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 Sturm im Elfenland

Sturm im Elfenland

Titel: Sturm im Elfenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill,
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verstehe. Dass Auberon mit dem Verschwinden meiner Eltern zu tun hat, überrascht mich nicht sehr. Und ich hätte mir denken können, dass Munir mehr weiß, als er mir sagen wollte.«
    Er schlug mit der Hand gegen die Armlehne des Stuhls. »Aber ich hätte niemals geglaubt, dass er mehr als nur das Wissen darüber mit seinem Herrn teilt. Er hat sogar selbst Hand angelegt, er hat meine Mutter ...« Seine Stimme brach, und er benötigte einige Atemzüge, um sich zu fassen.
    »Das alles habe ich klar vor Augen«, fuhr er schließlich fort. »Dennoch stimmt mit meinen Erinnerungen etwas nicht. Ich war noch ein Kind, als sie meine Eltern und mich verschleppten. Und ich weiß, dass ich ein Jahr lang in Munirs Obhut auf dem Königsstein gelebt habe.« Er blickte Erramun an und suchte nach Worten. Dann wurden seine Augen groß. »Ein Jahr lang?«, fragte er sich selbst. »Ich kann mich an den Apfelbaum im Schlosshof erinnern. Er war groß und alt, und das ganze Schloss duftete, wenn er in Blüte stand. Seine Äpfel waren klein und rot und saftig. Ich erinnere mich an vier Sommer, in denen ich auf einem seiner Äste hoch oben in der Krone gesessen und Äpfel gegessen habe.« Er schlug die Hände vors Gesicht, bis ins Innerste erschüttert.
    »Munir hat dich mit einem Bannzauber belegt«, sagte Erramun. »In jedem neuen Jahr hast du das alte vergessen. Wahrscheinlich wollte er dir auch deine Erinnerung an deine Eltern nehmen, aber das ist ihm nicht gelungen.«
    »Warum hat er mir das angetan?«, rief Ivaylo aus. Er hatte Munir immer als jemanden betrachtet, der ihm gegenüber zwar nicht in allem vollkommen offen war, ihm aber doch mit Zuneigung und Fürsorge begegnete. Wie konnte es sein, dass der Zauberer ihn so hintergangen hatte? Er hatte Ivaylo vorgegaukelt, dass er ein vertrauenswürdiger Freund sei, und ihn in Wirklichkeit die ganze Zeit über belogen, getäuscht und verraten.
    »Sie wollten dich im Auge behalten, denke ich«, sagte Erramun. »Sie wollten sichergehen, dass du ihnen nicht gefährlich werden kannst.«
    »Ein Kind!«, rief Ivaylo aus. »Ein kleiner Junge, der nachts nach seiner Mutter weint!« Er biss die Zähne aufeinander.
    »Ein kleiner Junge, der alle Talente und Fähigkeiten besitzt, einmal ein mächtiger Zauberer zu werden«, wandte Erramun ein.
    »Ich hasse sie!«, rief Ivaylo voller Überzeugung aus. »Ich hasse Auberon und seinen Zauberer! Sie haben mir meine Eltern genommen und mich zu etwas gemacht, das ich nicht bin!« Er sprang auf und lief zur Tür. Dort blieb er stehen und legte schwer atmend die Stirn gegen das raue Holz.
    Er hörte, wie Erramun aufstand und zu ihm kam. Eine Hand legte sich leicht und beruhigend auf seinen Nacken. »Ich bin an deiner Seite«, sagte der Lehrer. »Lass uns sehen, ob wir für deine Eltern noch etwas tun können. Vielleicht leben die beiden noch. Es sähe Auberon ähnlich, sie in einem seiner Kerker zu vergessen.«
    Ivaylo schauderte. »Ich fürchte, dass Munir ihnen etwas viel Schlimmeres angetan hat«, flüsterte er. »Er hat mich so schnell vom Königsstein geschafft, es war wie eine Flucht. Da muss es geschehen sein, was auch immer er getan hat.«
    Erramun holte scharf Luft und wandte den Kopf ab. Ivaylo griff nach seiner Schulter. »Was ist es? Woran hast du gerade gedacht?«
    »Nichts«, erwiderte der Lehrer und drehte sich weg. »Nein, es kann nicht sein, mein Junge. Das kann ich mir nicht vorstellen. Das brächte noch nicht einmal Munir fertig.« Er fuhr sich mit unsicheren Händen über das Gesicht. »Lass mich darüber nachdenken. Es ist eine Vermutung, nichts weiter.«
    Er lächelte Ivaylo an, es sollte wohl aufmunternd oder beruhigend wirken, aber seine Augen blickten so ernst und beinahe erschreckt, dass es Ivaylo angst und bange wurde. »Was ist es?«, schrie er den Lehrer an.
    Erramun befeuchtete seine Lippen und ging zum Kamin. Er beugte sich nieder und stocherte in der ersterbenden Glut. Funken flogen auf, sie beleuchteten gespenstisch sein angespanntes Gesicht. Er legte ein Scheit auf die Glut und richtete sich wieder auf. »Du hast nach einem Weg gesucht«, begann er zögernd zu sprechen. »Das Buch, das du aus dem Schrank ... entliehen hast.«
    »Ja?«, drängte Ivaylo, als Erramun nicht fortfuhr.
    »Warum hast du gerade dieses Buch genommen?«
    Ivaylo griff nach seinem Sternenstein. »Es schien mir das richtige zu sein«, sagte er. »Ich glaube, dass meine Eltern gefangen gehalten werden, aber nicht hier. Ich würde es spüren, wenn sie noch

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