Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
genau, was ich tue!«
Das war leicht übertrieben. Denn genau wusste ich nicht, wonach ich suchte – aber ich war mir sicher, dass ich einen Pfad finden würde. Die ganze Truppe beobachtete angespannt, was ich tat. Zum Glück verkniffen sie sich aber jede Bemerkung. Yumi lief an mir vorbei, steckte die Pfote ins Wasser und fiepte: »Aus, du Hund? Aus, du Hund?!«
Obwohl mein Stock kein einziges Mal auf festen Grund stieß, gab ich die Hoffnung nicht auf. Und endlich wurde ich für meine Halsstarrigkeit belohnt. Als ich erneut im Wasser stocherte, traf ich auf einen Stein.
»Aus, du Hund!«
Ich sprang auf den Stein, um mich zu vergewissern, dass er mich trug. Das Wasser stand mir prompt bis zur Taille.
»Hier gibt es eine Art Steinpfad«, sagte ich zu Mylord Rando. »Ich glaube, den können wir nehmen.«
Yumi, der nicht den geringsten Wunsch verspürte, in diesem Nass zu schwimmen, machte es sich auf meiner Schulter bequem. Er kam mir zwar entsetzlich schwer vor, trotzdem erhob ich keine Einwände. Ich arbeitete mich langsam wie ein Blinder vor. Der Unterwasserpfad war breit genug, um ihn nicht zu verfehlen. Mir folgte erst Rando, dann die anderen.
»Haltet die Bögen und die Armbrüste bereit!«, verlangte der Ritter, der genau wie ich links von uns eine Bewegung wahrgenommen hatte.
Das Wasser stank fürchterlich und schlug immer wieder Blasen. Wir kamen nur mühsam vorwärts. Endlich aber machte ich vor mir aus, was ich zu sehen erwartet hatte.
»Kennst du diesen Ort?«, fragte mich Rando.
»In gewisser Weise schon«, antwortete ich vage.
Aus dem Wasser erhoben sich zwei Treppen mit je zwölf Stufen, die zu einer großen quadratischen Fläche führten. Auf dieser ragte ein vierkantiger Turm gut dreißig Yard in die Höhe. Er war haarklein wie in meinem Traum: alt wie die Welt. Neben ihm befand sich eine Wegblüte. Einer der sieben Hauer war abgebrochen.
Die verblüfften Männer betrachteten sie neugierig. Kaum einer von ihnen hatte vorher eines dieser Werke des Skulptors gesehen.
»Ein hervorragender Platz«, sagte Mylord Rando. »Bestens geeignet, um die Hochwohlgeborenen in Empfang zu nehmen.«
Er hatte recht. Vor uns lagen vierhundert Yard offener Fläche, die wir mit Pfeilen überziehen konnten. Hinzu kam, dass unsere Feinde nur einzeln angreifen konnten, da sie sonst Gefahr liefen, im Moor zu ertrinken. Selbst zehntausend Gegner wären hier chancenlos, von ein paar Hundert ganz zu schweigen. Wenn wir nur mehr Pfeile hätten!
»Von hier aus führt eine Straße nach Westen. Sie ist gut erhalten, wenn auch zugewachsen«, sagte Ra-log, der gerade zurückkehrte, nachdem er zusammen mit Yumi die Umgebung erkundet hatte.
»Die werden wir nehmen, sobald wir unsere Verfolger erledigt haben«, erklärte Mylord Rando. Dann wandte er sich an mich: »Sag den Männern, dass sie sich ausruhen können.«
Wir hatten eine Stunde Vorsprung, womöglich sogar anderthalb. Da durften wir uns noch eine Mütze Schlaf gönnen.
»Vielleicht haben sie ja unsere Spur verloren?«, meinte Dreiauge, als er sich neben mich setzte.
»Davon würde ich nicht ausgehen«, brummte ich, während ich innerlich versuchte, mit Lahen Verbindung aufzunehmen. »Die Elfen sind hartnäckige Biester. Schlimmer als Blutegel. Früher oder später werden auch sie diesen Unterwasserpfad entdecken.«
So sollte es denn auch sein.
Der Haufen Spitzohren in den dreckigen grünen Lappen tauchte wie erwartet auf und bemerkte uns sofort. Einer unserer Männer schrie etwas und gestikulierte wild mit beiden Armen, um die Gäste einzuladen und ihnen einen warmherzigen Empfang zu versprechen. Ein paar Schlauköpfe zeigten den Hochwohlgeborenen ihren Hintern. Die Spitzohren schien das gewaltig zu ärgern – solche Formen der Begrüßung billigten sie nämlich ganz und gar nicht –, denn mit einem Mal konnten sie gar nicht schnell genug auf uns zustapfen.
Wir behielten sie fest im Auge, Quello sparte nicht mit scharfsinnigen Kommentaren.
»Wenn das keine Narren sind«, murmelte Egel, »verzichten sie auf ein Stelldichein.«
»Vergiss es«, entgegnete ich. »Sie könnten es nie mit ihrer Ehre vereinbaren, uns ziehen zu lassen. Die Grüne Einheit gibt nicht auf. Und noch seltener verliert sie einen Kampf.«
»Diesmal aber schon. Sie haben keine Schilde und keine schwere Rüstung«, bemerkte Rando, der mit zusammengekniffenen Augen zu ihnen hinüberspähte. »Wie viele Untote haben sie dabei?«
»Sechs«, antwortete Ra-log.
»Schützen!«, schrie
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