Sturm ueber Thedra
für immer von der Erde zu tilgen, und er wollte diese Macht ergründen.
Zum Gepäck des Wanderers hatten, neben acht Kristallen unterschiedlicher Größe, auch ein schöner Vorrat an Bronzemünzen und einiges Werkzeug aus Stahl gehört. Er gedachte eine Spur zu legen, die der seinen folgen sollte. Unauffindbar für den ungebetenen Sucher, aber nicht zu verfehlen für den Hüter der Schlafenden Armee.
Auf diese Wanderschaft des alten Mannes war die thedranische Tradition der Verehrung der Schlafenden Armee zurückzuführen, denn der Wanderer hatte Spuren hinterlassen in seiner Stadt. Spuren und Anweisungen, die sich von Generation zu Generation weitervererbten, denn der Wanderer hatte Zeit im Überfluß. Der Tag würde kommen, da man sich seiner Befehle erinnerte, da war er sich sicher. Und sollten die Flüsse in Jahrhunderten oder Jahrtausenden ihren Lauf ändern, mochten die Menschen das Land besiedeln und Städte entstehen und vergehen. - Sein Vermächtnis würde die Generationen überdauern, so wie er selbst. - Er würde das Geheimnis der Weltvernichtungs-Religionen lüften. Er würde sich die Macht aneignen. - Und wenn Thedra dereinst in Not geriet, würde man ihn rufen. Er würde die Schlafende Armee sein. Er würde als Retter in der Not erscheinen. - Er allein!
Die Geschichte mit den Hütern der Armee war nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver. Eine weitere Religion für Dumme, wie Sed eb Rea ganz richtig vermutet hatte. Aber sie würde dafür sorgen, dass die Schlafende Armee nicht in Vergessenheit geriet - und dass das Notwendige getan wurde, wenn es so weit war. - Und das war sehr wichtig, denn der Wanderer hatte alles für seinen Tod vorbereitet und war dann auch gestorben. - Aber er hatte keineswegs die Absicht, auch tot zu bleiben!
Tief im Vorgebirge, wohl zwölf Tagereisen hinter der Bergstadt Stein, teilte sich ein gewaltiger Fluß ohne Namen und umschloß mit seinen tosenden Wassern ein Hochplateau aus massivem Basalt.
In dieser menschenfeindlichen Gegend, die nur aus Wasser, Luft und Stein bestand, hatte der Fluß sich durch eine Tuffsteinplatte gefressen, die vor langer Zeit einen Bogen aus Granit gestützt hatte. An dieser Stelle war unter einem kleinen Überhang ein Ahornblatt in den Fels geschnitzt, das auf den Tafelberg in der Mitte des Stromes zeigte, der sich wuchtig über den Fluten erhob. Klein und unauffällig war dieses Zeichen. - Leicht zu übersehen für den, der hier unbefangenen Sinnes vorüberging, aber an dieser Stelle hatte zum letzten Mal vor Hunderten von Jahren ein Mensch gestanden. Damals war das Flußufer noch höher gewesen, aber das fiel von hier oben kaum auf. Immer noch überbrückte der Felsbogen den Fluß in schwindelerregender Höhe von Hochplateau zu Hochplateau. Waren im Lauf der Zeit auch die Ufer des Flusses von den gewaltigen Fluten der Schneeschmelze zu Sand zermahlen und auf das ferne Meer zugetrieben worden, so war doch der Übergang erhalten geblieben, wenn er auch mit seiner schmalen, stark gerundeten Oberseite nicht gerade einladend aussah.
Der Tafelberg selbst war von dunkler, fast schwarzer Farbe, mit senkrechten, vom Wasser glatt polierten Wänden. Es gab hier nichts, was einen Menschen hätte veranlassen können, über den Felsbogen zu gehen, um sich diesen scheinbar monolithischen Block grauschwarzen Basalts näher anzusehen. - Außer, er hätte das Zeichen des Ahornblatts verstanden.
Folgte man dem Lauf der Brücke, gelangte man über die verwitterte, jedoch glatte, Oberfläche des Tafelberges zu einem, etwa eine Mannslänge breiten, Spalt, der den ganzen Felsen bis tief in die Erde hinein teilte. Hier nun war es zu einer Höhenverschiebung der Blockhälften gegeneinander gekommen, die einen Einblick in das einst glutflüssige Gestein erlaubte. An der schmalsten Stelle des Risses erhob sich vor dem Betrachter eine gut drei Mannslängen hohe Wand, in der zahlreiche kleine Öffnungen von Gaseinschlüssen im Urgestein zeugten. Eine dieser natürlichen Höhlen war besonders auffällig. - Etwa kreisrund und gut eine Mannslänge hoch, führte sie fast waagerecht in den Berg hinein, verjüngte sich und endete dann nach wenigen Schritten in einem Geröllhaufen.
Hätte es einen solchen Wanderer gegeben, der diesen Weg gegangen und dann noch zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen wäre, hätte er in jener Nacht, in der der eisige Wind sanft und tödlich über die Felsen strich, Erstaunliches erleben können.
Ein heller Ton, wie von einer zu hoch
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