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Sturm ueber den Highlands

Titel: Sturm ueber den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Barclay
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die entschlossen schienen, sie von dem Gang zurückzuhalten. Die Aussicht, das tintenschwarze Erdinnere zu betreten, ließ einen kalten Schauder über ihren Rücken laufen, doch sie spürte nichts Böses hier.
    Ein Gebet murmelnd, schob Elspeth einen großen Stein über die Schwelle, betrat den unterirdischen Gang und schloss das Felsentor mit der Schulter. Es bewegte sich wie ein gut geöltes Rad und ächzte lediglich kurz, als es auf den Stein, der als Notbehelf diente, traf. Sollte sie einen raschen Rückzug antreten müssen, wollte sie nicht damit Zeit verlieren, erst nach dem Hebel auf dieser Seite der Tür zu suchen. Zufrieden schritt sie voran.
    Im Gegensatz zur Feuchtigkeit des Waldes war der Gang überraschend trocken, ebenso wie der festgestampfte Lehmboden unter ihren Füßen. Sie bewegte sich vorsichtig, doch zügig vorwärts, den Dolch hielt sie in einer Hand und in der anderen die Fackel, ihre Sinne geschärft für jegliche Gefahr. Der Lichtschein war nahezu verloren in der Dunkelheit, die sie umgab wie eine Hülle, die Licht und Schall abprallen ließ. Nichts rührte sich. Keine Fledermaus, keine Mäuse oder Ratten, kein Ungeziefer. Entweder war Daibidh ein ausgezeichneter Hausmeister, oder die Angst vor dem Fluch war auch den niederen Kreaturen zu Ohren gekommen.
    Du glaubst nicht an einen Fluch. Trotzdem schlug ihr Herz immer noch zu schnell. Ihr Atem stockte, als sie gegen eine kahle Steinwand stieß.
    Gefangen!
    Elspeth wandte sich um. Flucht war ihr erster Gedanke. Doch wohin würde sie laufen? Nein, es gab kein Zurück mehr. Als sie sich in Erinnerung rief, wie Daibidh das Tor zum Gang geöffnet hatte, schöpfte sie Hoffnung. Die Alten hätten für ungebetene Gäste ihren Geheimgang nicht offen stehen lassen. Sie legte ihre Lasten ab und hielt die Fackel in die Höhe. Mit der anderen Hand fuhr sie die vertieften Ränder der Steintür entlang. Am Boden zu ihrer Linken fand sie den Hebel.
    Mit einem kurzen Ächzen, das ihr nun schon vertraut schien, schwang der Stein von ihr weg. Elspeth drückte sich flach an die Wand, das Herz raste, die freie Hand griff nach dem Dolch an ihrem Gürtel.
    Ein kleiner, leerer Raum tat sich vor ihr auf. Elspeth ließ ihren Proviantsack an der Schwelle zurück, um die Tür offen zu halten, und schlüpfte in einen kurzen Korridor. Von hier gingen mehrere kleine Räume, ähnlich dem ersten, ab. Vorratskammern, vermutete sie, nun leer bis auf Tongefäße und Körbe, die noch unversehrt waren, obwohl sie in all den Jahrhunderten längst zu Staub hätten zerfallen müssen. Der Broch schien ein Ort zu sein, an dem die Zeit Stillstand.
    Die steinernen Stufen am Ende des Ganges stellten sie erneut vor eine Entscheidung. Sollte sie sich in einer Vorratskammer verkriechen und den Tagesanbruch abwarten? Nein, Furchtsamkeit hätte sie nicht bis hierher gebracht. Sie straffte die Schultern und erklomm die Stufen um zu sehen, welch neue Herausforderung dort auf sie wartete. Es war nur eine kurze Treppe und dahinter ...
    Elspeth stockte der Atem. Sie drehte sich langsam im Kreise, versuchte, die ungeheuren Ausmaße dieses Raumes zu erfassen. Es war, als stünde sie inmitten eines riesigen Kamins, denn als sie hochblickte, konnte sie etwa vierzig Fuß über sich ein kleines Stückchen grauen Nachthimmel erkennen.
    In den glatten Wänden befanden sich verschiedene Öffnungen. Keine Fenster nach draußen, aber Öffnungen zu weiteren Kammern vermutlich. Vier Türen waren an der Basis dieser runden Halle zu erkennen. Eine davon, die über mehrere Treppenfluchten zu erreichen war, führte ins Freie. Das musste das Tor sein, das man auch von außen erkennen konnte. Aber wohin führten die anderen?
    Elspeth entdeckte mehr Stufen, als sie die nächstliegende Tür öffnete und dahinter lugte. Sie stieg weit genug hinauf, um zu erkennen, dass die massiven Mauern des Turmes hohl waren, wie Bienenwaben mit kleinen Kammern durchsetzt, die von der Wendeltreppe zu erreichen waren. Sie alle hatten keine Fenster, aber das fahle Licht drang durch Ritzen zwischen den Steinen, die die Außenmauer bildeten. Die Fenster, die sie von der Halle aus gesehen hatte, waren Öffnungen an der Innenwand der Treppe. Von hier konnte sie in den Hauptraum hinabblicken.
    Die Erbauer des Broch hatten allem Anschein nach die Vorratskammern mit Lebensmitteln und Wasser ausreichend gefüllt, um eine Belagerung zu überstehen. Wenn marodierende Wikinger die Küste bedrohten, mussten sie bloß das Vieh und ihre Habe sammeln

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