    »Für alles«, antwortete er bloß, um mir dann mitzuteilen: »Ich habe gehört, dass du einen Verdammten umgebracht hast.«
    »Hat dir das der Wind geflüstert?«
    »So könnte man es ausdrücken«, erwiderte er grinsend.
    »Der Kerl hat den Tod verdient«, sagte ich. Die Antwort klang in meinen Ohren, als wollte ich mich rechtfertigen. »Er hat Lahen getötet.«
    »Unsinn, das hat er nicht.«
    In mir erstarrte alles.
    »Das erklär mir mal«, krächzte ich.
    Statt mir zu antworten, trat er an Yola heran und deckte die Wahrsagerin mit seiner Jacke zu.
    »Lahen hat sich große Sorgen um dich gemacht«, sagte er dann doch. »Deshalb hat sie an jenem Tag die Verdammten auf Talkis Anwesen von dir weggelockt. Obwohl sie die Möglichkeit gehabt hätte zu fliehen. Es ist ihnen aber nicht gelungen, deine Frau im Kampf zu töten. Das hat ihr eigener Funken getan. Die Liebe – vor allem eine große – bringt die Menschen dazu, ganz erstaunliche Dinge zu tun …« Garretts Augen schienen aus Quecksilber zu bestehen. In ihnen las ich Mitleid. »Sie hat dich gerettet, Gijan.«
    »Eine treffende Anrede!«, erwiderte ich mit bitterem Lachen. »War am Ende also ich es, der sie umgebracht hat!«
    »Nein, im Gegenteil: Du hast sie gerettet«, widersprach er. »Weil sie dich liebte, konnten die Verdammten ihr nichts anhaben.«
    »Überlebt hat sie trotzdem nicht!«
    Der Widerschein des Feuers fiel auf sein Gesicht, ließ es hart und abwesend wirken. Garrett zog Ronas Buch aus der Tasche, öffnete es und blies den Staub von den Seiten. Ich fragte ihn nicht, wie er an das Tagebuch Cavalars gekommen war, denn es gehörte nun einmal zum Geschäft der Diebe, kostbare Gegenstände an sich zu bringen. Ganz besonders im Traum.
    »Du hast die entsprechenden Zeilen schon gelesen«, sagte er in leicht tadelndem Ton und blätterte die gesuchte Seite auf.
Nichts Stärkeres gibt es als die Liebe. Sie ist die größte Magie. … wenn uns dieses Gefühl rückhaltlos erfasst …
Ihre Liebe hat dich gerettet, deine sie.«
    Als er meinen düsteren Blick auffing, steckte er das Buch in die Tasche zurück. »Ein gedungener Mörder und ein Kerl, der alles stiehlt, das nicht sicher verschlossen ist, unterhalten sich über die Liebe. In der Tat, wir leben in dunklen Zeiten!«
    »Wer bist du?«, fragte ich ihn leise.
    »Erwartest du von einem dummen Traum etwa eine ehrliche Antwort?!«
    Yola seufzte noch einmal im Schlaf. Das Feuer erlosch allmählich, und immer mehr dreiste Schatten tanzten durch den Raum.
    »Die Hoffnung ist trügerisch«, meinte er. »Aber wir werden noch einmal über alles reden. Sobald Asche vom Himmel regnet. Viel Glück«, wünschte er mir noch.
    Dann wachte ich auf.
    Der letzte Wintermonat brach an, und unsere karge tägliche Ration trieb nun selbst die eingeschworensten Optimisten unter uns zur Verzweiflung. Wir gingen zwar auf Jagd, hatten aber nur selten Glück, denn die Tiere waren in die Täler abgewandert, fanden sie in ihnen doch noch etwas zu futtern.
    Die Ye-arre überwanden beträchtliche Entfernungen, um weiterhin Wild zu jagen und uns wenigstens mit etwas Fleisch zu versorgen. Als uns das Wetter nicht mehr ganz so übel mitspielte, wagte Yanar es schließlich, zu den Dörfern aufzubrechen, die sich gut fünfzig League von uns entfernt

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