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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wurde dann zur Seite geschleudert, genau auf einen Mann, der sich in seinem Schutz verschanzt hatte. Andere Männer wurden zu direkten Opfern von Trümmern, die die zusammenbrechende Wand auf sie hinabschleuderte. Ein feindlicher Granatwerferangriff hätte kaum schlimmer sein können. Beton traf Leiber und Köpfe und zerfetzte sie, Blut spritzte auf und abgerissene Gliedmaßen flogen umher.
    Auch der Hubschrauber wurde getroffen. Es war ein nur faustgroßer Brocken, der ihn erwischte und durch die berstende Scheibe sauste, um irgendwo hinter ihnen im Laderaum sein Verwüstungswerk zu vollenden. Glassplitter stoben auf wie ein Schwarm angreifender Insekten, und Dirk spürte, wie seine Wange und seine Stirn getroffen und aufgerissen wurden. Akuyi stieß einen Schrei aus, und Dirk sah panisch in ihre Richtung, auf das Schlimmste gefasst.
    Sie hatte den Kopf zur Seite gedreht, aber nicht mehr rechtzeitig ausweichen können. Der Klinge eines abgebrochenen Messers gleich steckte ein Glassplitter in ihrer linken Wange.
    Dirk stöhnte. Er ließ sich ein Stück nach vorne fallen, tauchte mit dem Kopf durch die zerstörte Scheibe, riss Schulter und Oberkörper in Akuyis Richtung. Obwohl er alle Kraft in die Bewegung gelegt hatte, brauchte er noch zwei weitere Anläufe, bevor seine auf dem Rücken gefesselten Hände endlich auf Höhe ihres Gesichts waren. Er kniete halb in den Armaturen des Helikopters. Irgendetwas reagierte sehr empfindlich darauf. Ein Flackern lief über die Anzeigeinstrumente, die Innenbeleuchtung flammte taghell auf – und dann begannen die Rotorblätter anzulaufen.
    Dirk achtete nicht darauf. »Nicht bewegen!«, brüllte er Akuyi zu, die sich hinter so klein wie möglich zu machen versuchte. »Ich ziehe den Splitter raus!«
    Aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie Akuyi mit der Hand ihre Wange betastete. Er bemerkte mit fast übernatürlicher Deutlichkeit den schmalen Blutfaden, der an ihren Fingern herablief, während er nach wie vor nur am Rande mitbekam, dass sich die Rotorblätter über ihren Köpfen immer schneller drehten.
    »Besser … besser nicht«, stammelte Akuyi. »Man soll doch … nichts aus einer Wunde ziehen.«
    Dirk zögerte. Natürlich hatte Akuyi recht, zumindest, wenn es um Messer, Scheren oder Ähnliches ging, die einem jemand in den Leib gerammt hatte. Der Glassplitter in der Wange seiner Tochter erschien ihm jedoch als etwas gänzlich anderes. Er musste entfernt werden, bevor sie damit hängen blieb und sich die Wange vollends aufriss.
    Akuyi nahm die Hand herunter und starrte auf ihre blutüberströmten Finger. »Der Hubschrauber.«
    Dirk nickte abgehackt. Ja. Auch darum würde er sich kümmern müssen. Es fehlte ihm noch, dass sich der Helikopter von selbst in Bewegung setzte.
    Doch zuerst musste er Akuyi verarzten, so gut es ging. »Ich werde den Splitter herausziehen«, kündigte er an. »Und dann musst du etwas auf die Wunde pressen. Hast du ein sauberes Taschentuch dabei?«
    In Akuyis Augen schimmerten Tränen. »Bitte nicht. Ich habe Angst, dass mir das nicht hilft, sondern noch mehr Schaden anrichtet.«
    Die hatte Dirk auch. Und trotzdem … er war überzeugt, dass er das Richtige tat. Verdammt, es musste doch irgendetwas geben, womit er seiner Tochter helfen konnte!
    »Was ist nun mit dem Taschentuch?«, setzte er nach. »Hast du eines oder nicht?«
    »Ja«, sagte Akuyi. »Aber das spare ich mir besser auf. Wer weiß, was noch alles passiert.«
    Was noch alles passiert?
    Dirk hätte beinahe laut aufgestöhnt. Akuyi hatte ja recht. Es war schon so viel Schlimmes passiert, aber es sah nicht danach aus, als ob es bald enden würde.
    Doch was konnte ihr ein Taschentuch gegen eine verirrte oder gar gezielt abgefeuerte Kugel helfen oder gegen eine Sturmbö, die sie packte und mit sich riss?
    »Halt dich jetzt ganz ruhig«, sagte er. »Ich muss mich jetzt ein Stück zu dir beugen. Und dann packe ich das Ding und ziehe es heraus.«
    »Nein!«, schrie Akuyi. »Vorsicht! Da … da ist jemand …«
    Dirk spürte, wie ein harter Ruck durch den Helikopter ging. Und dann hörte er auch schon eine Stimme, die von der offen stehenden Hubschraubertür her sagte: »Das würde ich nicht tun!«
    Dirk fuhr herum. Er stieß mit dem Ellbogen gegen eine Schalterreihe. Irgendetwas klickte über ihm, dann schwoll das Geräusch der Rotoren an, und durch den Helikopter ging eine Vibration, der Vorbote für einen Start, den er unwissentlich eingeleitet hatte.
    »Lass es lieber sein«, fuhr die Stimme

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