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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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bereit, um sie zu bergen. Nachdem sie mehrere Minuten lang das Gangspill gedreht hatten, befahl Ezri den Ankergasten mit einem einzigen kurzen Pfiff stehen zu bleiben.
    »Auf und nieder!«, rief Ezri. »Sichert Backbordanker!« »Vorbereiten zum Backbordhalsen!«, ertönte wieder Drakashas durch den Sprechtrichter verstärkte Stimme. »Marssegel und Focksegel!«
    Es folgte ein wirres Gerenne, weitere Pfeifensignale, emsige Betriebsamkeit. Auf dem Gangspillkopf sprang Ezri nun auf die Füße und bellte ein Stakkato von Befehlen: »Toppgasten aufentern! Klarmachen zum Segelsetzen! Lass fallen Mars und Fock! Großrahen rundbrassen zum Backbordhalsen! Fockrah anbrassen!« Das war noch längst nicht alles, aber Locke hörte nicht mehr länger zu, da er versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, was passierte.
    Die Giftorchidee hatte in ruhiger See an einem einzigen Anker gelegen, mit einer leichten Brise aus Nordost, und sie war so abgedriftet, dass der Wind nun ziemlich voraus einfiel. Das wenige, was er von Ezris Befehlen verstand, sagte ihm, dass das Schiff ein wenig Heckfahrt machen und dann nach Osten wenden würde, damit der Wind wieder von backbord einkam.
    »Gasten vorn und achtern, an die Reling! Ausguck im Topp – Augen auf!« Ezri hüpfte auf das Deck hinunter. Die Wanten waren schwarz, als die Toppgasten Hand über Hand die Webeleinen hochkletterten; Taljen knarrten in der sich verdichtenden Dunkelheit, und immer noch kletterten Matrosen durch die Luken nach oben, um zu dem Tumult beizutragen. »Schrubberwache! Schrubberwache, runter in die Back mit euch, und bleibt uns ja aus dem Weg, verflucht noch mal! Nicht ihr zwei!« Ezri schnappte sich Locke und Jean, als sie sich zusammen mit den anderen in Bewegung setzten, und schob sie nach achtern. »Werkzeugschapp, unter der Steuerbordtreppe achteraus vom Großmast! Nehmt euch Besen und fegt den Sand in den Eimer zurück. Danach könnt ihr die Spillspaken abschlagen.«
    Im schwankenden alchemischen Licht machten sie sich an diese knochenbrechende Arbeit, dauernd gestört von emsigen oder ruppigen Matrosen. Locke setzte eine finstere Miene auf, bis Ezri zwischen ihn und Jean trat und ihnen zuflüsterte: »Stellt euch nicht so an! Wenn ihr hier schuftet, dann erleichtert das nur eure Situation mit eurer alten Mannschaft.«
    Sie hatte recht, gestand Locke sich widerwillig ein; wenn Ravelle und Valora ein bisschen mehr gedemütigt wurden als der Rest der Männer, dann trug das vielleicht dazu bei, den Groll, den diese immer noch gegen sie hegten, ein wenig zu beschwichtigen.
    »Gute Idee«, zischelte er zurück.
    »Ich verstehe mein Handwerk«, versetzte sie brüsk. »Verstaut die Sachen wieder da, wo ihr sie hergeholt habt, dann geht in die Back und bleibt dort.« Danach ließ sie sie allein und marschierte von einem Arbeitstrupp zum anderen, um Dutzende von heiklen Manövern zu beaufsichtigen. Locke stellte die Besen in das Werkzeugschapp zurück, dann suchte er sich in dem allgemeinen Gewühl, das an Deck herrschte, einen Weg zum Vorschiff; Jean folgte ihm auf dem Fuß. Über ihren Köpfen bauschten sich knatternd die Segel, und die Leinen knarrten, wenn mehr Zug darauf gegeben oder der Druck verringert wurde. Männer und Frauen verständigten sich untereinander mit leisen Zurufen, während sie Dutzende von Yards hoch in den Wanten herumturnten. Gemächlich glitt die Giftorchidee in die Backbordhalse. Sie ließ den letzten matten Abglanz der unter der Kimm verschwundenen Sonne hinter sich, als segele sie durch ein geisterhaftes goldenes Portal, und ging auf Kurs; über ihr blinzelten die ersten Sterne, die in der tintigen Schwärze des östlichen Himmels rasch an Helligkeit gewannen.
    Locke war angenehm überrascht, als er merkte, dass Jabril für ihn und Jean ein Plätzchen freigehalten hatte; es war keiner der beliebteren Orte in der Nähe des Eingangs, aber immerhin so groß, dass er und Jean sich gegen das Backbordschott quetschen konnten. Die Männer, die sich günstigere Fleckchen ergattern konnten, ließen sie in Ruhe, als sie an ihnen vorbei stolperten und -krochen. Ein paar von ihnen murmelten ihnen sogar einen Gruß zu; das Schlimmste, was ihnen entgegenschlug, war ein feindseliges Schweigen, etwa von Mazucca und Aspel. »Sieht ganz danach aus, als gehört ihr jetzt wirklich zu uns, den anderen Galeerensklaven«, meinte Jabril.
    »Galeerensklaven wären wir geworden, wenn Ravelle uns nicht aus dem Kerker geholt hätte«, konterte jemand, dessen Stimme

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