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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Holzöle. Locke nahm sich vor, an jedem Tee, den man ihm anbot, gründlich zu schnuppern, ehe er ihn trank.
    »Sie alle haben sich wirklich und wahrhaftig übertroffen.« »Wir waren … äh … finanziell inspiriert, Meister Fehrwight«, erwiderte Meister Baumondain.
    »Ich liebe es, absurde Dinge zu bauen«, steuerte Parnella aus der Ecke bei.
    »Hey. Doch ich denke, dass dieser Ausdruck zutrifft.« Locke betrachtete die vier identischen Stühle und seufzte halb erleichtert, halb besorgt. »Also, das war’s dann wohl. Bitte seien Sie so freundlich und bereiten Sie die Stühle für den Transport vor.
    Ich miete zwei Kutschen und reise noch heute Nachmittag ab.«
    »Haben Sie es so eilig, von hier wegzukommen?« »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich Ihnen gestehe, dass ich keinen Augenblick länger als unbedingt nötig „n diesem Ort verbringen möchte. Salon Corbeau drückt mir aufs Gemüt.« Locke zog einen Lederbeutel aus seiner Rocktasche und warf ihn Meister Baumondain zu. »Noch einmal zwanzig Solari. Dafür, dass Sie den Mund halten und keiner von der Existenz dieser Stühle erfährt. Ist das klar?«
    »Ich … nun ja, es dürfte uns nicht schwerfallen, Ihnen diesen Wunsch zu erfüllen … Ich muss schon sagen, Ihre Großzügigkeit ist …«
    »Kein Thema, das zur Debatte steht. Also kein Wort mehr darüber. Ich bin ohnehin bald weg.«
    Das war’s dann aber auch, raunte die Stimme in Lockes Kopf. Strich drunter. Halte dich lieber an den Plan. Lass alles hinter dir, unternimm gar nichts, und kehre mit eingeklemmtem Schwanz nach Tal Verrar zurück.
    Während er und Jean sich auf Requins Kosten bereicherten und sich im Sündenturm von einer luxuriösen Etage zur nächsten mogelten, würden auf dem Steinboden in Lady Saljescas Arena die Strafen und Demütigungen andauern und die Gesichter der Zuschauer sich nicht verändern. Und das Tag für Tag. Kinder, die Insekten die Flügel ausrissen, darüber lachten, wie die blutenden Tiere zappelten … und hin und wieder eines auf dem Boden zertraten.
    »Diebe sind gesegnet«, murmelte Locke unhörbar. Er zog seine Halstücher gerade und rüstete sich zum Gehen, um die beiden Kutschen zu mieten. Ihm war elend zumute.

Kapitel F ünf
    Auf einem Mechanischen Fluss
1
     
     
    Abermals schoss die vorn mit einer Glasscheibe versehene Transportkiste aus dem Wasserfall des Mon Magisteria, schlitterte ein Stück weit und kam mit einem Ruck im Eingangsbereich des Palastes zum Stehen. Wasser zischte durch Eisenrohre, die hohen Türflügel hinter der Kiste schlossen sich laut knallend, und die Bediensteten öffneten die Kabine, damit Locke, Jean und Merrain hinaustreten konnten.
    In der Großen Halle warteten ein Dutzend Allsehende Augen des Archonten auf sie.
    Wortlos nahmen sie Locke und Jean in ihre Mitte, während Merrain den Trupp anführte.
    Anscheinend brachte sie sie nicht in das Arbeitszimmer, in dem sie bei ihrem ersten Besuch gelandet waren. Hin und wieder sah Locke sich um, während sie durch spärlich beleuchtete Flure wanderten und Wendeltreppen hinaufstiegen. In Wahrheit glich der Mon Magisteria eher einer Festung als einem Palast; außerhalb der Großen Halle mit ihrem üppigen Schmuck waren sämtliche Wände kahl, und die Luft roch im Wesentlichen nach Feuchtigkeit, Schweiß, Leder und Waffenöl. Hinter den Mauern brauste Wasser durch unsichtbare Kanäle. Gelegentlich kamen sie an Dienern vorbei, die mit dem Rücken zur Wand stehen blieben und die Köpfe senkten, bis die Allsehenden Augen vorbeimarschiert waren.
    Merrain lotste sie zu einer mit Eisen verstärkten Tür in einem schlichten Korridor mehrere Stockwerke über dem Eingang. Durch ein Bogenfenster am hinteren Ende des Ganges strömte fahles, silbernes Mondlicht herein, das seltsame Wellen zu schlagen schien. Locke blinzelte verdutzt und erkannte dann, dass ein breiter Wasserstrahl aus dem Kreislauf der Palastaquädukte die Glasscheibe hinunterfloss.
    Merrain hämmerte dreimal mit der Faust an die Tür. Als sie sich mit einem Klicken öffnete und ein schmaler Streifen aus gelbem Licht in den Flur fiel, entließ sie die Allsehenden Augen mit einem Wink ihrer Hand. Als die Soldaten durch den Korridor davonpolterten, stieß sie die Tür ein wenig weiter auf und bedeutete Locke und Jean einzutreten.
    »Endlich. Ich hatte gehofft, Sie schon früher wiederzusehen. Merrain muss Sie ja an einem für Sie höchst ungewöhnlichen Ort aufgestöbert haben.« Stragos blickte von seinem Platz auf – er

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