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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nach einer Antwort suchte, die sich weder zu optimistisch noch zu pessimistisch anhörte, trat Noah zu ihnen.
    »Noah!« Nun blickte Kinah doch auf, und ihre Stimme nahm einen weichen Klang an. »Ich wünschte, wir hätten uns unter anderen Umständen kennengelernt.«
    »Ich auch«, entgegnete Noah ernst.
    Er blieb vor ihr stehen und sah auf sie hinab, kein Kind mehr, sondern ein Mann, gereift durch die Ereignisse der letzten Stunden und durch das Wissen, das ihm sein Großvater mitgegeben hatte. »Shimeru lässt dir etwas ausrichten.«
    Kinah erstarrte. Dirk spürte es mehr, als dass er es sah, auch wenn sich seine Augen mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
    »Was lässt mir mein Vater ausrichten?«, flüsterte sie.
    »Dass du immer in seinem Herzen sein wirst, auch wenn er selbst nicht mehr auf der Welt ist.« Noah hielt kurz inne, und als er weiterredete, sprach aus seiner Stimme die Verzweiflung eines Jugendlichen über den Tod des Menschen, der ihm am nächsten gestanden hatte. »Und dass du seinen Segen hast …«
    Er verstummte. Möglicherweise hatte er noch viel mehr sagen wollen, aber Dirk wusste, dass er das jetzt nicht konnte, und ahnte auch, dass es nicht nötig war. Kinah würde gewiss verstehen, was Noah meinte.
    Sie straffte den Rücken. »Also gut.« Ihre Stimme bebte. »Was machen wir jetzt?«
    »Was wohl?«, antwortete Ventura.
    Dirk hatte nicht bemerkt, dass er sich zu ihnen gesellt hatte. Ventura hockte sich neben Jan, ohne die Maschinenpistole aus den Händen zu legen, die er Noah abgenommen hatte.
    »Olowski!«, sagte er. »Hören Sie mich? Ich brauche noch ein paar Informationen von Ihnen!«
    »Sind Sie verrückt?«, fauchte Lubaya. »Lassen Sie Jan in Ruhe! Er kann Ihnen sowieso nicht weiterhelfen.«
    »Uns weiterhelfen«, erwiderte Ventura kühl. »Und das wäre auch in seinem Interesse. Wenn wir nicht schnellstens hier rauskommen, dürfte er wohl kaum eine Überlebenschance haben. Und nebenbei gesagt: Wir ebenfalls nicht.«
    »Trotzdem …«, brummte Lubaya. Da begannen Olowskis Lider zu flattern und er öffnete die Augen.
    »Ventura«, stöhnte er leise. »Ich hätte es mir denken können.« Er war kaum zu verstehen, und sein Satz endete mit einem Röcheln. Dirk erschrak. Sicher – seitdem er von Olowskis enger Beziehung zu Kinah erfahren hatte, wurde er von Eifersucht geplagt. Aber Jan dort auf dem Boden mit dem Tode ringen zu sehen und zu wissen, dass er den Kampf eigentlich schon verloren hatte, war nicht nur furchtbar, es brachte ihm diesen Mann auch näher, beinahe so, als wäre er nicht nur Kinahs langjähriger Freund, sondern auch seiner.
    »Reißen Sie sich zusammen, Mann!«, donnerte Ventura. »Ich muss wissen, woran ich den Thunderformer erkenne! Und wie ich ihn ausschalten kann!«
    »Ich … ich weiß nicht.« Jan hustete, und ein dünner Blutfaden lief aus seinem Mundwinkel. »Er ist nicht … groß. Modern … nicht so alt, wie dieser … ganze Krempel hier.«
    »Ist das alles?«
    »Nein. Das Wichtigste …« Jan hustete erneut. Lubaya warf Ventura einen zornigen Blick zu, doch dann hob sie Jans Kopf leicht an, als wollte sie ihm das Sprechen erleichtern. »Um ihn herum müsste es vollkommen … ruhig sein. Kein Sturm, keine Verwüstung. Es liegt an … an dem Abstrahlfeld … Und dann … dann sind da noch Farbwirbel … alles voller … Farbwirbel …«
    Er verstummte keuchend, und Lubaya senkte seinen Kopf behutsam wieder in ihren Schoß. »Es reicht!«, sagte sie schroff. »Ich lasse nicht zu, dass Sie Jan weiter quälen!«
    »Das wird auch nicht nötig sein.« Ventura erhob sich. »Ich habe genug gehört, um zu wissen, wo wir suchen müssen.«
    »Im Auge des Sturms«, sagte Noah wie in Trance. »Dort, wo sich die Schatten der Nacht mit den Strahlen des Tages vermischen. An dem Ort, von dem die Dämonen und Sturmgeister zu ihrem Vernichtungsfeldzug aufgebrochen sind.«

Kapitel 39
    Auch Dirk war jetzt bewaffnet. Karel hatte ihm eine alte Pistole in die Hand gedrückt, die er zuvor grob vom Rost befreit, durchgesehen und für okay befunden hatte, was Dirk allerdings überhaupt nicht beruhigte. Wahrscheinlich würde ihm das Ding schon beim ersten Schuss um die Ohren fliegen.
    Inzwischen saß nicht mehr Noah schräg hinter ihm, sondern Kinah. Noah hockte auf der anderen Seite, zusammen mit dem Suffkopf Jurij, der mit seiner rechten Hand die fast leere Cognacflasche umklammerte und mit der linken einen alten Karabiner festhielt, den er neben sich abgelegt hatte. Der

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