Sturm ueber Thedra
ein Zelt für sie beide zu nähen. Es war ganz selbstverständlich gewesen, dass die beiden jetzt ein eigenes Heim haben würden, denn mit dem Eintreten der Zeit waren sie zu einem Ehepaar geworden.
Manchmal erinnerte sich Fakun noch an die unbeholfenen Versuche, die Ehe zu vollziehen. - Sie hatten beide nicht das Meiste davon gehabt. Dann war seine Frau schwanger geworden, und drei Monate später hatte Fakun den Auftrag erhalten, eine Schiffsladung Ziegen nach Thedra zu begleiten.
Die Fahrt war langwierig und anstrengend gewesen. - Jeder Hafen hatte angelaufen werden müssen, um Futter und Wasser aufzunehmen, und Fakuns Hauptaufgabe war es gewesen, das Deck sauberzuhalten.
Eigentlich hatte er es doch ganz gut getroffen, fand Fakun. Wäre er damals nicht krank geworden, wäre er jetzt in Kaji bei seiner gleichgültigen Frau und würde in einer streng organisierten Dorfgemeinschaft leben müssen. - Und vor allen Dingen hätte er Teri nicht kennengelernt.
Schon als sie noch ein Kind gewesen war, hatte Teris selbstbewußte Art ihn fasziniert. Sie war so ganz anders gewesen, als die Kinder seiner Heimat, die in einer Gemeinschaft aufwuchsen, in der alles vorbestimmt war. Für Teri dagegen war überhaupt nichts vorbestimmt. Sie konnte sich in allen Dingen frei entscheiden und machte auch Gebrauch von ihrem Recht.
Es gefiel Fakun, wie sie in manchen Dingen die Initiative ergriff, selbst bestimmend, was gut war und was schlecht. Es gefiel ihm, mit welcher Selbstverständlichkeit sie sich als vollwertige Partnerin fühlte und ihn nicht mit Verantwortung überhäufte, die täglichen Arbeiten nicht in Männer- und Frauenarbeit aufteilte und Schutz und Hilfe nicht nur forderte, sondern auch gab.
Fakun war sich ganz sicher, dass Teri der größte Glücksfall in seinem Leben war und dass er nie, niemals auf sie verzichten wollte!
Teri hegte neben ihm ganz ähnliche Gedanken, und vor lauter Liebe vergaßen sie in dieser Nacht sogar, miteinander zu schlafen. Später in der Nacht wandten sie sich einander zu und hielten sich, weiterschlummernd, fest umfangen, während Hund am Fußende zufrieden in die Wärme der Decken schnaufte.
Am nächsten Tag kamen sie gut voran und fanden am Abend in einem kleinen Wäldchen Zuflucht vor dem Wind, der im Laufe des Tages wieder stärker geworden war und ihnen von Norden entgegenwehte. Fakun schlug mit dem Schwert ein paar Zweige von den Büschen, die, um einen Baum gestellt, eine ganz brauchbare Hütte ergaben, besonders, als er sie noch von außen mit Schnee bewarf und so winddicht machte.
In der Hütte stellten Teri und Fakun wiederum fest, dass sie `der ewigen Moorhühnchen überdrüssig' waren und schenkten ein Großteil ihrer Ration Hund. Das Kolbenwurzelbrot, das sie statt dessen aßen, fanden sie zwar noch abscheulicher, aber darüber wurde nicht gesprochen. Sie kochten sich eine Suppe aus Trockenfleisch dazu und freuten sich heimlich über das gute Werk, das sie an Hund getan hatten.
Kurz nach ihrem Aufbruch kam die Gruppe am nächsten Tag an einen breiten Wasserlauf, der in der Mitte noch nicht zugefroren war. Sie beschlossen, sich links zu halten. Auf diesem Weg mußten sie nach längstens einer Tagesreise die Steilküste erreichen, und wenn sie bis dahin Moorstadt nicht gefunden hatten, dann lag es eben in der anderen Richtung.
Kurz nach der Tagteilung zeigte sich, dass die Entscheidung richtig gewesen war, denn Moorstadt lag viel näher an der Küste, als sie gedacht hatten. Fakun entdeckte als erster am Horizont eine feine Rauchfahne, und als er genauer hinsah, waren da noch einige mehr. Als auch Teri seine Beobachtung bestätigte, gab es keinen Zweifel mehr, dass halbrechts voraus eine Ansiedlung lag. Teri hatte in ihrer ersten Freude über die Entdeckung das Wort `Steuerbord' verwendet. Langsam kam sie sich in dieser endlosen, weißen Weite vor, wie auf dem Meer, und die Rauchfahnen am Horizont glichen dunklen Segeln, die am Horizont dahinglitten.
Fast wären sie von einem Zulauf des Flusses, der sich plötzlich quer zu ihrer Marschrichtung erstreckte, zu einem großen Umweg gezwungen worden. Fakun allein hätte sich nicht auf das dünne Eis getraut. Eis war ihm unheimlich, da er es aus seiner warmen Heimat überhaupt nicht kannte. Aber er half Teri, den sichersten Übergang zu finden, indem er ein knapp fünf Mannslängen messendes Seil aus seinem Bündel holte, es ihr um den Leib band und sie sicherte.
Teri wußte, mehr noch als Fakun, dass es hier um ihr Leben
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