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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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ersten Siedler das Zentrum der Holzkohleproduktion Estadors gewesen. In den uralten Wäldern der Tiefebene wurde hier das begehrte Brennmaterial hergestellt, das in den Feuerstellen ganz Estadors zu rauchfreier Glut wurde. Entzückt stellte Aganez fest, dass aus dem Dutzend Häuser, die er gekannt hatte, mittlerweile eine richtige Stadt geworden war. Überall in der näheren und weiteren Umgebung der Stadt waren die Äxte der Holzfäller zu hören, und der Geruch langsam verkohlenden Holzes lag über dem Land wie eine dichte Decke.
    Wettergrube war eine geschäftige Stadt. Täglich wurden Dutzende hoch beladener Karren durch die Straßen der Stadt gezogen, und die Schreie der Antreiber vermischten sich mit dem Knarren der schweren Räder zu einer nichtendenwollenden Melodie des Fleißes und der Geschäftigkeit.
    Zunächst war Aganez erstaunt gewesen, dass in Wettergrube offenbar ein großes Sklavenheer die Arbeit verrichtete, während die estadorianischen Waldbesitzer und Kaufleute sich von jeder anstrengenden Tätigkeit nach Möglichkeit fernhielten. Aganez stand der Sklaverei grundsätzlich kritisch gegenüber. Er hatte in seiner Jugend Länder gesehen, in denen die Einheimischen nicht mehr einen einzigen nützlichen Handschlag zu tun bereit waren, und die gesamte Produktion aller Handelsgüter von Leibeigenen vorgenommen wurde. Die Folge war gewesen, dass bei den Herren nicht nur der Wille, sondern nach und nach auch die Fähigkeit zu produktiver Arbeit erlosch.
    Aganez verachtete Sklavenhalter, und es machte ihn böse, dass den Estadorianern - seinen Estadorianern - nichts besseres eingefallen war, als der eigenen Faulheit zuliebe Menschen zu unterdrücken. Dann aber erfuhr er auf seinen Streifzügen durch die sommerliche Stadt, dass hinter der Sklavenhaltung ein tieferer Sinn steckte. Die Leibeigenen kamen aus aller Herren Länder und waren von den Mannschaften der Fliegenden Schiffe als Spione erkannt und eingefangen worden, um die Geheimnisse der Schiffsbauer zu wahren. - Da konnte Aganez den Einheimischen schon eher verzeihen, hieß das doch, dass Thedra dank seiner Fliegenden Schiffe stark genug war, in jeder beliebigen Hafenstadt Gefangene zu machen.
    Da wandelte sich der Geist des alten Magiers, denn schließlich war beides sein Werk. Sowohl die Gründung Thedras, als auch die Entwicklung der Fliegenden Schiffe waren einzig auf seine Initiative und auf seinen Kampfgeist zurückzuführen, und es machte ihn stolz, wie prächtig sich beides entwickelt hatte. Da war es zwar bedauerlich, dass in jedem Jahr etliche Menschen ihre Freiheit verloren, aber die Tatsache, dass das Geheimnis der Fliegenden Schiffe in all den Jahrhunderten hatte gehütet werden können, gab den Sklavenhaltern Recht. War Aganez auch immer noch nicht glücklich mit den Sitten die hier in der Stadt herrschten, so sah er doch die Notwendigkeit ein, die Spione in den Hafenstädten gefangenzunehmen. - Und war es nicht menschlicher, sie hier ihre Neugier büßen zu lassen, als sie an Ort und Stelle zu töten?
    Mit den ersten Händlern war aus dem Hinterland Thedras im Frühsommer die Nachricht vom Fall der Hauptstadt gekommen. Allgemein fand man diese Tatsache in Wettergrube sehr bedauerlich, war aber nicht bereit, etwas zur Befreiung Thedras zu unternehmen. Noch liefen die Geschäfte mit Holzkohle ohne Störungen ab, und auch die Versorgung Wettergrubes war nicht gefährdet. Das Schlimmste, was passieren konnte, war, dass durch die Sperrung des Hafens von Thedra nach und nach einige Luxusgüter wie Wein und Gewürze knapp wurden. - Aber noch war es nicht so weit und man wollte erst einmal abwarten, wie lange die neue Regierung sich an der Macht halten konnte; denn dass die Lage in Thedra alles andere als stabil war, galt als offenes Geheimnis. Allgemein ging die Meinung dahin, dass nach kurzer Zeit die Handelswege wieder offen sein würden.
    Eine kleine Gruppe in Wettergrube sah die Situation allerdings vollständig anders. Es waren dies die Menschen, die aus Thedra stammten und Verwandte und Freunde dort hatten. Bis zum Hochsommer trafen immer neue Meldungen aus der Hauptstadt ein. Von den Dramilen ausgeschickte Händler kamen, um den Bedarf Thedras an Brennstoff einzukaufen. Das freute die Einheimischen zwar ungemein, kam doch wieder Geld in die Kassen, aber gleichzeitig wurde es allen klar, dass das Leben in Thedra zur Zeit alles andere als angenehm war.
    So hatte sich um Keldan, einen aus Thedra stammenden Gewürzhändler, eine kleine

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