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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verstehen, aber nicht sprechen.«
    Dirk hatte keine Ahnung, was er darauf erwidern sollte. Warum sprach jemand, der im afrikanischen Busch aufgewachsen war, perfekt Deutsch, aber kein Englisch? Sein Sohn steckte wirklich voller Überraschungen und Geheimnisse.
    »Hey, Moment!«, sagte eine andere Stimme, die Dirk sofort erkannte. Ein Schatten schob sich über das Fenster, und eine Wolke von Alkoholdunst wehte Dirk entgegen. »Woher hast du denn die MP, Jungchen? Hast du sie einem bösen Buben abgeluchst?«
    »So ungefähr«, antwortete Noah.
    Jurij beugte sich in den Raum. »Ach, sieh mal an! Wo der Sohn ist, kann der Vater nicht weit sein. Hast du auch eine Knarre, oder wolltest du unseren Panzer mit bloßen Händen umschubsen?«
    »Er ist unbewaffnet«, antwortete Noah anstelle von Dirk, was auch ganz gut war, denn Dirk hatte genug damit zu tun, Jurijs Fahne zu verkraften. Der Alte stank, als hätte er den gesamten Inhalt einer gut ausgestatteten Bar in sich hineingekippt.
    »Na, wie auch immer«, fuhr Jurij fort. »Eine MP mehr ist doch schon mal was. Also aufgesessen, Jungs – sehen wir zu, dass wir uns den Thunderformer schnappen!«
    Dirk und Noah hockten vorne auf dem rumpelnden Panzer wie zwei ungarische Revolutionäre während des Aufstands gegen die Sowjetunion im Jahr neunzehnhundertsechsundfünfzig. Aus dieser Zeit stammte das ratternde Ungetüm wohl auch. Ventura und Karel hatten es irgendwo in einer dunklen Ecke gefunden und wieder in Dienst gestellt.
    »Uns geht langsam der Sprit aus«, sagte Jurij fröhlich. Er hatte es sich mit einer eingestaubten Cognacflasche auf der anderen Seite des Stahlkolosses bequem gemacht. »Ich schätze, dieser quietschende Schrotthaufen und ich werden gleichzeitig trockenlaufen. Und bis dahin sollten wir die Operation Thunderformer abgeschlossen haben.«
    Mit diesen Worten hob er die halbleere Flasche an seine Lippen und trank einen kräftigen Schluck.
    Dirk wandte sich ab und starrte in das Dämmerlicht, in dem sich dieser Teil der Halle verlor. Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten. Jurijs dummes Geschwafel ging ihm nicht bloß auf die Nerven, es war einfach unerträglich.
    »Eigentlich wollte ich Molotowcocktails basteln«, verkündete Jurij. »Schließlich war es ein Wink des Schicksals, dass ich in einem der Häuser auf eine ordentlich bestückte Bar gestoßen bin. Stellt euch vor – sie war in einem Arzneischrank versteckt!«
    Von wegen Wink des Schicksals, dachte Dirk. Der alte Säufer hatte garantiert ganz gezielt nach allem gesucht, was auch nur im Entferntesten nach Alkohol gerochen hatte.
    »Ich verstehe nämlich was von Molotowcocktails«, fuhr Jurij penetrant fort. »Als ich während der Unruhen in Nigeria in einen Hinterhalt so genannter Regierungstruppen geriet – die meiner Meinung nach nichts anderes als Verbrecher der übelsten Sorte waren –, habe ich mich damit buchstäblich rausgebombt. Und danach schwor ich mir, dass ich Alkohol nie wieder auf so schreckliche Weise zweckentfremden würde. Man darf das kostbare Zeug doch nicht einfach verpuffen lassen!«
    Jurij nahm erneut einen Schluck und geriet dabei mit dem Oberkörper in das Blickfeld Karels, der im offenen Führerstand des Panzers saß und ihn über die Kettensteuerung lenkte, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan. Karel gab dem alten Mann mit einem ärgerlichen Wink zu verstehen, dass er sich verziehen sollte. Aber Jurij dachte gar nicht daran, sondern machte sich sogar noch extra breit.
    Boxernase nahm das gar nicht gut auf. »Go out of my way, you old stinking idiot!«, schimpfte er. »Or I shoot a big hole in your head!«
    Jurij reagierte auf ganz eigene Weise: Er drehte sich um, streckte Boxernase die Zunge raus und stieß dann ein gackerndes Altmännerlachen aus.
    Noah, der schräg hinter Dirk saß, stöhnte leise. »Meine Güte! Können wir den Kerl nicht einfach runterschubsen?«
    Als hätte Karel seine Worte gehört, ließ er den Panzer über die rechte Kette drehen, bremste ihn dann abrupt und startete einen Augenblick später mit aufheulendem Motor durch. Dieses Manöver ging sicherlich an Jurijs Adresse, doch auch Dirk und Noah hatten alle Mühe, sich auf dem von Flugrost überzogenen Metall zu halten. Jurij hingegen rutschte zwar ein Stück zur Seite, schien das Ganze aber trotzdem immer noch für eine Vergnügungsfahrt zu halten.
    »Na los, Jungs!«, rief er. »Jetzt holen wir uns den Thunderformer!«
    Dirk spürte, wie eine heiße Welle von Wut in ihm

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