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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Locke. »Hat Ihnen jemand ins Gehirn geschissen …«
    »Bringt sie in meinen Garten!«, befahl Stragos unvermittelt und machte auf dem Absatz kehrt.

2
     
     
    Der Garten entpuppte sich als kleiner Wald, der sich über mehrere hundert Yards an der Nordseite des Mon Magisteria erstreckte. Hecken, in die matt glühende silberne Schlingpflanzen eingeflochten waren, markierten die Pfade in der Düsternis der leicht schwankenden Bäume; irgendeine natürliche Alchemie ließ die Ranken genug künstliches Mondlicht absondern, damit die beiden Diebe und ihre Bewacher mühelos den Kieswegen folgen konnten. Die Monde selbst waren nicht zu sehen, da sie sich hinter dem fünfzehn Stockwerke hohen Palast verbargen.
    Die wie Parfüm duftende Luft war feucht und schwer; Regen lauerte in der sich langsam vorschiebenden gekrümmten Wolkenwand, die den östlichen Himmel bedeckte. Aus den dunklen Bäumen drang das Summen und Klatschen von unsichtbaren Flügeln, und hier und da schwebten blassgoldene und scharlachrote Lichter um die Stämme wie ein Elfenspuk.
    »Laternenkäfer«, erklärte Jean, der gegen seinen Willen von diesen Leuchterscheinungen fasziniert war.
    »Stell dir vor, wie viel Erde man hier hoch geschafft haben muss, um das Elderglas so dick mit Mutterboden zu beschichten, dass darauf Bäume wachsen können …«, flüsterte Locke.
    »Das kann man sich leisten, wenn man ein Herzog ist«, erwiderte Jean. »Oder ein Archont.«
    Mitten im Garten stand ein niedriges Gebäude wie ein Bootshaus; beleuchtet wurde es von alchemischen Hängelaternen in Tal Verrars heraldischem Blau. Locke hörte, wie Wasser leise gegen Steine klatschte, und kurz darauf sah er, dass gleich hinter dem kleinen Bauwerk ein ungefähr zwanzig Fuß breiter Kanal in den Boden geschnitten war. Wie ein Miniaturfluss schlängelte er sich in die Finsternis des Waldgartens hinein. Und dann erkannte Locke, dass das von Laternen erhellte Gebäude tatsächlich ein Bootshaus war.
    Aus dem Dunkel tauchten noch mehr Wachen auf, vier Leute, halb geführt, halb gezogen von zwei kolossalen schwarzen Hunden in gepanzerten Geschirren. Diese Kreaturen, deren Schultern einem ausgewachsenen Mann bis zur Taille reichten und die fast so breit wie groß waren, fletschten die Zähne und beschnüffelten geringschätzig die beiden Diebe; dann schnaubten sie und zerrten ihre menschlichen Begleiter tiefer in den Garten des Archonten hinein.
    »Ausgezeichnet«, bemerkte Stragos, der kurz nach den Wächtern mit den Hunden aus der Düsternis trat. »Alles ist vorbereitet. Sie beide kommen mit mir. Schwert-Präfekt, Sie und Ihre Leute können gehen.«
    Die Allsehenden Augen machten wie ein Mann kehrt und marschierten auf dem leise knirschenden Kies in Richtung des Palastes. Stragos gab Locke und Jean einen Wink und führte sie zum Kanal hinunter. Auf dem ruhigen Wasser schwamm ein Kahn, der an einem kleinen Pfosten hinter dem Bootshaus festgemacht war. Der Nachen schien vier Personen fassen zu können; im Bug sowie im Heck befand sich je eine ledergepolsterte Bank. Abermals wedelte Stragos mit der Hand und gab Locke und Jean ein Zeichen, ins Boot zu klettern und sich auf die vordere Bank zu setzen.
    Locke fand es recht angenehm, sich in die Polster zurückzulehnen und den Arm auf dem Dollbord des stabilen kleinen Fahrzeugs abzustützen. Stragos brachte das Boot ein wenig zum Schwanken, als er nach ihnen hineinstieg und auf seiner Bank Platz nahm. Er nahm einen Riemen auf und tauchte ihn über das linke Dollbord. »Tannen«, sagte er, »seien Sie so freundlich und zünden Sie die Buglaterne an.«
    Jean drehte sich um und entdeckte eine faustgroße alchemische Laterne, die in einer Einfassung aus geschliffenem Glas an seiner Seite des Bootes hing. Er drehte eine Messingscheibe an der Spitze der Laterne, bis sich die darin befindlichen Dämpfe miteinander vermischten und zischend zu glühen anfingen, wie ein himmelblauer Diamant, dessen Facetten sich geisterhaft auf dem Wasser darunter spiegelten.
    »Dies alles befand sich schon hier, als die Herzöge des Theriner Throns ihren Palast errichteten«, erklärte Stragos. »Ein in den Glas eingeschnittener Kanal, acht Yards tief, wie ein privater Fluss. An den Ufern wurden dann die Gärten angelegt. Wir Archonten erbten dieses Anwesen zusammen mit dem Mon Magisteria. Mein Vorgänger gab sich mit einem stehenden Gewässer zufrieden, ich ließ jedoch Modifizierungen anbringen.«
    Während er sprach, wurden die Geräusche von Wasser, das gegen

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