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Sturm ueber den Highlands

Titel: Sturm ueber den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Barclay
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vermählt war.“
    „Das kannst du ändern.“ Er wandte sich von dem Felsen ab und ließ sie allein in der zunehmenden Dunkelheit. Der Wind hatte aufgefrischt, er pfiff durch die Bäume und ließ die Blätter rascheln.
    Erschauernd legte Elspeth die Arme um sich und beobachtete Daibidhs vermummte Gestalt. Plötzlich drehte er sich um und schob sie vorwärts. Sie stolperte in der Dunkelheit und wäre gestürzt, hätte er sie nicht am Arm gepackt. Die Kraft seiner knochigen Finger, die sie mit sich zerrten und gegen den kalten Stein drückten, überraschte sie. Heilige Maria! Er wollte sie umbringen!
    „Versteif dich nicht so“, sagte er. „Ich will dir nichts tun. Ich werde dir zeigen, was du wissen musst.“ Er führte ihre Hand und stieß sie tief in einen schulterhohen Spalt im Stein. Der Platz war eng, ihr Arm unnatürlich abgewinkelt, doch dann fühlte sie etwas. Einen dicken Hebel aus blankem Metall. „Zieh ihn hinunter“, befahl Daibidh.
    Der Fels, an den sie gelehnt war, erwachte zum Leben. Er begann sich zu bewegen. Der Boden unter ihren Füßen bebte. Elspeth stieß einen schrillen Schrei aus, sprang zurück und torkelte gegen Daibidh. Er legte beruhigend die Hand auf ihren Arm und sprach besänftigende Worte, die jedoch nicht den ängstlichen Schlag ihres Herzens bezwangen, als die Erde sich langsam zu öffnen schien und ein Windstoß sie erfasste. Die Luft roch frisch und trocken, nicht feucht und dumpf, wie sie erwartet hatte. Der Gang war noch dunkler, als sie angenommen hatte. „Gut, dass ich daran gedacht habe, Kerzen mitzunehmen.“
    „Das war nicht nötig.“ Daibidh trat in den gähnenden schwarzen Schlund mit dem Vertrauen eines Mannes, der auch im Dunkeln sehen konnte. Noch war sie nicht hinter ihm, da sprühten Funken, eine Flamme züngelte hoch, und ihr seltsamer Mentor kehrte mit einer Fackel zurück.
    „Du warst schon zuvor hier drinnen.“ Sie versuchte, mehr von seinem Gesicht zu sehen, um zu ergründen, warum er ihr half. Doch er hatte bereits wieder die Kapuze seiner Kutte tief in die Stirn gezogen und sich von ihr abgewandt, weg vom flackernden Licht.
    „Überrascht dich das?“
    „Nein.“
    „Ich bin der Hüter der Sutherland-Legenden. Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ihr Erbe bewahrt wird.“
    „Warum hilfst du mir dann?“
    „Weil diese Geheimnisse in Gefahr sind.“
    „Wie kann sich das ändern, wenn du mich in den Turm lässt?“
    „Das wird die Zukunft weisen.“
    „Das ist keine Antwort.“
    Seine Augen leuchteten in der Dunkelheit. „Sie hatten Recht. Du bist ein neugieriges Mädchen.“
    „Sie?“ fragte Elspeth. Doch er reichte ihr die Fackel und ging an ihr vorbei, um die kärglichen Vorräte, die sie mitgebracht hatte, einzusammeln. Er steckte den bldag in ihren Gürtel, hängte ihr die Schläuche über die eine Schulter und den Sack mit dem Proviant über die andere. „Nun weiß ich, wie sich ein Packpferd fühlt“, sagte sie.
    „Es ist bloß ein kurzer Weg durch den Gang. Das Fundament ist fest, die Stufen, die in den Hauptraum des Turms führen, sind breit und gleichmäßig. Du wirst keinen Schwierigkeiten begegnen.“
    „Kannst du wenigstens die Fackel tragen?“ Als er nicht antwortete, blickte sie sich um, und ihr Herz schien stillzustehen. Er war gegangen.
    „Daibidh?“ rief sie. Der Wind warf seinen Namen zurück wie die kalte Ablehnung ihrer Bitte. Er war gegangen. Sie war allein. Elspeth überdachte rasch ihre Möglichkeiten. Sie war versucht, sich in der Öffnung zusammenzukauern bis Tagesanbruch, um dann nach Kinduin zurückzukehren, doch ihr Stolz machte das unmöglich. Sie würde nicht zu dem Mann zurückkehren, der sie unter falschen Voraussetzungen zur Frau genommen hatte. Zu dem Mann, der ihr glauben machen wollte, dass er sie aufrichtig begehrte, während er die ganze Zeit nur hinter ihrem Turm her war.
    Nein, sie musste vorgehen wie geplant. Sich im Turm einschließen für ein Jahr und einen Tag wenn nötig, bis sie von Lucais frei war. Mit diesem Entschluss richtete Elspeth sich auf und trat in den Gang. Immerhin hatte sie Daibidhs Segen. Er hatte ihr gezeigt, wie man die steinerne Tür öffnete. Mitten im Schritt hielt sie inne. Der Gedanke, dass er einen anderen Beweggrund gehabt haben könnte, ließ sie einen Blick zurück über ihre Schulter werfen.
    Die kleine Lichtung war menschenleer; nichts bewegte sich im verblassenden Licht außer den Zweigen im Wind. Sie zerrten an ihrem Haar und Umhang wie gierige Finger,

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