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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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rieselte ein nicht endender Strom von Sand, Gesteinssplittern und Knochenstücken von dem bröckeligen Rand der Öffnung in die Höhle herab. Selbst hier unten war deutlich zu hören, dass der Sturm mit einem orkanartigen Fauchen über die Oberfläche fegte.
    Dirk stemmte sich hoch. Sein Blick wanderte dorthin, wo die Decke noch einigermaßen stabil wirkte. Seine Augen hatten genug Zeit gehabt, um sich auf das Zwielicht einzustellen, trotzdem konnte er nicht viel erkennen. Die grauen Felsen warfen dunkle Schatten, und das Ende der Höhle war nicht zu sehen. Der Kampf schien irgendwo weiter hinten getobt zu haben, aber sicher war sich Dirk nicht. Die Schüsse waren verstummt, doch durch ihr vielfaches Echo hatte es für eine Weile geklungen, als würde rings um ihn herum gekämpft.
    Mit zitternden Beinen stolperte er los, nur raus aus diesem Bereich der Höhle, in dem die Decke jederzeit einstürzen konnte. Er hatte keine Ahnung, wo Kinah und die anderen waren. Vielleicht versuchten sie, über ihm der Gewalt des Sturmes zu trotzen, vielleicht waren auch sie irgendwo hier hineingefallen und lagen nun blutüberströmt und mit gebrochenen Gliedmaßen da. Er versuchte, den Gedanken zu verdrängen. Es brachte nicht das Geringste, wenn er sich verrückt machte. Außerdem hatte der Schamane nichts davon gesagt, dass sich Kinah in akuter Lebensgefahr befand, und das hätte er ihm bestimmt mitgeteilt.
    Um ein Haar hätte Dirk laut aufgelacht. Verrückt. Er begann, das Gespräch mit dem Schamanen für realer zu halten als das, was ihm gerade hier und jetzt passierte – womöglich, weil es ihm den Sinn hinter all dem offenbart hatte, was er erlebte, oder, weil ihm währenddessen Kinah und seine Kinder so nahe gewesen waren.
    Der Schamane hatte von Kriegern gesprochen, die kommen würden, und von dem Kampf, der ihm bevorstand. Ein Kampf, auf den er denkbar schlecht vorbereitet war. Abgesehen davon, dass er noch nie Vergnügen an irgendeiner Art von körperlicher Auseinandersetzung gehabt hatte – es sei denn, sie fand in einem Computerspiel statt –, mangelte es ihm auch an einer Waffe. Selbst das Wurfmesser, mit dem er Kinah vom Sicherheitsgurt des Kopilotensessels befreit hatte, hatte er mittlerweile verloren. Er konnte lediglich ein paar Steine aufheben und damit werfen.
    Falls seine Gegner ihn nicht schon vorher ins Visier nahmen und erschossen.
    Dirk torkelte weiter. Die Tatsache, dass die Schüsse verstummt waren, konnte alles bedeuten. Wobei die Wahrscheinlichkeit, dass Ventura und Karel in einen Hinterhalt geraten und mit ein paar Salven niedergemäht worden waren, weitaus größer war als die, dass sie sich mit Waffengewalt ihrer Feinde zu erwehren gewusst hätten. Aber vielleicht waren sie ja auch gar nicht an der Schießerei beteiligt gewesen.
    Gerade, als seine Schritte sicherer zu werden begannen, glaubte er ein Stück voraus eine Bewegung zu sehen. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus, um danach mit doppelter Geschwindigkeit weiterzurasen. Er bückte sich, klaubte zwei Steine auf und drückte sich dann so nah wie möglich an den Felsen neben sich, während seine Augen die Umgebung absuchten.
    Da war es wieder. Ein Huschen in Bodennähe. Vielleicht ein Tier. Dirk weigerte sich, das Wort Ratte auch nur zu denken. Er packte die Steine fester, bereit, sie als Wurfgeschosse zu verwenden.
    Doch es war kein Tier, sondern etwas weitaus Gefährlicheres: ein Mensch. Jemand, der es gewohnt war, jede Deckung auszunutzen. Aber kein Afrikaner mit dunkler Haut, den Dirk wahrscheinlich gar nicht bemerkt hätte, weil er vor den dunklen Felsen kaum sichtbar gewesen wäre. Es war eine hellhäutige Gestalt, die sich nun in die Dunkelheit zurückzog.
    Vielleicht glaubte das Bleichgesicht, Dirk hätte es nicht gesehen. Dann war es sicherlich besser, es in diesem Glauben zu lassen. So weit die Theorie. In der Praxis gelang es Dirk nicht im Geringsten, unbeteiligt und gleichgültig zu tun. Seine rechte Hand begann so stark zu zittern, dass er den Stein fester umklammern musste, da er ihm sonst aus der schweißnassen Handfläche geglitten wäre. Sein Blick irrte wild umher, auf der Suche nach dem ( dem? Wer sagte das? Vielleicht waren es ja mehrere!) Gegner.
    Er starrte auf schwarze Schatten und Felsen, hinter denen sich eine ganze Armee hätte verbergen können, und vermeinte, Metall aufblitzen zu sehen und zu hören, wie eine oder mehrere Waffen entsichert wurden. Doch als er genauer hinsah und -hörte, entpuppte sich das Aufblitzen

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