Sturm ueber den Highlands
Lucais wandte sich zum Kamin. Am liebsten hätte er den Kopf gegen die Einfassung geschlagen. Das wäre besser, als sich mit Elspeth auseinander zu setzen. „Elspeth hat Gillie kennen gelernt.“
„Ah.“ Der Ausruf barg reichlich Trauer in sich. Denn so eng die beiden auch zueinander standen, kannte nicht einmal Niall die Wahrheit über Gillie. „Hat die große Dame deinen kleinen Bastard von oben herab angesehen?“
Lucais drehte sich langsam um, ließ die Hände sinken und ballte sie zu Fäusten. „Leider nein. Nachdem sie damit fertig war, mir wie einem Verbrecher eine Standpauke zu halten wegen des beklagenswerten Zustandes meiner Tochter, hat sie mir befohlen, aus meinen Gemächern zu verschwinden, und kommandierte die Hälfte meiner Bediensteten herum, um weiß Gott was noch alles seither zu tun.“
Wie auf ein Stichwort erschien Ena auf der Treppe und trat auf die beiden Männer zu, als hätte sie eine heilige Mission zu erfüllen. „Lady Elspeth sagt, sie wünscht Euch zu sehen, Mylord“, sagte sie erhaben.
„Mylord?“ rief Lucais aus und ließ die alte Frau einen Schritt zurückweichen. „Seit wann bin ich Mylord anstelle von Lucais?“ „Seit du damit begonnen hast, herumzuschreien und zu toben wie ein verwundeter Bulle ..."
„Vielen Dank, Ena“, warf Niall ein. „Er wird sofort kommen.“ „Außerdem sagte Lady Elspeth, dass dies gebührender Respekt sei.“ Ena warf diese Worte noch rasch über ihre Schulter, bevor sie sich hastig zurückzog.
„Verdammt. Schlimm genug, dass sie mich aus meinem eigenen Gemach geworfen hat, nun bringt sie mich auch noch dazu, meine Leute anzubrüllen“, knurrte Lucais.
„Es ist gebührende Ehrerbietung, nehme ich an. Du bist hier der Laird.“
Lucais blickte düster drein. „Das mag für einen Stutzer aus dem Tiefland passen, doch ich bin ein Hochländer. Großvater war immer ,Angus“ für alle. Er sagte, ein Anführer sollte wie ein Vater zu seinen Leuten sein und sich niemals über sie stellen. Außerdem ist Elspeth meine Gefangene. Sie hat kein Recht, hier über alles zu bestimmen.“
„Elspeth ist kein demütiges, gehorsames Frauenzimmer, das tut, was man ihm sagt.“
Treffendere Worte waren niemals gesprochen, dachte Lucais trübsinnig. „Verdammt, könnte ich bloß herausfinden, warum sie sich so um Gillie kümmert.“ Oder kannte sie die Wahrheit über die Vaterschaft des Kindes? Unmöglich. Lediglich er und Jean wussten um das schreckliche Geheimnis, und Jean war tot. „Je eher Elspeth von hier fortgeht, umso sicherer für uns alle.“
„Sicher?“ Nialls Lächeln verschwand. „Hast du etwas herausgefunden?“
„Ja.“ Lucais beschloss, es sei an der Zeit, die Last zu teilen, und erzählte mit kurzen Worten seinem Vetter von der Landkarte, die Elspeth bei sich trug. Niall war beunruhigt, doch als er fragte, warum eine Carmichael an dem Turm interessiert sein könnte, zögerte Lucais. Obwohl er ein guter Bursche war, war Niall geneigt wie jeder andere junge Mann zu trinken, und Lucais wusste nur zu genau, was geschehen konnte, wenn ein Mann zu tief in den Becher geschaut hatte. Hätte er nicht seinen Kummer in Ale ertränkt an dem Tag, als Elspeth ihn abgewiesen hatte, hätte er Jean nicht mit sich genommen, und Gillie wäre nicht gezeugt worden. Wenn es herauskam, dass Elspeth mit einem Munro verheiratet war, könnten Cathal und die anderen, die Familienangehörige durch den Feind verloren hatten, ihren Hass an ihr auslassen.
Argwöhnisch, wie Lucais war, ertrug er den Gedanken nicht, dass Elspeth Schmerzen leiden sollte, ein Beweis, dass er immer noch etwas für sie empfand. Nein, er würde nicht... er konnte es sich nicht erlauben, sie zu lieben. Doch dann erinnerte er sich, was in den Ställen vorgefallen war, und sein Herz schlug heftig. Trotz der Düsterkeit ihrer Umgebung konnte es keinen Zweifel geben, dass Verlangen ihre Augen verdunkelte, als sie zu ihm aufblickte. Atemlos, mit geöffneten Lippen, hatte sie seinen Kuss erwartet.
Eine plötzliche Bewegung in der Halle ließ Lucais herumfahren. Was er aus dem Schatten auftauchen sah, vertiefte den Schmerz in seinem Herzen.
Elspeth mit Gillie in den Armen.
Beide hatten ihre schwarzhaarigen Köpfe aneinander geschmiegt. Gillie wirkte blass und bedrückt, Elspeth ruhig und entschlossen, als sie dem Mädchen tröstende Worte zuflüsterte. Sie sahen aus wie Mutter und Tochter. Der Klumpen, der auf Lucais’ Brust lag, drohte seine Kehle zu erdrücken.
Stolz allein hielt
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