Sturm: Roman (German Edition)
seinen Befehl, ließ sich auf die Seite fallen und zog die Beine an. Dirk blickte sich verzweifelt um. Es gab keine Möglichkeit, rasch irgendwo in Deckung zu robben. Das einzige Versteck, das sich ihnen bot, waren die Hubschrauber, doch die waren mindestens zehn Meter entfernt. Falls sich die Schlacht unvermittelt in den Hangar verlagerte, würde der Versuch, sie zu erreichen, vermutlich tödlich enden.
Bevor sich Dirk zu einer Entscheidung durchringen konnte, verstummten die Maschinenpistolensalven und auch das Rumpeln und Grollen, das darauf hingedeutet hatte, dass der Kampfpanzer im Brennpunkt des Geschehens stand. Abgesehen von dem Nachhall der Schüsse war es auf einmal merkwürdig still. Dirk hielt unwillkürlich den Atem an. Er lauschte angestrengt, vernahm jedoch nur das ferne Trampeln schwerer Stiefel über Betonboden. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was geschehen war. Die Wachmannschaft musste die Schlacht aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit für sich entschieden haben. Der Panzer hatte sich festgefahren oder so viele Treffer abbekommen, dass er nicht mehr fahren konnte. Karel war in seinem Führerstand erschossen worden, und Ventura war entweder auch tot oder in Gefangenschaft geraten. Jedenfalls konnte Dirk von den beiden Männern, die alles auf eine Karte gesetzt hatten, um des Thunderformers habhaft zu werden, keine Hilfe mehr erwarten.
Und das bedeutete, dass die Männer in den Kampfanzügen bald wieder im Hangar auftauchen würden. Damit änderte sich alles. Dirk bezweifelte, dass er und Akuyi als Geiseln noch irgendeinen Wert besaßen, nachdem Ventura und Karel vernichtend geschlagen waren.
»Wir müssen rüber zu den Hubschraubern«, sagte er. »Schnell! Bevor sie zurückkommen!«
»Willst du mit einem von den Dingern wegfliegen?«, fragte Akuyi ängstlich.
Dirk schüttelte den Kopf. »Würde ich gerne. Aber selbst wenn sie mir keine Handschellen angelegt hätten, würde ich so eine Kiste nicht in die Luft kriegen. Und jetzt los! Kannst du aufstehen?«
»Ich weiß nicht. Meine Füße sind doch auch gefesselt …«
»Vielleicht kann ich dich mit einem Splitter der Zwillingsfigur tatsächlich losschneiden. Aber dazu muss ich erst einmal selbst aufstehen.« Dirk lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und drückte sich mühselig hoch. »Wenn du es irgendwie schaffst, dich an mir festzuhalten …«
»Aber wozu, Papa? Selbst wenn wir es bis zu den Hubschraubern schaffen – auch da finden sie uns! Wir gewinnen höchstens ein paar Minuten.«
Dirk stand schwankend da. Sein Herz raste und ihm brach der kalte Schweiß aus.
Akuyi hatte recht. Das war die furchtbare Wahrheit. Erneut sah er Noah zusammenbrechen, getroffen von zwei Kugeln. Wenn jetzt auch noch Akuyi … Es durfte nicht so enden.
»Sei still!«, herrschte er sie an. »Steh auf! Wir müssen hier weg!«
Akuyi schien etwas sagen zu wollen, blieb dann aber stumm und versuchte, auf die Beine zu kommen. Oh Gott, was tat er da? Er trieb seine Tochter an, als hätte sie nicht bereits genug Schlimmes erlebt. Er verlangte von ihr, sich zusammenzureißen und so zu tun, als hätten sie noch eine Chance, obwohl schon längst alles verloren war.
Auch Akuyi stemmte sich an der Wand hoch, was ihr sichtlich schwerfiel. Dirk hätte ihr so gerne geholfen, aber mit seinen auf dem Rücken gefesselten Händen konnte er sie nicht halten und hochziehen.
Schließlich stand Akuyi zitternd vor ihm, ein Häufchen Elend. Dirk wurde von einem Gefühl überwältigt, das sich nicht in Worte fassen ließ. Es war Liebe und Sorge, aber auch Entsetzen und die Gewissheit, dass es nichts mehr gab, was sie retten konnte.
»Auf geht's«, flüsterte er und stolperte los. Akuyi nickte und tat es ihm gleich. Seite an Seite hielten sie auf den nächsten Hubschrauber zu. Akuyi bewegte sich mit kleinen, abgehackten Hüpfern, nicht besonders schnell, aber mit bewundernswerter Beharrlichkeit. Dirk passte sich ihrem Tempo an und hielt sich links von ihr, damit er sie mit seinem Körper schützen konnte, falls jemand in den Hangar stürzte und das Feuer eröffnete.
Als der Hubschrauber schon in greifbarer Nähe war, passierte genau das, was Dirk die ganze Zeit über befürchtet hatte. Das Geräusch eiliger Schritte erklang. Stiefelsohlen auf Beton.
»Schneller!«, zischte Dirk. »Sie sind gleich hier!«
Akuyi gab ihr Bestes, um die noch fehlenden zwei Meter mit ein paar kräftigen Hüpfern zu überwinden. Ihr Gesicht war vor Anstrengung verzerrt, und ihre
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