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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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anderen eine Warnung zurufen konnte, wurde Noah von einer unsichtbaren Faust getroffen, schwankte und fand erst nach einigen Schritten das Gleichgewicht wieder.
    »Die Sturmdämonen!«, schrie er. »Lauft!«
    Schon vorher waren sie dem Panzer im Trab gefolgt, doch nun gab es kein Halten mehr. Noah stürzte los, als wollte er einen Hundertmetersprint gewinnen, und auch Jurij verfiel in einen erstaunlich schnellen Laufschritt. Am schnellsten aber war Kinah Sie beschleunigte wie eine Tigerin, die ihre Beute fest im Visier hat.
    Dirk bemühte sich, nicht den Anschluss zu verlieren. Doch sein geschundener Körper, der ihm bislang treu gedient hatte, weigerte sich, erneut Höchstleistungen zu vollbringen. Heftige Seitenstiche, Krämpfe in den Beinen und ein dumpfer Schmerz in der Brust waren einfach zu viel. Dirk torkelte eher, als dass er lief, und knickte darüber hinaus bei jedem zweiten Schritt in den Knien ein.
    Plötzlich erfüllte ein Schwirren den Gang, ein Säuseln und Zischen wie von tausend Stimmen. Dirk steckte die Pistole in seinen Gürtel, um beide Hände frei zu haben, taumelte dicht an der Wand entlang und stieß sich immer wieder von ihr ab, um seine Bewegungen zu stabilisieren und ihnen Ziel und Richtung zu geben. Das Gezischel schwoll zu einem Heulen an und schien von überallher zu kommen, von den Wänden, dem Boden und aus der Richtung, in die er rannte. Der kalte Luftzug trieb ihm Tränen in die Augen, sodass er seine Umgebung nur noch verschwommen sah.
    Der Panzer hatte so viel Fahrt aufgenommen, dass er schon fast die Halle erreicht hatte. Kinah und Noah spurteten Seite an Seite hinter ihm her und schlossen dabei immer näher auf. Jurij hingegen hatte deutlich an Tempo verloren und stützte sich mittlerweile ebenfalls an der Wand ab. Der Karabiner, den er zuvor schräg vor der Brust gehalten hatte wie ein vorstürmender Elitesoldat, baumelte nun in seiner rechten Hand, und seine Bewegungen wirkten nicht mehr viel sicherer als die Dirks.
    Der Panzer bremste und quietschte dabei derart laut, dass er das Heulen mühelos übertönte. Das Geschützrohr wippte leicht. Karel brachte das Kettenfahrzeug direkt am Halleneingang zum Stehen, und Dirk konnte sich denken, warum.
    Wenn Jans Beschreibung korrekt gewesen war, dann hatten sie den Thunderformer gefunden. Bunte Farbwirbel zuckten wie in einer Lasershow durch die Halle, griffen nach dem Stahlkoloss, betasteten ihn, sodass er in ihrem Licht schimmerte, flirrten zurück, formten sich zu einem Kranz und schossen erneut vor. Der Geschützturm drehte sich nach rechts, in die Richtung, aus der das Farbspektakel kam. Dirk hatte nicht die geringste Ahnung, was da vorne geschah, anders als Kinah und Noah, die gewiss mehr sahen als er – vielleicht den Thunderformer, vielleicht aber auch die Männer, die ihn bewachten. Auf einmal blieben beide abrupt stehen, im gleichen Moment schrie Kinah etwas, dann warfen sie sich auf den Boden.
    Dirk taumelte weiter. Er wartete darauf, dass der Kampfpanzer eines seiner 125-Millimeter-Geschosse auf den Thunderformer abfeuerte, dass ihnen die Männer der Wachmannschaft entgegenstürmten, dass irgendetwas geschah. Doch noch blieb es ruhig. Kinah schob ihr Gewehr Noah zu, der es statt seines alten Revolvers in Schussposition brachte, den linken Ellbogen auf den Boden gestützt, das perfekte Abbild eines Soldaten. Der alte Rebell hatte Noah offensichtlich gut ausgebildet. Trotzdem würden sie mit ein paar altertümlichen Waffen nicht viel gegen die Männer ausrichten können, die sich für ihre geheimen Experimente in diese unterirdische Station zurückgezogen hatten. Wenn überhaupt, dann war es der Panzer, der ihnen einen Vorteil verschaffte.
    Als hätte Karel Dirks Gedanken gelesen, fuhr er wieder los. Langsam schob sich das schwere Kettenfahrzeug in die von wilden Farben erleuchtete Halle. Dirk erkannte alle möglichen Schattierungen, von Rötlich über Grün bis hin zu Blau. Je weiter der Stahlkoloss auf seinen quietschenden Ketten vordrang, desto tiefer schien er in die Farbwirbel einzutauchen. Es war, als würde er von ihnen aufgesogen. Seine Umrisse verschwammen in den Farben, seine Struktur schien sich aufzulösen.
    Dirk stockte der Atem. Keuchend blieb er stehen. Jurij dagegen lief weiter, offenbar mitten in eine Bö hinein, denn im nächsten Moment wurde er gleichzeitig nach oben und hinten geworfen. Der Karabiner rutschte aus seiner Hand und fiel klappernd zu Boden, während er selbst mit mörderischer Wucht gegen die

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