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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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man ihn rief, und sein Blick streifte das Schwert und den Bogen aus feinstem Stahl, die, wie er selbst, die Jahrhunderte unbeschadet überdauert hatten.
    Die Hüterin war unterwegs. Gut! Das Kind würde Hilfe brauchen! Der Alte packte seine Sachen zusammen und trat in den Eingang der Höhle. Er fühlte sich frisch und unverbraucht. - Thedra war in Not! - Eine Hüterin war unterwegs, um die Schlafende Armee zu holen. Mit ihrer Hilfe würde er endlich seine Suche fortsetzen können. Jetzt endlich würde er es enträtseln, das Geheimnis, das ihn schon so lange beschäftigte.
    Mit einem großen, kraftvollen Schritt trat der alte Mann über den Spalt im Gestein hinweg, verließ die Höhle, in der er Jahrhunderte verbracht hatte und machte sich auf den Weg zur Felsenbrücke. Nach ein paar hundert Schritten fiel ihm das Atmen ein wenig schwer, und er ging lieber etwas langsamer. - Nun, er war schließlich nicht mehr der Jüngste. Er würde sich seine Kräfte aber schon einzuteilen wissen!

KAPITEL 4 - DIE NISCHE

    Liebe und Haß sind sich ja so ähnlich. Beide kennen nur das eine Schlagwort: - "Hinterher!"

    Der Morgen des zweiten Tages kam und verging, und Teri hatte sich noch nicht eine einzige Pause gegönnt, seit sie von Thedra aufgebrochen war.
    Das Licht des neuen Tages hatte keine Erleichterung, keine Besserung gebracht. Noch immer erstreckte sich das endlose Moorland rechts und links des Weges. Kein Mensch war um diese Jahreszeit, in der man jederzeit mit Wetterstürzen rechnen mußte, hier unterwegs. Hoch im Norden waren die ersten Ausläufer einer Schlechtwetterfront zu erkennen, doch vorläufig kam der Wind aus Nordwest und war eher erfrischend als kalt.
    Als es hell wurde, war Teri kurz stehengeblieben und hatte den Weg hinter sich genau beobachtet. Es hatte keine Anzeichen dafür gegeben, dass sie verfolgt wurde, aber das hatte sie nicht beruhigt. Wenn im Moment noch keine Verfolger zu sehen waren, dann hieß das nur, dass sie noch nicht aufgeholt hatten.
    Immer wieder mußte Teri an den dunkel gekleideten Dramilen denken, der sie in Thedra gemustert hatte wie ein Stück jagdbares Wild. Der Mann war gefährlich - das hatte sie gespürt. - Und er hatte Interesse an ihr gezeigt! Wenn es Verfolger gab, die hinter Teri her waren, dann steckte mit Sicherheit dieser Mann dahinter.
    Immer weiter führte der Weg in Richtung Norden. Ab und zu griff Teri in ihre kleine Umhängetasche und brach sich ein Stückchen des trockenen Brotes ab. Hin und wieder öffnete sie auch im Gehen den Verschluß der flachen, kupfernen Flasche und trank einen kleinen Schluck. Die gezerrten Sehnen und Muskeln schmerzten schon nicht mehr ganz so schlimm wie zu Beginn, aber Teri achtete doch darauf, ihren rechten Arm zu schonen.
    Immer weiter ging sie, in gleichmäßigem, perfektem Rhythmus. Es war weniger die Angst vor den Dramilen, die Teri antrieb. Viel eher war es das Wissen, einfach weitergehen zu müssen, um ein unbekanntes, aber sehr reales Ziel zu erreichen. - Die erste Nische!
    Am späten Nachmittag des zweiten Tages war es dann so weit: Der Weg näherte sich in einem weiten Bogen wieder dem Ufer des Nordmeeres, und in der Landschaft war stellenweise schon die Klippenstruktur der Steilküste zu erkennen, als Teri an einem Felsen das Zeichen sah.
    Der große Steinblock stand dicht am Wegesrand, und man konnte ihm ansehen, dass Wind und Sonne, Regen und Frost ihm im Lauf der Jahrtausende gehörig zugesetzt hatten. Rauh und zerklüftet ragte der Fels aus der flachen Moorlandschaft auf, und an seiner Basis zeugten abgesprungene Steinsplitter von dem Zerstörungswerk der Zeit. Fast wäre Teri achtlos daran vorübergegangen, doch im letzten Moment sah sie aus den Augenwinkeln eine winzige Stelle, die sich von der zerklüfteten, schrundigen Oberfläche abhob.
    Ein gutes Stück über ihrem Kopf sprang der Fels etwa eine Handbreit vor, so dass ein kleines, natürliches Dach entstanden war. Auf der relativ glatten Fläche direkt darunter konnte man deutlich ein Ahornblatt erkennen, das dort in den Stein eingemeißelt war.
    - Wie viele Wanderer sich schon gefragt haben mochten, wer sich wohl die Arbeit gemacht hatte, diesen Felsbrocken am Wegesrand mit dieser winzigen Steinmetzarbeit zu verzieren? - Teri sah genau hin. Die Spitze des Blattes zeigte in das Moor hinein, das sich an dieser Stelle in einem breiten, schilfbestandenen Streifen zwischen Weg und Steilküste dahinzog
    Unschlüssig ging Teri einige Schritte bis zum Wegesrand und schaute

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