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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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Vernichtung gelebt hatte und was ihm alles fehlte, um ein wirklicher Mensch zu sein.
    Freundschaft, Liebe, Vertrauen - das waren Phrasen gewesen, derer er sich auf seinen Jagden bedient hatte, nicht mehr. - Die Freundschaft eines Kaufmanns aus Sordos zu einem aufrührerischen Priester hatte er dazu benutzt, in Sed eb Reas Auftrag, beide zu ermorden. Die Liebe, diese Macht, die zwei Menschen aneinander fesselte, hatte er immer als sehr nützlich empfunden. - Wer einen der Liebenden suchte, brauchte sich nur an die Fersen des anderen zu heften. - Und Vertrauen? Vertrauen hatte Szin eb Szin nie gespürt, solange er lebte. Selbst seinem Dienstherren, der ihn doch immer reich belohnte, wenn er wieder einmal einen Auftrag zur Zufriedenheit erledigt hatte, war er stets mit tiefem Mißtrauen begegnet. Szin wußte genau, dass das Wohlwollen Sed eb Reas und seines Hofmarschalls nur von seiner, Szins, Benutzbarkeit abhängig gewesen war. - Hätte Szin auch nur einmal versagt, oder schlimmer noch, hätte er sich geweigert, einen Auftrag auszuführen, wäre es nur eine Frage von Augenblicken gewesen, dass man ihn dem Henker ausgeliefert hätte.
    Szin war immer stolz gewesen auf seine Kälte, seine Härte und seine Mitleidslosigkeit. Nun sah er, dass diese Eigenschaften zu nichts anderem gut gewesen waren, als seine heimliche, tiefinnerliche Sehnsucht nach Zuneigung, Wärme und Liebe zu überdecken. Es waren die Tugenden des Verlorenen gewesen, dessen Band zu den Menschen schon lange zerrissen war. - Die Tugenden des Hasses, wobei es gleich war, wer zuerst zu hassen begonnen hatte.
    Szin war von den Menschen getrennt und doch kam er ständig mit ihnen in Berührung, und unter all den vielen, die er getroffen hatte in seinem Leben, war nicht einer gewesen, dem er sich hätte anvertrauen können. Szin war allein!
    So erdrückend war das Gefühl der Einsamkeit, dass sich der Brust des Dramilen ein zitternder Seufzer entrang. Damit war der Bann gebrochen. Szins Blick belebte sich wieder. Nachdenklich schaute er zu der Nische hinüber, in der Teri schlief. Nein, er würde diese Hüterin nicht töten! Sie hatte mit ihrem Lied sein Innerstes angerührt und die Hoffnung in ihm geweckt, eines Tages einen Menschen zu finden, der zu ihm gehören würde. - Mochte sie in Frieden schlafen, und mochte es ihr gut ergehen auf ihrer Reise!
    Vorsichtig, ohne ein Geräusch zu verursachen, glitt Szin rückwärts aus der Deckung. Als er weit genug von der Nische entfernt war, stand er leise auf und ging davon. Er wußte nicht was er vorhatte und wie seine Zukunft aussehen würde; aber er würde nach Thedra gehen, wohin sonst? - Vielleicht gab es dort ja eine Möglichkeit, einen Teil seiner Schuld an den Menschen abzutragen.

    Teri erwachte. Die ganze Nacht hatte sie geschlafen, ohne auch nur einmal gestört worden zu sein. Die Geräusche im Buschwerk um sie her hatte sie nicht wahrgenommen, und zur Zeit der Morgendämmerung hatte sie nur ihr Gesicht in der Felldecke vergraben und weitergeschlafen.
    Jetzt war es Vormittag, und es schneite. Teri richtete sich auf und spähte durch das Gebüsch. - Kein Feind war zu entdecken. Teri war beruhigt. Sie hatte während der Wanderschaft nicht konkret über mögliche Gefahren nachgedacht. - Da war nur dieses Gefühl gewesen, keinesfalls stehenbleiben zu dürfen. Jetzt sah die Sache schon anders aus. Die Dramilen waren hinter ihr her. Das war mehr als eine Vermutung. Das war Gewißheit!
    Teri horchte nach draußen und spähte durch das Buschwerk. - Im Moment schien alles ruhig zu sein. Rasch schlüpfte sie zwischen den warmen Decken hervor, schob sich fröstelnd durch die dürren, eiskalten Zweige vor dem Eingang der Nische und ging, nackt wie sie war, zu dem kleinen Bachlauf hinunter, um sich zu waschen. Schnell, aber gründlich reinigte sie sich, wobei sie darauf achtete, dass ihre Haare nicht zu naß wurden und huschte in die Höhle zurück.
    Zitternd schlüpfte sie wieder zwischen die weichen Decken und zog sich erst an, nachdem sie sich wieder gründlich aufgewärmt hatte. So kam es, dass es schon später Vormittag war, als sie ihre Vorräte auspackte. Dabei stellte sie fest, dass der Proviant in der kleinen Umhängetasche, die zur Scharausrüstung gehörte, bestenfalls noch für drei Tage reichen würde und auch das nur, wenn sie es bei einer Mahlzeit täglich bewenden ließ.
    Nachdem sie Wasser geholt, Feuer gemacht und ihr Frühstück vorbereitet hatte, betrachtete Teri nachdenklich den Bogen, den sie dem

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