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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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wäre.
    Damals, als Aganez in die Berge gegangen war, hatte es nur wenige Siedler gewagt, sich so weit von Thedra entfernt niederzulassen, und der letzte Vorposten der Menschheit waren drei Hütten im Bergland gewesen. Als Aganez die neue Stadt am Rand des Gebirges betrat, hatten Höhenluft und eisiger Wind ihn bereits so geschwächt, dass er mit seinem Leben abgeschlossen hatte. Er war sich darüber im Klaren gewesen, dass er großes Glück gehabt hatte, denn die Kälte hätte ihn mit Sicherheit umgebracht, wenn der Impuls, der ihn aus seinem Todesschlaf geholt hatte, auch nur einen Monat später gekommen wäre.
    Mit knapper Not hatte Aganez die Bergstadt Stein erreicht und sich dort für den Winter eingerichtet. Seiner Berechnung nach mußte die Hüterin es im Spätsommer des nächsten Jahres bis zu der Stadt Wettergrube geschafft haben, also konnte er sich ruhig ein wenig Zeit lassen.
    Zeit begann für Aganez nun wirklich ein Problem zu werden. Einerseits konnte er es sich nicht mehr leisten, wie in seiner Jugend durch die Welt zu hetzen, denn schon auf der Wanderung nach Stein hatte sich sein Herz unangenehm bemerkbar gemacht. - Andererseits lief ihm seine Lebenskraft sowieso davon, und je länger er zauderte, desto schwächer wurde er.
    Der Aufenthalt in Stein war alles andere als angenehm für den Magier gewesen. Die Menschen der Bergstadt waren von Natur aus mißtrauisch und mochten keine Fremden. - Schon gar nicht, wenn diese Fremden sich so seltsam benahmen wie Aganez.
    Von Anfang an hatte der Magier mit dem seltsamen Akzent die Aufmerksamkeit der Bewohner von Stein erregt, da er aus dem Großen Gebirge gekommen war. Hirten, die vor der Stadt ihre Tiere weideten, hatten berichtet, er sei förmlich aus dem Nichts aufgetaucht.
    Besonders unheimlich war den Leuten, dass niemand den Alten in das Gebirge hatte hineingehen sehen, und der Magier selbst trug mit seiner arroganten Art noch kräftig zur Gerüchtebildung bei. Zenaga, wie er sich nannte, weigerte sich hartnäckig, auf irgendwelche Fragen bezüglich seines Aufenthalts in Stein einzugehen. Wohl wissend, dass er die Menschen damit vor den Kopf stieß, wies er mit seltsam altertümlich anmutenden Worten jeden Fragesteller barsch ab. Er konnte und wollte sich nicht dazu entschließen, diesen Handwerkern, Viehzüchtern und Bauern eine Erklärung zu geben, denn die Wahrheit wäre sowieso nicht in Frage gekommen, und für eine Lüge war er sich zu schade.
    So saß Zenaga, der Fremde, jeden Abend an seinem Tisch im Wirtshaus, wehrte lästige Fragen ab, labte sich an Fleisch, Brot und Wein und bezahlte mit uralten, kaum gebrauchten Münzen.
    Wenn man sagt, die Zeit heile alle Wunden und der Mensch gewöhne sich an alles, so traf das in diesem Fall nicht zu. Nach einem halben Monat hatten sich die Leute von Stein immer noch nicht an ihren Gast gewöhnt; denn Aganez verstand es in seiner eher ungewollt provozierenden Art vorzüglich, die Wunden nicht verheilen zu lassen, die er dem Stolz der Stadtbewohner geschlagen hatte. - Kurzum: Die Stimmung wurde immer feindseliger, und es war schon abzusehen, dass die Bewohner der Bergstadt den unbeliebten Gast über kurz oder lang aus dem Ort jagen würden, als etwas Seltsames geschah: Eines Abends, als das Gemurre der Leute im Gasthof nahezu feindselige Formen angenommen hatte, war der Fremde plötzlich aufgestanden und hatte eine kurze Ansprache gehalten. Kurioserweise konnte sich später keiner der Anwesenden daran erinnern, was der Fremde gesagt hatte, aber alle erinnerten sich an den funkelnden Ring an seiner Hand, mit der er den Weinbecher hochgehalten hatte. Danach war zwar nicht Ruhe in den Ort eingekehrt, aber der Fremde hatte wenigstens ein paar Fürsprecher, die der Meinung waren, man solle ihn doch einfach in Frieden lassen.
    So hatte Aganez die klirrend kalten Wintermonate doch noch in relativer Ruhe verbringen können. Zwar lehnte er es im Allgemeinen ab, die Kraft der Hypnose einzusetzen um sich zu bereichern, aber dass der Herbergswirt ihm nach einer kurzen Unterhaltung eine ganze Kammer zu einem Spottpreis vermietete, nahm er doch billigend hin. - Manchmal kam es eben nur darauf an, die guten Anlagen der Mitmenschen ein wenig wachzurütteln.

    Schließlich hatte Aganez im Frühjahr die Bergstadt Stein verlassen und war nach einer beschwerlichen Wanderschaft im Hochsommer in Wettergrube angekommen, wo er von einer Witwe ein kleines Haus am Stadtrand hatte mieten können
    Wettergrube war schon zur Zeit der

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